Voltigieren
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Voltigieren ist Turnen auf einem an der Longe gehenden Pferd, das von einem Longenführer auf einem Kreis von ca 15 m Durchmesser, dem Voltigierzirkel, geführt wird. Das Pferd läuft in den Gangarten Schritt oder Galopp. Alle Wettkämpfe der Leistungsklassen D, C, B und A werden im Galopp durchgeführt, für Einsteiger- und Anfängergruppen gibt es auf Kreisebene auch Wettbewerbe im Schritt oder im Schritt-Galopp.
Dabei turnen eine bis zu drei Voltigierer gleichzeitig auf und an dem Pferd. Als Halt dient ein kurz hinter dem Widerrist aufliegender Voltigiergurt, der mit zwei Handgriffen und zwei Fußschlaufen versehen ist. Zum Schutz seines Rückens trägt das Pferd zudem eine Voltigierdecke, das Pad, und eine Schaumstoffunterlage unter dem Gurt. Zur Ausrüstung gehören ferner eine Trense, Hilfszügel wie Lauffer-, Dreieckszügel oder Ausbinder, Gamaschen, [Bandagen] oder Streichkappen, eventuell Springglocken, eine Peitsche und eine Longe. Die Voltigierer tragen während des Trainings möglichst eng anliegende Kleidung, da sonst Haltungsfehler nur schwer zu erkennen sind und man mit weiter Kleidung am Pferd oder Gurt hängen bleiben kann, sowie spezielle weiche Voltigierschuhe, ähnlich den Schläppchen von Turnern. Die Haare sollten aus Sicherheitsgründen zusammen gebunden und Schmuck und Uhren abgelegt werden.
Gerade für Kinder ist das Voltigieren oft der Einstieg in den Pferdesport. Auch im Schulsport ist das Voltigieren bereits vertreten und findet reges Interesse.
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[Bearbeiten] Ursprung des Voltigierens
Der Ursprung des Voltigierens liegt in der Kavallerie. Ziel der Übungen war es dabei Gleichgewicht, Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer der Soldaten zu schulen. Es gab auch Wettbewerbe, wobei hier fast ausschließlich Sprünge ausgeführt wurden. Voltigieren war 1920 in Antwerpen sogar schon einmal olympisch, damals noch unter dem Namen Kunstreiten. Dabei siegte Belgien vor Frankreich und Schweden im Mannschaftswettbewerb, während der Belgier T. Bouckaert das Einzel vor dem Franzosen Field und dem Belgier T. Finet gewann.
[Bearbeiten] Voltigieren als Turniersport
In vielen Reitvereinen sind Voltigiergruppen nur für die Vorbereitung zum Reiten und die spielerische Annäherung an das Pferd gedacht. Doch turniermäßig betrieben, ist Voltigieren ein anspruchsvoller Leistungssport, der wie wenig andere Sportarten den Sportler in vielerlei Hinsicht fordert. Es geht um Gleichgewicht, Kraft, Spannung, Beweglichkeit, Ausdauer, Rhythmusgefühl, Vertrauen, Mut und Kreativität und nicht zuletzt um das gemeinsame Turnen in der Gruppe und das gemeinsame Versorgen des Pferdes.
Als Turniersport existiert das Voltigieren als Einzel-, Doppel- sowie Gruppenvoltigieren. Die Gruppen bestehen aus acht oder sechs Teilnehmern und einer Ersatzperson. Das Doppel wird teilweise auch strikt als getrennt-geschlechtliches Pas de deux ausgeschrieben. Auf Championaten wird bei den Einzelwettbewerben nach Geschlechtern getrennt gerichtet.
Obwohl der Voltigiersport nicht sehr bekannt ist, gibt es doch sehr gute Gruppen und Einzelvoltigierer nicht nur in Deutschland und Europa, sondern auch in vielen anderen Ländern wie den USA, Australien, Südamerika und Südafrika.
Leistungsklassen
Das Gruppen-Voltigieren wird in die Leistungsklassen D bis A aufgeteilt, wobei A die höchste Klasse ist, in der Meisterschaften ausgetragen werden. Die in breitensportlichen Wettbewerben teilnehmenden Teams heißen E-, Nachwuchs-, Spiel- oder Schritt- bzw. Schritt/Galoppgruppe. Die Voltigiergruppen müssen im Wettkampf Pflicht- und Kürübungen zeigen.
