Preußischer Landtag
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Der Begriff Preußischer Landtag steht umgangssprachlich für das seit 1993 als Sitz des Abgeordnetenhauses von Berlin genutzte Gebäude, das zwischen 1892 und 1898 von dem Architekten Friedrich Schulze im Stil der italienischen Hochrenaissance für das als Zweite Kammer, als Volkshaus des preußischen Landtages dienende Preußische Abgeordnetenhaus errichtet wurde und von 1899 bis 1918 Sitz dieser Kammer war. Historisch bezeichnet der Begriff „Preußischer Landtag“ eigentlich das aus Preußischem Herrenhaus und Preußischem Abgeordnetenhaus gebildete Preußische Gesamtparlament sowie den Gebäudekomplex, der sich zwischen Leipziger Straße und Prinz-Albrecht-Straße (heute: Niederkirchnerstraße) erstreckt und beiden Kammern sowie dem Preußischen Staatsministerium Sitzungssäle und Arbeitsräume bot. Vermutlich hat sich der Begriff für das Gebäude eingebürgert, als die nun „Preußischer Landtag“ genannte Erste Kammer des preußischen Parlaments in der Zeit der Weimarer Republik das Gebäude nutzte. Die Zweite Kammer des Parlaments hieß von nun an „Preußischer Staatsrat“.
Das Abgeordnetenhaus wurde am 16. Januar 1899 mit einer feierlichen Parlamentssitzung eröffnet. Das Gebäude wurde von der Fachpresse überaus gelobt, galt es doch sogar als das gelungenere Parlamentsgebäude gegenüber dem Reichstagsgebäude. Dies zeigte sich darin, dass in seiner heutigen Nutzung viele Räume die unveränderte Funktion haben, also wenig Umbauten notwendig waren. Der Baustil der italienischen Hochrenaissance war, wie in Ansätzen auch beim Reichstag, bewusst als „Bürgerstil“ gewählt worden.
Innen war das Gebäude vornehm, aber im Vergleich zum Beispiel zum Reichstagsgebäude eher dezent prachtvoll ausgestattet. Den Plenarsaal schmückten zwei Statuen - die Allegorien des Rechts und des Gesetzes - sowie mehrere große Wandbilder, die Ansichten der wichtigsten preußischen Städte zeigten, zur Front hin die Schlösser von Berlin und Königsberg i. Pr. und Magdeburg mit seinem Dom, an der Westseite die Ansichten von Köln, Frankfurt am Main und Münster (Westfalen) jeweils mit ihren Hauptkirchen, an der Ostseite Kiel, Stettin und Danzig mit ihren Häfen sowie an der Südseite Posen, Breslau und Hannover mit ihren Rathäusern.
1918 tagte die Reichsversammlung der Arbeiter- und Soldatenräte Deutschlands im Plenarsaal. Sie beschloss dort, allgemeine und freie Wahlen zur Weimarer Nationalversammlung auszuschreiben. Über den Jahreswechsel 1918/19 wurde im Festsaal über dem Eingang die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) gegründet.
Während der Weimarer Republik war das Preußische Abgeordnetenhaus Sitz des nun nach modernen demokratischen Prinzipien gewählten Parlaments, das den Namen „Preußischer Landtag“ erhielt. Die parlamentarische Mehrheit lag bei der Weimarer Koalition aus SPD, Zentrum und DDP. Am 30. Januar 1934 wurde der durch das Ermächtigungsgesetz funktionslos gewordene Landtag von den Nationalsozialisten aufgelöst. Das Gebäude wurde zeitweise vom Volksgerichtshof genutzt, wurde dann zunächst zum Preußenhaus, später zum Haus der Flieger als Teil des Reichsluftfahrtministerium umgestaltet.
Das Haus wurde im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt. Es wurde von der DDR teilweise wiederaufgebaut und beherbergte von 1946 bis 1949 die Deutsche Wirtschaftskommission, von 1949 bis 1953 den Ministerrat der DDR unter Otto Grotewohl und ab 1961 die Staatliche Plankommission als Teil des „Haus der Ministerien II“, zudem bestanden hier Horcheinrichtungen des Ministeriums für Staatssicherheit.
Das Abgeordnetenhaus von Berlin entschied im Oktober 1990, vom Rathaus Schöneberg in das historische Gebäude umzuziehen. Nach aufwändiger Modernisierung und Renovierung wurde das nun offiziell „Preußischer Landtag“ genannte Preußische Abgeordnetenhaus am 29. April 1993 vom Berliner Landesparlament in Betrieb genommen.
[Bearbeiten] Literatur
Hans Wilderotter: Das Haus der Abgeordneten: Ein Denkmal preußischer und deutscher Geschichte in der Mitte Berlins. Philo Fine Arts, Dresden 2001, ISBN 3-364-00378-5
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Preußischer Landtag – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
Koordinaten: 52° 30' 29" N, 13° 22' 55" O