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Gladius Dei

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"München leuchtete" - Odeonsplatz mit Theatinerkirche - Schauplatz der Erzählung
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"München leuchtete" - Odeonsplatz mit Theatinerkirche - Schauplatz der Erzählung

Gladius Dei ist eine Novelle von Thomas Mann aus dem Jahre 1902.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Inhalt

Sie spielt an einem strahlenden Junitag im München der späten Jugendstilzeit, als die Stadt zu den führenden Kunstmetropolen der Welt zählte. Der Himmel ist „von blauer Seide“, „die Kunst blüht, […] ist an der Herrschaft, […] streckt ihr rosenumwundenes Zepter über die Stadt hin und lächelt“, kurz: „München leuchtete“.

Während alle Welt die Atmosphäre genießt, schreitet der Jüngling Hieronymus, finsteren Blicks, mit hageren Wangen, das Gesicht unter einer Kapuze verhüllt durch die Schellingstraße. Nach einem kurzen Gebet in der Ludwigskirche entdeckt er in der Nähe des Odeonsplatzes in einem Schaufenster der Kunsthandlung Blüthenzweig die Reproduktion eines Gemäldes, das eine Madonna mit Kind in einer seiner Ansicht nach allzu frivolen und freizügigen Manier zeigt. Von zwei Passanten erfährt er, dass das Original von der Pinakothek angekauft worden sei, der Künstler höchste Wertschätzung genieße und sogar zwei Mal beim Regenten gespeist habe. „Ein Weib zum Rasendwerden“, das die beiden am Dogma der Unbefleckten Empfängnis irre werden lasse.

Nach drei Tagen schließlich glaubt Hieronymus „einen Befehl und Ruf aus der Höhe“ erhalten zu haben, „seine Stimme zu erheben gegen leichtherzige Ruchlosigkeit und frechen Schönheitsdünkel“. Mit den Worten „Gott will es!“ tritt er daher in besagte Kunsthandlung, wo er zunächst unter all den versnobten Kunden gar nicht beachtet wird. Herr Blüthenzweig indes weist seinen Appell, das Bild zu entfernen, schroff zurück und wendet sich ab. Hieronymus hält daraufhin eine flammende Rede gegen die „ruchlose Unwissenheit“ und „verworfene Heuchelei“ derartiger Werke, gegen den „schamlosen Götzendienst“ der Kunst und verlangt schließlich von Blüthenzweig, das Gemälde „mit einem heißen Feuer zu verbrennen und seine Asche in alle Winde zu streuen“.

Der Kunsthändler lässt Hieronymus daraufhin vom Packer Krauthuber, einer „schwer pustenden Riesengestalt, genährt mit Malz, ein Sohn des Volkes von fürchterlicher Rüstigkeit“ aus dem Laden werfen. In der schwefelgelben Wolkenwand über der Theatinerstraße glaubt Hieronymus ein „breites Feuerschwert“ zu erkennen, woraufhin er mit den Worten „Gladius Dei super terram […] cito et velociter“ entschreitet.

[Bearbeiten] Interpretation

[Bearbeiten] Hieronymus

Girolamo Savonarola (1452-1498)
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Girolamo Savonarola (1452-1498)

Hieronymus trägt erkennbar Züge des italienischen Bußpredigers Girolamo Savonarola. So teilt er mit dem Dominikanermönch nicht nur den Vornamen und die äußere Erscheinung, sondern insbesondere dessen energisches Auftreten gegen die „Verworfenheit“ der Welt. Auch sonst ist in der Figur ein religiöser Fanatismus präsent, der an die dunkelsten Perioden des Mittelalters erinnert: So betritt er die Kunsthandlung mit den sendungsbewussten Worten „Gott will es!“ – der Übersetzung des „Deus lo vult“, des spätlateinischen Wahlspruchs, mit dem Papst Urban II. 1095 zum ersten Kreuzzug gegen die Ungläubigen aufgerufen hatte. Auch der Appell an Blüthenzweig das Gemälde zu „verbrennen“ gemahnt an die Inquisitoren und Scheiterhaufen des Zeitalters. Die Beschwörung des „Gladius Dei“, des Schwertes Gottes, am Ende der Novelle schließlich kündet von Apokalypse und Weltgericht, von der Scheidung der Sünder von den Gerechten. Es ist gewiss kein Zufall, dass sich in der von Hieronymus besuchten Münchner Ludwigskirche ein Fresko mit eben dieser Thematik befindet.

