Wessobrunner Gebet
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Das Wessobrunner Gebet, auch Wessobrunner Schöpfungsgedicht genannt, gehört zu den frühesten poetischen Denkmälern in althochdeutscher Sprache. Benannt ist es nach dem altbairischen Kloster Wessobrunn, dem langjährigen Aufbewahrungsort der einzigen Handschrift, die sich heute in München befindet (Signatur: clm 22053).
Seine zwei Teile, 1. ein Schöpfungspreis in neun stabreimenden Langzeilen und 2. die eigentliche Oration in freier Prosa, bilden zusammen ein Gebet um Weisheit und Kraft zur Vermeidung von Sünden. Der zweigliedrige Aufbau lässt an die Struktur von Zauberformeln denken: es wird erst ein mythischer Präzedenzfall berufen (hier die Beschenkung der Menschen durch den Schöpfer), nach dessen Muster sich dann das hier und jetzt Erbetene vollziehen soll.
Der neunzeilige Schöpfungsbericht in seinen eindringlichen Versen könnte ursprünglich eigenständig gewesen sein. Er enthält den Anfang einer Kosmogonie, in der die uranfängliche Nichtexistenz von Allem (Erde und Himmel, Baum und Berg, Sonne, Mond und Meer) den Hintergrund abgibt für die Existenz Gottes vor allem Geschaffenen. Das Gedicht ist in der Sprache der altgermanischen mündlichen Epik abgefaßt und verwendet Stab- und Einleitungsformeln, die aus angelsächsischer und altsächsischer Tradition bekannt sind (manno miltisto, dat gafregin ih). Dennoch ist der Gedanke der Schöpfung aus dem Nichts genuin christlich (creatio ex nihilo).
Der Zeitpunkt der Entstehung liegt um 790 oder bald danach, die erhaltene Abschrift ist um 814 entstanden. Der Verfasser der Zeilen ist unbekannt. Ebenso unbekannt ist der Entstehungsort der Handschrift, die nicht in Wessobrunn selbst geschrieben wurde. In Frage kommen Diözesen in Bayern, vermutlich Augsburg oder Regensburg. Die auffällige Besonderheit der "Sternrune" als Kürzel für ga- teilt die Niederschrift des Wessobrunner Gebets einzig mit einer ebenfalls bairischen Handschrift des 9. Jhs. (London, British Library, Arundel MS. 393).
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Hans-Hugo Steinhoff, Artikel Wessobrunner Gebet, in: Verfasserlexikon, Bd. 10 (1999), Sp. 961-965.
[Bearbeiten] Weblinks
Wikisource: Wessobrunner Gebet – Quellentexte |
- E-Text des Wessobrunner Gebets mit Abbildung der Handschrift (Bibliotheca Augustana)