Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen
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Der Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen ist das Verfassungsgericht des Landes Bremen (Art 140 Abs. 1 Bremische Landesverfassung (BremLV). Er ist - wie Bürgerschaft (das Landesparlament) und Senat - Verfassungsorgan der Freien Hansestadt Bremen und ein gegenüber den anderen Verfassungsorganen selbständiger und unabhängiger Gerichtshof (§ 1 Staatsgerichtshofsgesetz -StGHG-).
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Gerichtssitz – und Gerichtsbezirk
Der Gerichtsbezirk umfasst das gesamte Bundesland Bremen.
Der Staatsgerichtshof hat seine Geschäftsstelle im Fachgerichtszentrum Bremens, die Anschrift lautet: Am Wall 201, 28195 Bremen. Geschäftsstelle des Staatsgerichtshofs ist die Geschäftsstelle des Oberverwaltungsgerichts (§ 7 Abs. 2 StGHG).
[Bearbeiten] Zuständigkeit des Staatsgerichtshofes
Der Staatsgerichtshof soll den Vorrang der bremischen Verfassung (Art. 66 Abs. 2 und 20 Abs. 2 BremLV) wahren. Das Handeln der politisch Tätigen einschließlich der demokratisch gewählten Bremer Bürgerschaft soll am verbindlichen Rechtsmaßstab der Landesverfassung gemessen werden.
Als Landesverfassungsgericht hat der Staatsgerichtshof zu prüfen, ob Akte des Landes gegen die Landesverfassung verstoßen. Die Prüfung, ob Akte des Bundes und der Länder gegen das Grundgesetz (die Bundesverfassung) verstoßen, obliegt dem Bundesverfassungsgericht.
[Bearbeiten] Einzelne Kompetenzen des Staatsgerichtshofes
Wichtig für die Ausübung der Tätigkeit des Staatsgerichtshofes sind die folgenden Kompetenzen:
[Bearbeiten] Abstrakte Normenkontrolle
In diesem Verfahren werden Rechtsnormen (Gesetze, Rechtsverordnungen, Satzungen) und Normentwürfe (sog. präventive Normenkontrolle) auf ihre Vereinbarkeit mit der Landesverfassung überprüft. Antragsberechtigt zur Durchführung der abstrakten Normenkontrolle sind der Senat der Freien Hansestadt Bremen, die Bürgerschaft oder ein Fünftel der gesetzlichen Mitgliederzahl der Bürgerschaft oder eine öffentlich-rechtliche Körperschaft des Landes Bremen.
[Bearbeiten] Organstreit
In diesem Verfahren geht es um die Abgrenzung der Zuständigkeits- und Kompetenzbereiche von Verfassungsorganen der Freien Hansestadt Bremen, insbesondere um verfassungsrechtliche Streitigkeiten zwischen Bürgerschaft und Senat. Antragsberechtigt sind Verfassungsorgane oder Teile von ihnen, soweit sie durch die Bremische Landesverfassung oder die Geschäftsordnung der Bürgerschaft mit eigenen Rechten ausgestattet sind.
[Bearbeiten] Interpretationsverfahren
In diesem Verfahren soll der Inhalt des bremischen Verfassungsrechts verbindlich festgestellt werden. Dies kann auch ohne eine abstrakte Normenkontrolle oder das Organstreitverfahren geschehen. Antragsberechtigt für das Interpretationsverfahren sind der Senat der Freien Hansestadt Bremen, die Bürgerschaft (bzw. ein Fünftel der gesetzlichen Mitglieder der Bürgerschaft) oder eine öffentlich-rechtliche Körperschaft des Landes Bremen.
[Bearbeiten] Konkrete Normenkontrolle
Kommt ein Gericht des Landes Bremen bei der Anwendung eines Landesgesetzes auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, zu der Überzeugung, daß das Gesetz mit der Landesverfassung nicht vereinbar ist, so hat es sein Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Staatsgerichtshofs herbeizuführen.
[Bearbeiten] Wahlprüfungsverfahren
In Wahlprüfungsverfahren ist der Staatsgerichtshof seit 1996 Beschwerdegericht.
[Bearbeiten] Verfahren über die Zulassung von Volksbegehren und Bürgeranträgen
Hält der Senat die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung eines Volksbegehrens nicht für gegeben, hat er eine Entscheidung des Staatsgerichtshofs herbeizuführen. Der Staatsgerichtshof hat dann festzustellen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Volksbegehren vorliegen (§ 31 StGHG).
Nach § 4 des Gesetzes über das Verfahren beim Bürgerantrag kann gegen die Zurückweisung eines Bürgerantrags eine Entscheidung des Staatsgerichtshofs beantragt werden (vgl. § 32 StGHG).
[Bearbeiten] Keine Verfassungsbeschwerde
Eine individuelle Grundrechtsklage (Verfassungsbeschwerde), die von jedermann erhoben werden kann, kennt die Verfassung der Freien Hansestadt Bremen nicht.
[Bearbeiten] Besetzung des Staatsgerichtshofes
Der Staatsgerichtshof ist mit sieben Richtern besetzt - dem Präsidenten des Oberverwaltungsgerichtes Bremen als gesetzlichem Mitglied und sechs von der Bürgerschaft für die Dauer der Wahlperiode gewählten Mitgliedern des Staatsgerichtshofs. Zwei der gewählten Mitglieder müssen Berufsrichter des Landes Bremen sein. Eine Wiederwahl der Mitglieder ist zulässig.
Für jedes der gewählten sechs Mitglieder müssen zwei Stellvertreter gewählt werden. Der Präsident des Oberverwaltungsgerichts wird von dem Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts und einem gewählten Berufsrichter vertreten.
Der Präsident des Staatsgerichtshofs und sein Stellvertreter werden von den Mitgliedern des Staatsgerichtshofs aus ihrer Mitte für die Dauer der Wahlperiode gewählt.
Die Mitgliedschaft im Staatsgerichtshof ist ein Ehrenamt.
Die derzeitigen und ehemaligen Mitglieder können auf der Homepage des Staatsgerichtshofes nachgeschlagen werden.
[Bearbeiten] Entscheidungen des Staatsgerichtshofes
Die Entscheidungsformel der Entscheidungen des Staatsgerichtshofes ist im Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen zu veröffentlichen. Trifft der Staatsgerichtshof im Wege der Normenkontrolle eine Entscheidung über die Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit einer Norm mit der Landesverfassung, so hat seine Entscheidung Gesetzeskraft (vgl. § 11 StGHG).
Die Entscheidungen des Staatsgerichtshofes können ab dem Entscheidungsdatum 1991 auf der Homepage des Staatsgerichtshofes im Wortlaut eingesehen werden. Davor gefallene Entscheidungen sind auf dieser Homepage nur in Auszügen vorhanden.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
Rinken, Alfred, Staatsgerichtshof, in: Kröning, Volker / Pottschmidt, Günter / Preuß, Ulrich K. / Rinken, Alfred (Hrsg.), Handbuch der Bremischen Verfassung. Baden-Baden 1991, S. 484-546, ISBN 3789023108