Erich Salomon
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Erich Salomon (* 28. April 1886 in Berlin; † 7. Juli 1944 in Auschwitz) war ein deutscher Bildjournalist - diese Berufsbezeichnung hatte er erfunden. Nach Herkunft und Arbeitsweise war er eine Ausnahmeerscheinung unter den Pressefotografen seiner Zeit.
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[Bearbeiten] Biografische Daten
Als Sohn eines reichen Bankiers war Salomon in einem großbürgerlichen Berliner Elternhaus aufgewachsen. Er beherrschte mehrere Sprachen und bewegte sich mit selbstverständlicher Sicherheit auf gesellschaftlichem Parkett. Das Jurastudium in München und Berlin schloss er mit der Doktorprüfung ab. Nach dem Ersten Weltkrieg war das Familienvermögen weitgehend verloren. Salomon versuchte sein Glück vier Jahre lang als Börsenmakler, dann als Taxiunternehmer - mit zwei Autos und einem Motorrad mit Beiwagen, das er selber fuhr. Dafür warb er in der "Vossischen Zeitung": "Dr. der Jurisprudenz gibt Ihnen während der Beförderung Instruktionen über die Regierungsmaßnahmen zur Währungsumstellung von der Deutschen Mark zur Rentenmark". Diese Anzeige soll ihm zum Einstieg beim Ullstein-Verlag in Berlin verholfen haben; seit 1925 war er dort Mitarbeiter der Werbeabteilung.
Seine erste aktive Bekanntschaft mit der Fotografie machte Salomon 1926, also mit vierzig Jahren. 1928 erschien in der "Berliner Illustrierten Zeitung" eine Gerichtsreportage von ihm, die großes Aufsehen erregte. Schon bald löste Salomon die feste Verbindung zu Ullstein, um als unabhängiger Fotoreporter zu arbeiten. Nach kurzer Zeit war er ein Star unter seinen Berufskollegen, seine Bilder erschienen in vielen deutschen und internationalen Blättern; er war einer der ersten, die ihre veröffentlichten Fotos namentlich zeichneten. In fünf Jahren lieferte er etwa 350 Reportagen, meist Aufnahmen von internationalen Konferenzen und aus den gesellschaftlichen Zentren der Weimarer Republik, Westeuropas und der USA.
Erich Salomon war jüdischer Herkunft. Mit Beginn der antisemitischen nationalsozialistischen Gewaltherrschaft sah er sich gezwungen, Deutschland zu verlassen. 1933 ging er ins Exil nach Holland, dem Heimatland seiner Frau und setzte seine Arbeit von dort aus fort, nun mit eingeschränktem Wirkungskreis. 1940 überfielen und besetzten die Nazis das Land. Dennoch kehrte Salomon, der die Gefahr offenbar unterschätzte, gelegentlich an seinen Wohnort Den Haag zurück, wurde denunziert, verhaftet und mit seiner Frau und dem jüngeren Sohn zuerst in das KZ Theresienstadt, dann nach Auschwitz verschleppt. Dort wurden Erich Salomon und seine Familie 1944 ermordet (nach Unterlagen des Roten Kreuzes wahrscheinlich am 7. Juli 1944).
[Bearbeiten] Die Technik
Übliche Arbeitsgeräte der Pressefotografen waren seinerzeit unhandliche Plattenkameras für Glasnegative bis 13 x 18 cm. Salomon kaufte wenige Monate nach seinen ersten fotografischen Erfahrungen eine Ermanox-Kamera. Das war ein neu entwickeltes, relativ kleines, nach damaligen Maßstäben äußerst lichtstarkes Gerät (Objektiv f 1:2, Schlitzverschluss 1/20 - 1/1000 sec). Es erlaubte Momentaufnahmen auch bei schwachem Licht, Fotos in Innenräumen ohne Stativ und Blitzlicht. Verwendet wurden Glasplatten von 4,5 x 6 cm in Einzelkassetten, von denen man problemlos eine größere Anzahl bei sich tragen konnte. 1930 kam eine Leica hinzu - noch leichter und unauffälliger als die Ermanox.
Zudem entwickelte Salomon einiges Zubehör, um seine Kameras notfalls zu verbergen: ein manipuliertes Hörgerät, einen großen, schwarzen Verband für einen scheinbar gebrochenen Arm, ausgehöhlte Bücher und einige Diplomatenköfferchen mit zweckdienlichen Öffnungen. Mit den kleinen Kameras und den dazugehörigen Vorrichtungen konnte Salomon seinen eigenen, typischen Stil der Fotoreportage entwickeln, der ihn weltberühmt machte und die Pressefotografie nachhaltig beeinflusste.
