Charisma
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Der Ausdruck Charisma (v. griech.: chárisma Gnadengabe, aus Wohlwollen gespendete Gabe) findet sich ursprünglich vor allem in der jüdisch-christlichen Tradition (Philo, Septuaginta, Neues Testament) und bezeichnet allgemein die von Gott dem Menschen geschenkten Güter, wobei das Wort das Wohlwollen als Motivation der Gabe betont. Der Ausdruck wird dann vor allem bei Paulus für die nichtmateriellen Güter verwendet.
In der Religionswissenschaft wird der Begriff einerseits für die Begabung oder Befähigung zum Empfang von Offenbarungen, Inspirationen oder Erleuchtungen verwendet, anderseits - verbunden mit religiöser Devianz und Innovation - für die Schaffung einer eigenen von einer bestimmten Gruppe anerkannten numinosen Autorität.
Alltagssprachlich versteht man heute (bis in die Sprache der Werbung hinein) unter "Charisma" die besondere Ausstrahlungskraft eines Menschen (unterscheidbar von der körperlichen Attraktivität).
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[Bearbeiten] Als religiöser Begriff
Im Neuen Testament und älteren Christentum bezeichnet Charisma die Gaben des Heiligen Geistes an die Christen. Dazu zählen Weisheit, Erkenntnis, Glaube, Prophetie, Krankenheilungen, Wundertaten, Geisterunterscheidung, Zungenrede und Auslegung der Zungenrede. Unter besonderer Betonung einiger dieser Charismen (auch: Charísmata) entstanden in der Neuzeit geistliche Aufbruchsbewegungen, wie die charismatische Bewegung, oder die Pfingstbewegung.
Manche charismatischen Phänomene wie z.B. der Toronto-Segen haben eine gewisse Ähnlichkeit mit im Osten überlieferten, wie sie beispielsweise bei der Kundalini-Meditation eintreten sollen.
[Bearbeiten] Als sozialwissenschaftlicher Begriff
In der Soziologie nutzte Max Weber den Begriff "Charisma", um eine der von ihm unterschiedenen drei Formen der Herrschaft zu bezeichnen (neben "traditionaler" und "rationaler" Herrschaft) (siehe auch: Noah-Effekt).
In der Wirtschaftspsychologie findet sich ein Ansatz, der Charismaaffinität und die Wahrnehmung von Charisma in die Nähe des Narzissmus' stellt. Wichtig dabei ist, wie sich "Stigma" und "Charisma" zueinander stellen (siehe auch: Wolfgang Lipp), und die Möglichkeit der sozialen Reversion bzw. Dramatisierung prototypischer Attribute. Dieses Wechselspiel lässt sich sozial-kognitiv und psychodynamisch-interaktiv erklären.
Laut Richard Wiseman verfügt eine charismatische Person über drei Eigenschaften:
- Emotionen werden von ihr sehr stark empfunden
- Sie ist in der Lage, auch andere Menschen derart starke Gefühle erleben zu lassen
- Sie ist resistent gegenüber Einflüssen anderer charismatischer Menschen.[1]
[Bearbeiten] Fußnoten
[Bearbeiten] Literatur
- Carl Heinz Ratschow, Ludwig Schmidt, Nico Oswald, John H. Schütz, Rudolf Landau: Art. Charisma/Charismen I. Zum Begriff in der Religionswissenschaft II. Altes Testament III. Judentum IV. Neues Testament V. Praktisch-theologisch. In: Theologische Realenzyklopädie 7 (1981), S. 681-698 (Überblick für relig. Verständnis)
- Kurt E. Becker: "Der römische Cäsar mit Christi Seele". Max Webers Charisma-Begriff. Frankfurt et al. 1988
- Kurt E. Becker: Charisma. Der Weg aus der Krise. Lübbe, Bergisch Gladbach, 1996
- Michael Günther: Masse und Charisma. Soziale Ursachen des politischen und religiösen Fanatismus. Peter Lang, Frankfurt a.M. u.a. 2005 ISBN 3-631-53536-8
- Bernhard Schäfers, Justin Stagl (Hrsg.): Kultur und Religion, Institutionen und Charisma im Zivilisationsprozess. Festschrift für Wolfgang Lipp. Hartung-Gorre, Konstanz 2005
- Steyrer (1995): Charisma in Organisationen
[Bearbeiten] Weblinks
Wiktionary: Charisma – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |