Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Werner Heyde - Wikipedia

Werner Heyde

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Prof. Dr. Werner Heyde bei seiner Durchquerung des Würzburger Gefängnistores in der Ottostraße 5 am 12. November 1959, nachdem er sich zuvor den Behörden in Frankfurt am Main gestellt hat.
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Prof. Dr. Werner Heyde bei seiner Durchquerung des Würzburger Gefängnistores in der Ottostraße 5 am 12. November 1959, nachdem er sich zuvor den Behörden in Frankfurt am Main gestellt hat.

Werner Heyde (alias Fritz Sawade), (* 25. April 1902 in Forst (Lausitz); † 13. Februar 1964 im Untersuchungsgefängnis Butzbach) war Professor für Psychiatrie und Neurologie an der Universität Würzburg, Leiter der medizinischen Abteilung der „Euthanasie“-Zentrale und Obergutachter der Euthanasie-Aktion T4 während der Zeit des Nationalsozialismus. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges konnte er unter dem Decknamen Fritz Sawade mehrere Jahre als Arzt praktizieren.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

[Bearbeiten] 1902–1933

Werner Heyde wurde am 25. April 1902 im brandenburgischen Forst (Lausitz) als Sohn eines Tuchfabrikanten geboren. Im Herbst 1914 zog die Familie ins nahegelegene Cottbus, wo Heyde im März 1920 als Klassenbester sein Abitur ablegte.

Während der Schulzeit meldete er sich als Kriegsfreiwilliger für die Teilnahme am Ersten Weltkrieg. Spätestens ab Sommer 1918 war er bei der Gruppenfernsprechabteilung 656 in Reval, Estland, eingesetzt. Auch nach dem Waffenstillstand im November 1918 blieb er bis Anfang 1919 als Angehöriger eines Freikorps in Estland. Beim Kapp-Putsch im März 1920 beteiligte er sich auf Seite der Putschisten an Kämpfen gegen Arbeiter im Raum Cottbus. Heyde hatte sich für zwei Monate als Zeitfreiwilliger zum Infanterieregiment 52 unter Major Bruno Ernst Buchrucker gemeldet.

Ab Mai 1920 studierte Werner Heyde Medizin in Berlin, Freiburg, Marburg, Rostock und Würzburg. Das Physikum legte er im Juli 1922 in Marburg ab, im Mai 1925 promovierte er in Würzburg und bestand dort das medizinische Staatsexamen mit Bestnote. Anschließend war er für ein Jahr als Medizinalpraktikant an den städtischen Krankenanstalten in Cottbus, der Heil- und Pflegeanstalt Berlin-Wittenau und der Würzburger Universitätsnervenklinik. Am 8. Juni 1926 erhielt Heyde die Approbation, anschließend war er als Hilfsassistent bei Prof. Dr. Martin Reichardt in Würzburg tätig. Ab November 1928 wechselte er für zwei Jahre an das chemische Institut der Bayrischen Akademie der Wissenschaften in München. Zurück in Würzburg habilitierte sich Werner Heyde mit der Habilitationsschrift "Untersuchungen über Gehirnfermente". Am 10. August 1932 wurde Heyde als Privatdozent an der Würzburger Universität aufgenommen, nachdem er schon seit Juli 1931 als planmäßiger Assistent an der dortigen Nervenklinik beschäftigt war.

[Bearbeiten] 1933–1939

Im März 1933 traf Werner Heyde mit einem prominenten Patienten zusammen: Der SS-Oberführer Theodor Eicke aus Ludwigshafen war wahrscheinlich auf Veranlassung des Gauleiters der bayrischen Pfalz, Josef Bürckel, zur Untersuchung seines Geisteszustands in die Würzburger Klinik eingewiesen worden. Heyde, mit einem amtsärztlichen Gutachten beauftragt, sah keinerlei Anzeichen von Geistes- oder Gehirnkrankheit bei Eicke. Im Gegenteil, so Heyde in einem Schreiben an Heinrich Himmler, Eicke habe sich „hier musterhaft geführt und fiel durch sein ruhiges, beherrschtes Wesen sehr angenehm auf, er machte keinesfalls den Eindruck einer intrigierenden Persönlichkeit.“[1] Dieses Schreiben Heydes, das maßgeblich zu seiner Rehabilitierung beigetragen haben dürfte, eröffnete Eicke eine steile Karriere: Als erster Kommandant des KZ Dachau organisierte er das Regime der SS über Häftlinge, ehe er Inspekteur der Konzentrationslager sowie Führer der SS-Totenkopfverbände wurde. Nach Heydes eigenen Angaben trat er am 1. Mai 1933 auf Empfehlung Eickes in die NSDAP (Mitglieds-Nr. 3 068 165) ein.

