Abwesenheit
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Als Abwesenheit (Absentia) bezeichnet man das Fehlen eines Subjekts oder Objekts an einem bestimmten Ort. Das Gegenteil von Abwesenheit beschreibt der Begriff Anwesenheit.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Abwesenheit im juristischen Sinn
Im juristischen Sinn ist derjenige abwesend, welcher sich nicht an dem Ort befindet, wo ein rechtliches Interesse seine Tätigkeit erfordert, und daher nicht für dasselbe wirken kann, z. B. eine Person, die auf ergangene Vorladung nicht zur festgesetzten Zeit an Gerichtsstelle erscheint. Der so Abwesende muss die Rechtsnachteile, welche sich aus der Nichtwahrnehmung seiner Interessen durch die Abwesenheit ergeben, über sich ergehen lassen. Dies kann unbillig erscheinen, wenn die Abwesenheit eine unverschuldete war. Deshalb gewährt in solchem Fall das Recht "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand".
Um Verlusten infolge der Abwesenheit vorzubeugen, kann einem Abwesenden für seine Vermögensangelegenheiten, soweit dies erforderlich ist und er nicht selbst für eine hinlängliche Verwaltung gesorgt hat, ein Abwesenheitspfleger nach § 1911 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bestellt werden. Dieser hat für die Bewachung und Erhaltung des Vermögens Sorge zu tragen und dabei für jeden verschuldeten Schaden einzustehen. Die Abwesenheitspflege wird aufgehoben, wenn der Abwesende zurückkehrt oder zur Verwaltung seines Vermögens Auftrag gibt, wenn sein Tod bewiesen oder er für tot erklärt wird (siehe Verschollenheit).
Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wird eine empfangsbedürftige Willenserklärung immer erst mit ihrem Zugang wirksam. Von einem Zugang kann aber ausgegangen werden, wenn eine Zustellung in den Wirkungsbereich einer Person (also beispielsweise deren Briefkasten) erfolgt ist. Somit beinhaltet eine Abwesenheit keine Befreiung von den in Willenserklärungen, Zahlungsaufforderungen oder Mahnungen angegebenen Fristen. Der Absender eines Vertragsangebots hingegen ist - sofern er keine individuelle Frist gesetzt hat - nur bis zu dem Zeitpunkt an seine Willenserklärung gebunden, bis zu dem er unter regelmäßigen Umständen eine Antwort erwarten muss (also bis die angenommene Zeit der Zustellung, der Angebotsabwägung und Antwort sowie die Zeit der Rückzustellung verstrichen ist).
Im Zivilprozess ist nach §§ 330 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) ein Urteil gegen einen Abwesenden möglich (Versäumisurteil). Auch im Strafprozess kann unter besonderen Voraussetzungen ausnahmsweise in Abwesenheit des Angeklagten verhandelt werden. Gegenüber Zeugen kann im Fall der Abwesenheit auf ergangene richterliche Ladung ein Ordnungsgeld oder Ordnungshaft verhängt werden. Ferner können ihnen die Kosten des Ausbleibens auferlegt werden. Möglich ist bei wiederholtem Ausbleiben auch eine zwangsweise Vorführung.
Ein Beispiel für ein Urteil in Abwesenheit stellt der Fall Anton Malloth dar, der 1947 wegen Kriegsverbrechen im Lager Terezin von einem tschechischen Gericht in Abwesenheit zum Tode verurteilt wurde; die Durchsetzung derartiger Urteile hängt jedoch auch von anderen Faktoren ab; der ehemalige SS-Mann Malloth hatte seit 1988 wieder einen offiziellen Wohnsitz in Deutschland, wo er in einem Altenheim lebte und Sozialhilfe bezog.
[Bearbeiten] Geschichte der Abwesenheit im Staatsrecht
In staatsrechtlicher Beziehung ist zu bemerken, dass nach den Gesetzen verschiedener Länder durch die bloße während einer bestimmten Zeit fortgesetzte Abwesenheit von dem Heimatstaat das Untertanenrecht in diesem verlorengeht. In Deutschland galt dies früher nur in einzelnen Staaten, wie in Preußen, Sachsen, Mecklenburg, Oldenburg, während in anderen noch die förmliche Entlassung aus dem Untertanenverband, wie in Schleswig-Holstein, Kurhessen, Braunschweig, oder doch die dauernde Niederlassung außerhalb des Staatsgebiets, so dass daraus auf den Willen, nicht zurückzukehren (animus non revertendi), geschlossen werden konnte, hinzukommen musste, wie in Hannover, Sachsen, Sachsen-Coburg und Gotha, Hessen-Homburg.