[Bearbeiten] Blüthenzweig

Der Kunsthändler Blüthenzweig stellt indes in jeder Hinsicht Hieronymus’ Antagonisten dar. Die Kunstgegenstände in seinem Laden verkörpern statt des Mittelalters die Florentiner Renaissance. Hieronymus' glühendem Fanatismus setzt Blüthenzweig extreme religiöse wie kulturelle Indifferenz entgegen. Seinem Verweis auf das eigene Gewissen begegnet er mit der kühlen Replik, dass dieses „für uns eine gänzlich belanglose Einrichtung“ sei. Aber auch die Kunst selbst hat sich in Blüthenzweigs Weltbild den Interessen des Handels unterzuordnen. Kunstwerke werden ausschließlich nach ihrem Marktwert taxiert und der Kundschaft in den immer gleichen platten Phrasen „lieblich“, „voller Reiz“, „die Grazie selbst“, „äußerst hübsch, niedlich und bewunderungswürdig“ angepriesen. Aber auch die Käufer selbst werden „berochen“, nach finanzieller Leistungsfähigkeit kategorisiert und entsprechend behandelt. Respekt wird allenfalls der „Macht“, also staatlicher Autorität, gezollt, nicht aber der Überzeugung und dem Gewissen eines einzelnen. Thomas Mann zeichnet hier idealtypisch das klischeehafte Negativ-Stereotyp des „jüdischen Händlers“, was ihm von mancher Seite den Vorwurf des Antisemitismus eingebracht hat.

[Bearbeiten] Schwert-Symbolik

Der Titel „Gladius Dei“ bedeutet „Schwert Gottes“ und das Schwert ist in der Erzählung ständig präsent. Bereits ganz zu Beginn taucht es auf bei den „jungen Leuten, die das Nothung-Motiv pfeifen“. Nothung heißt Wotans Schwert in Richard WagnersRing des Nibelungen“, das die Götterdämmerung ankündigt – und damit ebenfalls ein Weltgericht. Aber auch Hieronymus selbst versteht sich als Schwert, als ein Instrument Gottes zur Durchsetzung seines Willens; „Befehl und Ruf aus der Höhe“ erging an Hieronymus. Vor allem aber taucht das Schwert-Motiv natürlich im grandiosen Finale auf, als das „Gladius Dei“ wie ein apokalyptisches Feuerzeichen über der „ruchlosen“ Stadt steht.

[Bearbeiten] Kunststadt München

Schließlich kann man im Gladius Dei auch eine heiter-ironische Auseinandersetzung Thomas Manns mit seinem langjährigem Wohnort sehen, der bayerischen Landeshauptstadt München, die Ende des 19. Jahrhunderts nicht nur zur zweiten Metropole des Reiches aufgestiegen war, sondern auch zur führenden Kunststadt in Deutschland. Während Mann einerseits die lebensfroh-südländische Atmosphäre schon als Gegenpol zu seiner protestantisch-nüchternen Heimatstadt Lübeck schätzte, hatte er andererseits gleichwohl Vorbehalte: Zum einen schien ihm die Kunstsinnigkeit Münchens bisweilen etwas „unecht“ und „aufgesetzt“. Nicht umsonst ist Kunst in der Novelle großteils als „Reproduktion“ gegenwärtig, und auch als solche wird sie zur bloßen Handelsware geschäftstüchtiger Händler wie Blüthenzweig. Auch blieb dem Autor nicht verborgen, dass weite Kreise der Bevölkerung von der Kunst überhaupt nicht berührt wurden, sondern vielmehr weiterhin dumpf und bieder vor sich hinlebten. Dieses München wird in der Novelle vom stämmigen Packer Krauthuber vertreten, dem malzgenährten „Sohn des Volkes“.

[Bearbeiten] Literatur

  • Thomas Mann, Der Wille zum Glück und andere Erzählungen, Frankfurt 1991, S. 192ff., ISBN 3596294398

[Bearbeiten] Weblinks

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