Von Oktober 1934 bis Mai 1936 war Heyde Mitarbeiter des Rassenpolitischen Amtes Würzburg, zuletzt als Kreisamtsleiter. Parallel dazu entschied er als Beisitzer im dortigen Erbgesundheitsgericht über Anträge auf Zwangssterilisationen. Im Mai 1936 wandte sich Heyde mit einer Denkschrift zur Praxis der Erbgesundheitsgerichte an Arthur Julius Gütt, dem Mitverfasser des offiziellen Kommentars zum Sterilisierungsgesetz. Gütt vermittelte Heyde an den damaligen Chef des Sanitätsamts im SS-Hauptamt, Ernst-Robert Grawitz. Heyde und Grawitz kamen überein, dass Heyde zum 1. Juni 1936 als Hauptsturmführer der SS beitrat (Mitglieds-Nr. 276 656).

Heyde wurde der Sanitätsabteilung der SS-Totenkopfverbände zugewiesen und erhielt den Titel „Leiter der psychiatrischen Abteilung beim Führer der SS-Totenkopfverbände / Konzentrationslager“, war also bei Eicke beschäftigt. Er baute die Überprüfung der „Erbgesundheit“ der KZ-Häftlinge auf, eine Aufgabe, die – so Heyde – „angesichts der psychischen und körperlichen Minderwertigkeit des weitaus größeren Teils der Lagerinsassen ganz besonders vordringlich war.“[2] Heyde erstellte Gutachten, die den Erbgesundheitsgerichten zugeleitet wurden und Grundlage deren Entscheidung über die Sterilisation oder Kastration der Häftlinge war. Daneben war Heyde als Obergutachter für die kasernierten SS-Truppen (SS-Verfügungstruppe und SS-Totenkopfverbände) und als beratender Facharzt im SS-Lazarett Berlin tätig und erstellte Gutachten für das Geheime Staatspolizeiamt.

Seine umfangreiche Tätigkeit für die SS tat Heydes weiterer Karriere an der Universität Würzburg keinen Abbruch: Sie wird im Vorfeld von Heydes Ernennung zum außerordentlichen Professor am 5. April 1939 ausdrücklich als „ehrenvoll“ erwähnt und diente gleichzeitig als Begründung für die nur noch geringe Anzahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen. Zuvor, am 1. April 1934, war Heyde Oberarzt der Universitätsnervenklinik und Leiter der angeschlossenen Poliklinik geworden. Mit Wirkung zum 1. Dezember 1939 wurde Heyde Nachfolger Martin Reichardts auf dem Würzburger Lehrstuhl für Psychiatrie und Neurologie. Für seine Berufung hatten sich zuvor die „Kanzlei des Führers“ und das Reichserziehungsministerium eingesetzt.[3]

[Bearbeiten] 1939–1945

Vermutlich[4] ab Ende Juli 1939 war Werner Heyde an der Vorbereitung der Tötung von Geisteskranken und Behinderten, der sogenannten „Aktion T4“, beteiligt. Zuvor hatte die Kanzlei des Führers (KdF) unter Philipp Bouhler von Hitler den mündlichen Auftrag zur Durchführung der „Erwachsenen-Euthanasie“ erhalten. Die KdF war bereits mit der sogenannten „Kinder-Euthanasie“ beauftragt. Mit den Vorbereitungen zur Aktion T 4 befasste sich ein Beratungsgremium, dem Mitarbeiter der Kanzlei, ein Vertreter des Reichsinnenministeriums und mehrere einflussreiche Psychiater, darunter Heyde, angehörten. Themen der Beratungen dürften die Organisation, das Verfahren und die Geheimhaltung der geplanten Massentötungen und die Abgrenzung und Auswahl der Kranken gewesen sein.