Durch das deutsche Reichsgesetz, betreffend die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit, vom 1. Juni 1870 (Gesetz über den Erwerb und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit, [1]) wurde festgelegt, dass die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaat und damit die Bundesangehörigkeit einfach durch zehnjährige Abwesenheit vom Heimatstaat und Aufenthalt im Ausland, d. h. außerhalb des Bundesgebiets, verloren geht (Legitimationsloser Aufenthalt im Ausland), was jedoch dadurch zu vermeiden ist, dass man sich in die Matrikel eines Bundeskonsulats eintragen lässt. Einige Änderungen und Streichungen ergaben sich aus dem Bundesgesetz vom 21. Juli 1870 (BGBl. S. 498), dem Reichsgesetze vom 22. April 1871 (RGBl. S. 87), dem Reichsgesetz vom 20. Dezember 1875 (RGBl. S. 324) sowie dem Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18. August 1896 (RGBl. S. 604).
Diese Regelung behielt Gültigkeit bis zum Inkrafttreten des Staatsangehörigkeitsgesetzes (Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz, StAG bzw. RuStAG) am 23. Juli 1913 ((RGBl. S. 583 - BGBl. III S. 102 [2], zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Juli 1999, BGBl. I S. 1618) sowie für Fälle, bei denen die Staatsangehörigkeit von einem Vorfahren abgeleitet wird, der bereits vor 1913 ausgewandert ist; im letzteren Fall reicht ein positiver Auszug aus der Konsularmatrikel als Nachweis aus, dass die deutsche Staatsangehörigkeit zumindest nicht nach dieser Vorschrift verloren ging. Bemerkenswert am RuStAG ist auch, dass der Begriff "Staatsangehörigkeit" hier nicht präzise definiert wird.
Einen Einschnitt bildet die nationalsozialistische "Verordnung über die deutsche Staatsangehörigkeit" vom 5. Februar 1934, in welcher die Staatsangehörigkeiten in den Ländern abgeschafft werden; diese Verordnung behielt Gültigkeit bis 1945, Länderstaatsangehörigkeiten wurden danach jedoch praktisch nicht wieder eingeführt.
Ein bekanntes Beispiel für die Aberkennung der Staatsangehörigkeit in Abwesenheit (jedoch nicht aufgrund dieser, sondern wegen angeblichen Engagements gegen die DDR und den Sozialismus) stellt der Fall Wolf Biermann, der im November 1976 aus der damaligen DDR ausgebürgert wurde; ein aktueller Fall der Ausbürgung ist der Streit um die Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft des Schriftsteller Peter-Paul Zahl im Jahr 2002 unter Berufung auf das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG), das aus der Wilhelminischen Ära stammt.
[Bearbeiten] Abwesenheit bei Instant Messengern
Abwesenheit bezeichnet bei Instant Messengern einen meist vom Benutzer frei wählbaren Status in dem die anderen Benutzer über die Buddy-Liste oder über eine automatische Antwort mitgeteilt bekommen, dass die angeschriebene Person gerade nicht anwesend ist, also z.B. nicht am Rechner sitzt. Alternativbezeichnungen: N/A (not available = nicht erreichbar), away (= weg), AFK (away from keyboard = nicht an der Tastatur)
[Bearbeiten] Siehe auch
- Richtlinie des Rates vom 17. Dezember 1974 über das Recht der Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, nach Beendigung der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats zu verbleiben (75/34/EWG) - Verbleiberecht auch nach Beendigung der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit
[Bearbeiten] Literatur
- Jürgen Habermas: Staatsbürgerschaft und nationale Identität. In: ders.: Faktizität und Geltung. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1992
- Heinz Kleger: Transnationale Staatsbürgerschaft oder: Lässt sich Staatsbürgerschaft entnationalisieren? (1994) 62. In: Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie 85
- W. Oppe: Das Abwesenheitsverfahren in der Strafprozeßreform, ZRP 1972, 56 ff.
- Gerhard Riege: Staatsbürgerschaft und nationale Frage: Staat und Recht. 1964
- Paul-Ludwig Weinacht: Staatsbürger: Zur Geschichte und Kritik eines politischen Begriffs (1969) 8 Der Staat 41
[Bearbeiten] Weblinks
- Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)
- Staatsangehörigkeitsrecht: Das wichtigste rechtliche Band der Deutschen (von Hannes Kaschkat)
- “...dass die Blutsünde die Erbsünde eines Volkes ist.” Die Reichstags-“Debatte” zum Reichs- und Staatsbürgerschaftsrecht am 15. September 1935 (von Sebastian Edathy in "Archiv der Berliner Republik")
- Schutzgebietsgesetz (Deutsches Kolonial-Lexikon (1920), Band III, S. 317 f.)
Bitte beachten Sie den Hinweis zu Rechtsthemen! |