[Bearbeiten] Die Aufnahmen
Erich Salomon fotografierte etwa im Gebäude des Völkerbundes in Genf, bei spektakulären Gerichtsverhandlungen im In- und Ausland (durchaus auch ohne Genehmigung), im Reichstagsgebäude in Berlin und auf eleganten Empfängen in den Metropolen der westlichen Welt. Immer erschien er sehr sorgfältig gekleidet, meist im Frack oder im dunklen Anzug. Seinem familiären Hintergrund, aber auch seiner eigenen Umgänglichkeit verdankte er zahlreiche persönliche Kontakte, die ihm den Zugang zu den interessantesten Schauplätzen erleichterten. Dort wirkte er wie ein Dazugehöriger, wie ein Teilnehmer der Veranstaltungen, von denen er berichtete. Von den Mächtigen und Berühmten wurde er akzeptiert, pflegte zu manchen von ihnen ein beinahe freundschaftliches Verhältnis. Der französische Außenminister Aristide Briand wird zitiert mit den Worten: "Was ist schon eine internationale Konferenz, wenn Salomon nicht dabei ist..."
Seine persönlichen Beziehungen, sein gewandtes Auftreten und die verhältnismäßig diskrete Fototechnik ermöglichten ihm Bilder, die das Private, Menschliche hinter den Fassaden der Ereignisse sichtbar machten. Politiker, Künstler und Gelehrte erschienen nicht in kontrollierter Pose, sondern in entspannter Atmosphäre, geschäftig, gut gelaunt oder übermüdet, je nachdem... Diese Sichtweise war damals revolutionär.
Salomon bemühte sich mit legendärer Beharrlichkeit und meist mit Erfolg, den Prominenten, die er fotografierte, nahe zu sein, auch jenseits der offiziellen Auftritte; aber er war nie wirklich indiskret, nie auf der Jagd nach privaten Skandalen. 1931 wurde sein Bildband "Berühmte Zeitgenossen in unbewachten Augenblicken" veröffentlicht. Darin beschrieb er seinen Berufsalltag als ständigen Kampf: zuerst um Zugang zum Ort des Geschehens, dann gegen schlechte Lichtverhältnisse, zu schnelle Bewegungen und dergleichen, schließlich gegen die Zwänge des Redaktionsschlusses und die Einwände engstirniger Redakteure ("Toscanini? Kenne ich nicht. Ich brauche Bilder vom Fußball").
[Bearbeiten] Der Nachlass
Einen Teil seiner Negative hatte Salomon am Haus eines Freundes vergraben, einen anderen Teil der Bibliothek des Niederländischen Parlaments zur Verwahrung gegeben. Ein dritter Teil verblieb bei seinem älteren Sohn, der den Krieg in England überlebte. Dieser bemühte sich später, das verstreute Archiv wieder zusammenzuführen. Vieles war verloren gegangen; was erhalten war, übergab er 1980 an die Berlinische Galerie. Dort betreut das Erich-Salomon-Archiv über 10 000 Fotografien sowie sonstiges Archivmaterial.
1971 wurde von der DGPh, der Deutschen Gesellschaft für Photographie, ein Erich-Salomon-Preis für außergewöhnliche bildjournalistische Arbeiten gestiftet.
[Bearbeiten] Literatur
- Janos Frecot (Hrsg.) für die Berlinische Galerie: Erich Salomon, Mit Frack und Linse durch Politik und Gesellschaft, Photographien 1928-1938, Schirmer/Mosel, München 2004
- Han de Vries und Peter Hunter-Salomon (Hrsg.): Erich Salomon - Porträt einer Epoche, Deutscher Bücherbund Stuttgart-Hamburg, (C) 1963 by Verlag Ullstein GmbH, Frankfurt/M - Berlin
- Berühmte Zeitgenossen in unbewachten Augenblicken, Stuttgart 1931, München 1978 und Maarssen 1978. ISBN 9-061-79025-5
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Erich Salomon im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Erich Salomon in der Berlinischen Galerie (>Ausstellungen>Archiv bzw.>Fotografische Sammlung)
- Artikel in der Stuttgarter Zeitung
- Artikel bei Hagalil.com
Personendaten | |
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NAME | Salomon, Erich |
KURZBESCHREIBUNG | einer der bekanntesten Fotojournalisten des 20. Jahrhunderts |
GEBURTSDATUM | 28. April 1886 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 7. Juli 1944 |
STERBEORT | KZ Auschwitz-Birkenau |