Zur Verschleierung der Verantwortlichkeit von Staats- und Parteidienststellen wurden diverse Tarnorganisationen gegründet, darunter die „Reichsarbeitsgemeinschaft für Heil- und Pflegeanstalten“ (RAG). Die RAG entstand etwa im Oktober 1939 aus dem erwähnten Beratungsgremium, spätestens ab Mai 1940 war Werner Heyde ihr Leiter. Nach Zeugenaussagen konnten alle grundsätzlichen Fragen nicht ohne ihn entschieden werden. Er führte den gesamten Schriftwechsel mit den Gutachtern und Heil- und Pflegeanstalten und erarbeitete Stellungnahmen zu Protesten gegen die Krankenmorde. Heyde, so heißt es in einem Beschluss des Frankfurter Oberlandesgerichtes vom 4. Januar 1963, war an maßgeblichster Stelle an der Planung und Durchführung der Aktionen beteiligt: „Er konnte also, wie kaum ein anderer, die wirkliche Zielsetzung, die notwendige Tarnung und die Art der tatsächlichen Durchführung der Massentötungen lückenlos überblicken; er wusste auch, dass Hitler es abgelehnt hatte, die Massentötungsaktionen durch ein förmliches Gesetz äußerlich zu legalisieren.“[5]

Ab 9. Oktober 1939 wurden an alle Heil- und Pflegeanstalten Meldebogen versandt, mit denen folgende Patienten erfasst werden sollten:

  • An Schizophrenie, Epilepsie, „Schwachsinn“ und neurologischen Endzuständen Erkrankte, soweit sie nicht zur Arbeit in Anstaltsbetrieben oder nur zu mechanischen Arbeiten herangezogen werden konnten
  • Alle kriminellen Geisteskranke
  • Patienten, die seit mindestens fünf Jahren in Anstalten befanden
  • Alle nichtdeutschen Patienten unter Angabe der Rasse

Die Meldebogen gingen über den Leiter der Gesundheitsabteilung im Reichsministerium des Innern, Dr. Herbert Linden, an die RAG. Hier wurden sie registriert und Fotokopien für drei Gutachter gefertigt. Die Gutachter entschieden meist nur anhand der Angaben auf dem Meldebogen: Sollte nach ihrer Auffassung der Patient getötet werden, trugen sie in einem schwarz umrandeten Kasten auf dem Meldebogen ein rotes „+“ ein; ein blaues „-“ bedeutete, dass der Patient am Leben bleiben sollte. Konnte sich der Gutachter nicht entscheiden, trug er ein „?“ ein. Die abschließende Entscheidung fällte ein Obergutachter anhand der drei vorliegenden Gutachten. Als Obergutachter tätig waren Werner Heyde und Herbert Linden. Linden wurde später durch Prof. Dr. Hermann Paul Nitsche ersetzt, der auch Heydes Stellvertreter in der RAG wurde. Nur in Zweifelsfällen wurde zur Entscheidung über das Schicksal des Patienten dessen Krankenakte mit herangezogen. Alles spräche dafür, so heißt es im schon zitierten Beschluss des Frankfurter Oberlandesgerichtes, „dass die ‚Begutachtungen’ überhaupt nur bloße tarnende Formalitäten zur Verschleierung der wahren Art und des wahren Zwecks der Aktionen gewesen sind. Das ergibt sich schon mit aller Deutlichkeit aus den dürftigen Unterlagen, die den Gutachtern für die Beurteilung des Einzelfalls zur Verfügung standen, und der Flüchtigkeit, mit der über Leben und Tod der einzelnen Kranken in Massenbegutachtungen entschieden worden ist.“ Anstalten, die sich weigerten, die Meldebogen auszufüllen, oder die im Verdacht standen, falsche Angaben zu machen, wurden von Ärztekommissionen der ‚Aktion T 4’ aufgesucht, die dort die Meldebogen ausfüllten oder überprüften. Mehrfach leitete Werner Heyde derartige Ärztekommissionen.

Die so zur Ermordung bestimmten Patienten wurden in den eigens hierfür umgebauten Tötungsanstalten Bernburg, Brandenburg, Grafeneck, Hadamar, Hartheim und Sonnenstein mit Kohlenmonoxid vergast. Im Zeitraum zwischen Januar 1940 und August 1941 starben so etwa 70.000 Menschen. Heyde hatte im Januar 1940 an einer „Probevergasung“ in Brandenburg teilgenommen.

Unter dem Begriff „Sonderbehandlung 14 f 13[6] wurde die Aktion T4 wahrscheinlich Ende März 1941 auf Häftlinge der Konzentrationslager ausgedehnt: Die schon erwähnten Ärztekommissionen – teilweise unter Leitung Werner Heydes – selektierten in den Konzentrationslagern Häftlinge, die anschließend in den Tötungsanstalten vergast wurden. Nach Schätzungen wurden allein im Jahr 1941 etwa 10.000 KZ-Häftlinge auf diese Weise ermordet.

Wahrscheinlich im Dezember 1941 übergab Werner Heyde die Leitung der Aktion T4 an Paul Nitsche. Die genauen Gründe für sein Ausscheiden konnten nicht aufgeklärt werden, nach späteren Angaben seines Vorgesetzen Viktor Brack lagen die Gründe in Heydes Person. Heyde muss aber weiterhin als politisch zuverlässig angesehen worden sein: So erstellte er ein Gutachten über den im September 1943 verhafteten Waldemar Hoven. Dieser stand als SS-Arzt des Konzentrationslagers Buchenwald im Verdacht, Belastungszeugen in einem Korruptionsverfahren gegen die Buchenwalder Lagerkommandantur ermordet zu haben. Zudem wurde Heyde mehrfach in der SS befördert, so am 30. Januar 1941 zum SS-Sturmbannführer, am 20. April 1943 zum SS-Obersturmbannführer und am 20. April 1945 zum SS-Standartenführer. Am 21. Februar 1944 erhielt er den SS-Totenkopfring. Während seiner Tätigkeit bei der Aktion T4 und darüber hinaus bis Kriegsende behielt Heyde seinen Lehrstuhl in Würzburg. An der dortigen Universitätsnervenklinik wurden Ärzte der Aktion T4 fortgebildet, ebenso gewann Heyde Absolventen der Universität wie Dr. Klaus Endruweit als Mitarbeiter der Aktion T4. Ab November 1941 war Heyde zudem Leiter eines SS-Lazaretts für Hirnverletzte, das der Würzburger Klinik angegliedert war. Nach einem schweren Luftangriff auf Würzburg wurde das SS-Lazarett im März 1945 nach Dänemark verlegt und unter Heydes Leitung in Gråsten neu errichtet.

[Bearbeiten] 1945–1959

Am 28. Mai 1945 wurde Heyde vom britischen Militär im Lager Faarhus in Dänemark interniert. Am 9. Oktober 1945 wurde er zunächst nach Neumünster-Gadeland, dann im Juli 1946 in das Internierungslager Eselsheide bei Paderborn überführt. Während der Internierung lernte Heyde mehrere Personen kennen, die ihm später beim Untertauchen in Schleswig-Holstein behilflich waren.

Am 13. Februar 1947 wurde Heyde der deutschen Justiz überstellt, zuvor hatte das Landgericht Frankfurt am Main Haftbefehl gegen ihn erlassen. Anfang April 1947 wurde Heyde nach Nürnberg überführt, denn die Verteidigung im Nürnberger Ärzteprozess hatte ihn als Entlastungszeugen angefordert. Im Laufe dieses Verfahrens wurde Heyde durch Zeugen schwer belastet. Zu einem Auftritt Heydes als Zeuge im Ärzteprozess kam es jedoch nicht. Auf dem Rücktransport nach Frankfurt sprang Heyde am 25. Juli 1947 in Würzburg von einem fahrenden Militärlastwagen. Die nächsten zwölf Jahre konnte Heyde untertauchen.[7] Nach eigenen Angaben kam er zu Fuß oder per Anhalter nach Schleswig-Holstein, wo er zunächst als selbstständiger Gärtner in Mönkeberg bei Kiel, dann als Landarbeiter bei verschiedenen Bauern arbeitete. Mit Hilfe gefälschter Entlassungspapiere als Kriegsheimkehrer erhielt Heyde offizielle Ausweise auf den Namen Fritz Sawade. Als Geburtsort gab er das östlich der Neiße liegende Triebel an, womit die Nachprüfung seiner Angaben zur damaligen Zeit nahezu unmöglich war.

1948 nahm Heyde wieder Kontakt zu seiner Familie auf, die später in Bayern lebte. Seine Frau, Erika Heyde, erhielt ab 1952 Versorgungsbezüge, da ihr Mann nach ihren Angaben verschollen sei. Wegen Betruges wurde sie deswegen 1962 zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.
Ende 1949 erhielt Heyde unter seinem Falschnamen Dr. Fritz Sawade eine Anstellung als Sportarzt in Flensburg. Mit Unterstützung eines Arztkollegen, dem er seine wahre Identität offenbarte, erhielt er die Möglichkeit, nervenärztliche Gutachten für das Oberversicherungsamt in Schleswig-Holstein zu erstellen. In dieser Tätigkeit gelangte er bald zu einem überdurchschnittlichen Einkommen: Bis 1959 erstellte er etwa 7000 Gutachten für verschiedenste Behörden und Institutionen.

Heydes Verhaftung am 12. November 1959 war Folge der Verärgerung des Kieler Professors Helmuth Reinwein über die zögerliche Behandlung seiner Klage wegen nächtlicher Ruhestörungen durch die Justiz: Reinwein drohte, seine Kenntnisse über den unter falschen Namen als Gerichtsgutachter tätigen Heyde öffentlich zu machen. Als schleswig-holsteinische Landesbehörden hiervon erfuhren, wurde Heyde am 4. November 1959 erstmals aufgefordert, seine Approbationsurkunde vorzulegen. Heyde verließ daraufhin Flensburg. Nach einer von verschiedenen Pannen gekennzeichneten Fahndung stellte er sich am 12. November 1959 in Frankfurt am Main den Behörden.

[Bearbeiten] 1959–1964

Schon rasch nach seiner Verhaftung stellte sich heraus, dass etliche Juristen und Mediziner in Schleswig-Holstein Kenntnis von der Identität Dr. Sawades mit dem per Haftbefehl gesuchten Werner Heyde hatten: 1961 konnte ein Untersuchungsausschuss des Kieler Landtags 18 Spitzenbeamten und Personen des öffentlichen Lebens diese Kenntnis nachweisen. Der Kreis derer, die von entsprechenden Gerüchten wussten, dürfte weitaus größer gewesen sein: Zu sehr klafften die Legende vom „einfachen Nervenarzt Dr. Sawade“ und Heydes Kenntnisse und Fähigkeiten auseinander. Die Ermittlungen gegen Heyde übernahm die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft unter Fritz Bauer. Bis Mai 1962 wurde eine umfangreiche Anklageschrift erstellt, die die Aktion T4 rekonstruierte und später eine wichtige Grundlage der historischen Forschung zur NS-Euthanasie wurde. Die Eröffnung des Prozesses gegen Werner Heyde und die Mitangeklagten Gerhard Bohne, Hans Hefelmann und Friedrich Tillmann vor dem Limburger Landgericht war für den 18. Februar 1964 angesetzt. Dem Prozess entzog sich Heyde, in dem er sich am 13. Februar 1964 im Zuchthaus Butzbach das Leben nahm.

[Bearbeiten] Nachwirkung

Unter dem Titel Die Affäre Heyde-Sawade wurde die Geschichte Heydes 1963 in der DDR verfilmt.

1965 stellte der Maler Gerhard Richter die Verhaftung Heydes in einem Ölgemälde dar.[8] Nachdem sich das Bild 40 Jahre in Privatbesitz befunden hatte, wurde es am 15. November 2006 von Christie’s in New York versteigert. Das Werk wurde für 2,816 Mio. US-Dollar dem amerikanischen Kunsthändler Larry Gagosian zugeschlagen, der Schätzwert lag zwischen 2,0 und 3,0 Millionen US-Dollar. [9]

[Bearbeiten] Literatur

  • Hermann Hennermann: Werner Heyde und seine Würzburger Zeit. in: Gerhardt Nissen und Gundolf Keil (Hrsg): Psychiatrie auf dem Wege zur Wissenschaft. Stuttgart / New York 1985, S.55–61
  • Klaus-Detlev Godau-Schüttke: Die Heyde/Sawade-Affäre. 2. Auflage. Baden-Baden 2001, ISBN 3-7890-7269-9
  • Friedrich Karl Kaul: Nazimordaktion T 4. Berlin (Ost) 1973
  • Klee, Ernst: „Euthanasie“ im NS-Staat. 11. Auflage. Frankfurt/M. 2004, ISBN 3-596-24326-9
  • Klee, Ernst: Was sie taten – Was sie wurden. Ärzte, Juristen und andere Beteiligte am Kranken- oder Judenmord. 12.Auflage. Frankfurt/M. 2004, ISBN 3-596-24364-5
  • Alexander Mitscherlich und Fred Mielke: Medizin ohne Menschlichkeit. Dokumente des Nürnberger Ärzteprozesses. 16. Auflage. Frankfurt/M. 2004, ISBN 3-596-22003-1
  • Johannes Tuchel: Konzentrationslager. Organisationsgeschichte und Funktion der ‚Inspektion der Konzentrationslager 1934–1938. Boppard am Rhein 1991 (= Schriftenreihe des Bundesarchivs 39)
  • Thomas Vormbaum (Hrsg): „Euthanasie“ vor Gericht. Die Anklageschrift des Generalstaatsanwalts beim OLG Frankfurt/M. gegen Dr. Werner Heyde u. a. vom 22. Mai 1962. Berlin 2005, ISBN 3-8305-1047-0

[Bearbeiten] Verfilmungen

  • 1963 (DDR): Die Affäre Heyde-Sawade (Ein Film des Deutschen Fernsehfunks, hergestellt im DEFA-Studio für Spielfilme (Gruppe Berlin). Drehbuch: Wolfgang Luderer, Walter Jupé, Friedrich Karl Kaul; Regie: Wolfgang Luderer. Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv Babelsberg. Archivnummer des IDNR 03581 96’ 03.06.1963).

[Bearbeiten] Fußnoten

  1. Schreiben Heydes an Heinrich Himmler vom 22. April 1933, in Unterlagen des Berlin Document Center zu Eicke, zitiert bei: Johannes Tuchel, S. 136
  2. Lebenslauf Heydes vom 1. Januar 1939, zitiert in der Anklageschrift vom 22. Mai 1962, vgl. Thomas Vormbaum, S. 5; Zu Heydes Tätigkeit in den Konzentrationslagern vor 1939 siehe Johannes Tuchel, S. 289ff
  3. Hermann Hennermann, S. 56
  4. Die nachfolgende Darstellung folgt weitgehend der Anklageschrift vom 22. Mai 1962, vgl. Thomas Vormbaum. Es sei darauf hingewiesen, dass dies eine nachträgliche Rekonstruktion ist, die auf unvollständigen Dokumenten – vieles wurde 1945 vernichtet oder nie schriftlich festgehalten – und Zeugenaussagen beruht. Der Wahrheitsgehalt der Aussagen ist immer vor dem Hintergrund der drohenden Strafverfolgung zu betrachten.
  5. Beschluss des OLG Frankfurt, 2. Strafsenat vom 4. Januar .1963 (2 Ws 454/63 (Js 17/59 Gen. StA)). Mit dem Beschluss wurde die Beschwerde gegen die Fortdauer der Untersuchungshaft Heydes als unbegründet verworfen.
  6. Der Begriff „Sonderbehandlung“ war schon 1939 eine bei der Gestapo übliche Umschreibung für „Exekution“. 14 f 13 ist das beim „Inspekteur der Konzentrationslager beim Reichsführer-SS“ verwandte Aktenzeichen, vgl. Thomas Vormbaum, S. 604ff
  7. Zum folgenden siehe Ernst Klee, Was sie Taten – Was sie wurden und Klaus-Detlev Godau-Schüttke
  8. Bild: Gerhard Richter: Herr Heyde (Ölgemälde, 1965)
  9. ZEIT online: Auktion: Schlüsselwerk Gerhard Richters wird versteigert. 27. Oktober 2006

[Bearbeiten] Weblinks

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