Beim Einzel-Voltigieren unterscheidet man die Leistungsklassen A, B und C beim Doppelvoltigieren gibt es keine Leistungsklassen.
Altersbeschränkung
In der Leistungsklasse C und D dürfen die Gruppenmitglieder nicht älter als 18 Jahre sein. In den Leistungsklassen A und B wurde diese Altersgrenze zum 1. Januar 2005 aufgehoben.
Auch beim Einzel- und Doppelvoltigieren gibt es nach oben keine Altersgrenze. Allerdings ist im Einzelvoltigieren für die Wettkampfteilnahme ein Mindestalter von 16 Jahren vorgeschrieben. Außerdem ist der Besitz des Voltigierabzeichen in Bronze (DVA III) Voraussetzung. Wer bereits im Besitz des Silberne Voltigierabzeichen (DVA II) ist, darf mit 14 Jahren als Einzelvoltigierer starten. Zusätzlich können Turnierveranstalter Wettbewerbe für Nachwuchs-Einzelvoltigierer ausschreiben.
Turniere, Meisterschaften
In Deutschland finden jährlich eine große Anzahl Voltigierwettkämpfe statt: zunächst die von den Vereinen ausgerichteten Turniere auf Bezirks- oder Kreisebene, dann die jeweiligen Landesmeisterschaften, Nord- und Süddeutsche Meisterschaften, Deutsche Meisterschaft, der nationalen C-Team-Cup (sozusagen die DM für C-Gruppen), sowie der 5-Länder-Vergleichskampf zwischen Hessen, dem Saarland, dem Rheinland, Westfalen und Rheinland-Pfalz.
Des Weiteren werden auf internationaler Ebene Championate und, jeweils im Zweijahres-Rhythmus, Europa- und Weltmeisterschaften ausgetragen.
Die Weltmeisterschaften 2004 fanden in Stadl Paura (Österreich) statt, bei denen alle drei zu vergebenen Weltmeister-Titel in deutsche Hände gingen:
- Gruppenvoltigieren: VV Ingelsberg 1
- Einzelvoltigieren Herren: Kai Vorberg
- Einzelvoltigieren Damen: Nicola Ströh
Die Weltmeisterschaften 2006 in Aachen wurden im Rahmen der Weltreiterspiele ausgetragen. Auch in diesem Jahr waren die deutschen Voltigierer überaus erfolgreich:
- Gruppenvoltigieren, Goldmedaille: RSV Neuss-Grimmlinghausen 1
- Gruppenvoltigieren, 4. Platz: St. Gallen 1 (Sie konnten mit einer sehr guten und soliden Leistung überzeugen, liegen jedoch knapp hinter Österreich)
- Einzelvoltigieren Herren, Goldmedaille: Kai Vorberg
- Einzelvoltigieren Herren, Silbermedaille: Gero Meyer
Die deutschen Damen konnten leider keine Medaille erringen: Nicola Ströh belegte den 4., Ines Jückstock den 5. und Anja Barwig den 6. Platz. Im Gruppenvoltigieren präsentierte sich das Team der USA mit sehr modernen Voltigierstil und wurde Zweiter, knapp vor dem Team aus Österreich.
Organisation
Das Voltigieren wird trotz der sportlichen Nähe zum Kunstturnen oder Balett nicht als Turnsportart, sondern als Pferdesportart vertreten. In Deutschland nimmt die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) die Vertretung wahr. Internationale Vertretung ist die International Federation of Equestrian Sports (FEI). Für das Voltigieren sind neben dem turnerischen Können auch Wissen und Können im Umgang mit dem Partner Pferd wie in allen Pferdesportarten von besonderer Wichtigkeit.
[Bearbeiten] Literatur
- Ulrike Rieder: Voltigieren vom Anfänger zum Könner.
- Ulrike Rieder: Voltigieren mit Spaß.
- Richtlinien für Voltigieren.
- Rieder/ Lockert: Abzeichen im Voltigiersport.
- Ulrike Rieder: Das Buch vom Voltigieren für Kinder.
- Christian und Dennis Peiler: Optimales Voltigiertraining.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
Wiktionary: Voltigieren – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |