Benedikt Carpzov der Jüngere
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Benedikt Carpzov der Jüngere (* 27. Mai 1595 in Wittenberg; † 30. August 1666 in Leipzig) war deutscher Strafrechtler und Hexentheoretiker. Er gilt als einer der Begründer der deutschen Rechtswissenschaft.
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[Bearbeiten] Leben
Carpzov ist der Sohn von Benedikt Carpzov der Ältere und wuchs in Colditz auf. Er begann seine Studien an der Universität Wittenberg um sich derPhilosophie und Jurisprudenz zu widmen. Seine Studien, die sich bald ausschließlich auf die Rechtswissenschaft bezogen, setzte er in Leipzig und Jena fort. Nachdem er zurückgekehrt nach Wittenberg, 1619 zum Doktor der Rechtswissenschaften promovierte, wurde er 1620 als Richter am Leipziger Schöppenstuhl berufen. 1632 stieg zum Senior der Einrichtung auf, wirkte ab 1632 am Oberhofgericht in Leipzig und wurde 1639 Rat am Appellationsgericht.
Seit 1645 arbeitete er als Ordinarius der Juristenfakultät in Leipzig und schuf das Fach des protestantischen Kirchenrechts, wozu er selbst das vollständige System ausarbeitete.Obwohl er 1644 als Hof- und Justizrat nach Dresden delegiert wurde, zog er es 1645 vor wieder nach Leipzig zurückzukehren und übernahm neben seinen alten Ämtern auch das Ordinat an der Juristenfakultät der Universität Leipzig. Jedoch konnte er sich einer Berufung als Geheimrat nach Dresden 1653 nicht entziehen. Als er 1661 aus Altersgründen entlassen wurde, ging er wieder zurück nach Leipzig und nahm sein Richteramt am Schöppenstuhl wieder auf.
Als eher konservativer ordnender und zusammenfassender Autor war er vor allem bedeutend bei der Gründung eines eigenständigen deutschen Rechtssystems. Aus seiner eigenen Erfahrung ausgehend, verfasste er seine Werke die vor allem Dingen am Fall orientiert waren. Sein bekanntestes Werk ist die Practica nova Imperialis Saxonica rerum criminalium, in der er das materielle Strafrecht und das Strafprozessrecht vom Anfang des 17. Jahrhunderts darstellt, veränderte das deutsche Strafrecht und erfuhr durch dieses Buch eine umfassende und eindringliche Darstellung, dass ihm ein Jahrhundert lang fast gesetzesgleiche Autorität zukam. Sein letztes großes Werk „Processus juris in foro Saxonica“ war lange ein in der Ausbildung des Prozessrechts ein lange gültiges Lehrbuch.
Carpzovs Strafrechtsdenken war stark religiös geprägt. Ein Verbrechen galt als Auflehnung, letztlich als Beleidigung Gottes selbst. So war für Carpzov der Täter nicht nur ein Rechtsbrecher, der gegen ein staatliches Verbot verstoßen hat, sondern auch ein Sünder, der sich gegen Gott aufgelehnt hat. Die Strafe besaß für ihn neben der Vergeltung auch die Funktion der Abschreckung der Allgemeinheit vor dem Verbrechen. Neben der zeitbedingten Härte seiner Strafauffassung (mitten im Dreißigjährigen Krieg) sollte dennoch das Strafmaß des Rechtsbrechers gerecht ausgewogen werden.
Diesem Ziel diente u.a. eine Verfeinerung des Schuldbegriffes, eine begrenzte Anordnung der außerordentlichen Strafe sowie eine Einschränkung der rechtlichen Auslegung und Analogie. In Strafprozessen bemühte er sich darum, die Anwendung der Folter in möglichst engen Grenzen zu halten und eher einen Schuldigen freizusprechen als einen Unschuldigen zu verurteilen.In Prozessen gegen Hexen, an deren Existenz Carpzov nicht zweifelte, werden ihm eine Vielzahl von Todesurteilen nachgesagt. Allerdings ist keine einzige Beteiligung Carpzovs an einem Todesurteil gegen Hexen nachweisbar.
[Bearbeiten] Werke
- "Practica nova imperialis Saxonica rerum criminalium", Wittenberg 1635, Frankfurt /main 1752
- "Peinlichen sächs. Inquisitions- u. Achterprozeß", Leipzig 1638, 1733
- "Processus juris in foro Saxonica", Frankfurt/Main 1638, Jena 1657, 1708
- "Responsa juris electoralia", Leipzig 1642
- "Jurisprudentia ecclesiastica seu consistorialis", Hannover 1649, 1721
- "Jurisprudentia forensis Romano-Saxiona", Frankfurt/Main 1638, Leipzig 1721
[Bearbeiten] Literatur
- Günter Jerouschek, Wolfgang Schild; Walter Gropp (Hg.): “Benedict Carpzov. Neue Perspektiven zu einem umstrittenen sächsischen Juristen“, Tübingen 2000
- Thomas Robisheaux: „Zur Rezeption Benedict Carpzovs im 17. Jahrhundert“ in Hexenprozesse und Gerichtspraxis Band 6 von Herbert Eiden und Rita Voltmer herausgegeben S. 527-543, Trier 2002
- Ulrich Falk: Zur Folter im deutschen Strafprozeß. Das Regelungsmodell von Benedict Carpzov (1595 - 1666) 20. Juni, 2001 Online Version PDF Version
- Bernhard Heitsch: Beweis und Verurteilung im Inquisitionsprozeß Benedict Carpzovs, juristische Dissertation, Göttingen 1964
- Winfried Trusen: Benedict Carpzov und die Hexenverfolgungen, in: Recht und Kriminalität Ellen Schlüchter und Klaus Laubenthal, (Hg.), - Festschrift für Friedrich Wilhelm Krause zum 70. Geburtstag, München, 1990, S. 19-35
- Rudolf Hoke: Die Souveränitätslehre des Benedict Carpzov, in: H. Haller (Hrsg.), Staat u. Recht. Festschrift für .G. Winkler, Wien/New York 1997
- Walther Killy (Hrsg.): Literaturlexikon: Autoren und Werke deutscher Sprache, Bd. 2, S. 374, Bertelsmann-Lexikon-Verlag, Gütersloh u. München 1988-1991 (CD-ROM Berlin 1998 ISBN 3-932544-13-7)
- Erich Döhring: Neue Deutsche Biographie, Band 3 Seite 156
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Benedikt Carpzov der Jüngere im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Biographie von Benedikt Carpzov
- Theodor Muther: Benedikt Carpzov der Jüngere. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Bd. 4, S. 11.
[Bearbeiten] Siehe auch
Commons: Category:Benedikt Carpzov der Jüngere – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
Personendaten | |
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NAME | Carpzov, Benedikt (der Jüngere) |
ALTERNATIVNAMEN | Ludovicus de Montesperato, |
KURZBESCHREIBUNG | Deutscher Strafrechtler und Hexentheoretiker |
GEBURTSDATUM | 27. Mai 1595 |
GEBURTSORT | Wittenberg |
STERBEDATUM | 30. August 1666 |
STERBEORT | Leipzig |