Union islamischer Gerichte

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Flagge der Union islamischer Gerichte

Die Union islamischer Gerichte (arabisch: اتحاد المحاكم الإسلامية Ittihād al-mahākim al-islāmiyya, DMG Ittiḥād al-maḥākim al-islāmiyya, auch Oberster Islamischer Gerichtsrat) ist eine Dachorganisation unabhängiger islamischer Gerichte in Somalia. Die einzelnen Gerichte sind voneinander unabhängige Einheiten mit unterschiedlicher islamischer Rechtsauslegung (von moderatgläubigen Sufis somalischer Tradition bis zu strenggläubigen Islamisten saudischer Tradition). Die Union wurde von islamisch orientierten Geschäftsleuten (innerhalb und außerhalb Somalias), Milizenchefs, islamischen Geistlichen, lokalen Bürgermeistern und islamischen Rechtsgelehrten gegründet, um Gewalt und Clan-Fehden zurückzudrängen. ^[1]

[Bearbeiten] Geschichte

Angesichts des jahrzehntelangen Fehlens staatlicher Autorität, weitreichender Anomie und des Verfalls von Recht und Gesetz im somalischen Bürgerkrieg seit 1991 schlossen sich islamische Geistliche und mit ihnen sympathisierende islamistische Kriegsfürsten zu einer Union zusammen, die die Ordnung wiederherzustellen versucht, indem sie sich streng auf islamische Scharia-Rechtsauslegung und -tradition stützt, aber auch Selbsthilfegruppen zur Versorgung der kriegsmüden Bevölkerung organisiert.

Im November 2005 wurde in einigen Stadtteilen Mogadischus von solchen Gerichten die Schließung von Kinos und Videotheken angeordnet sowie Tanzhallen verboten. ^[2] Ein kurz vor der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 erlassenes Verbot, sich die Übertragung von Spielen anzuschauen, wurde nach öffentlichen Protesten (die ein Mädchen und einen Kinobesitzer das Leben kosteten) wieder zurückgezogen. ^[3]^[4] Kinos in anderen Stadtteilen Mogadischus waren nicht von diesem Verbot betroffen. ^[5]

Die Union islamischer Gerichte kämpfte gegen die Kriegsherren der US-gestützten ARPCT („Bündnis für Frieden und gegen Terrorismus“). Eine Anfang Mai 2006 ausgehandelte Waffenruhe wurde zehn Tage später gebrochen, als nach ARPCT-Angriffen auf die Union Kämpfe in der somalischen Hauptstadt Mogadischu aufflammten, die damals angeblich zu 80 Prozent unter Kontrolle der Union gestanden haben soll.

Am 5. Juni 2006 konnte die Union nach wochenlangen Kämpfen, die ca. 350 Todesopfer – mehrheitlich Zivilisten – forderten, die vollständige Einnahme der Hauptstadt Mogadischu vermelden. Die ARPCT, die bis dahin die übrigen Teile der Hauptstadt kontrolliert hatte, musste ihre Waffen und Fahrzeuge abgeben.

Die international anerkannte Übergangsregierung Transitional National Government mit Sitz in Baidoa und die Union islamischer Gerichte beraten in der sudanesischen Hauptstadt Khartoum über eine Vereinigung beider Koalitionen. ^[6]

Nachdem der Gerichtsrat den Ort Buurhakaba erobert hatte, drohte das Nachbarland Äthiopien Mitte Juli 2006 damit, eine Invasion nach Somalia zu beginnen. Grund hierfür ist die Befürchtung, dass die Stadt Baidoa, in der die offizielle, von der UNO anerkannte, aber machtlose Regierung Somalias ihren Sitz hat, in die Hände der Union fallen könnte.

Im August 2006 war auch das teilautonome Puntland von einer Übernahme durch die Gerichte bedroht. Westlich orientierte Kritiker und auch Teile der somalischen Bevölkerung befürchten, dass bei einer Regierungsübernahme des Gerichtsrates ein ähnliches Regime etabliert würde, wie dasjenige der Taliban in Afghanistan. Nach der Eroberung der südsomalischen Hafenstadt Kismaayo durch eine extremistische Fraktion der UiG flohen viele Somalis nach Kenia. ^[7]

Weitere Vorstöße gelangen in der Folge, so etwa am 25. Oktober 2006 nach Sakow und somit nahe zur Übergangsregierung nach Baidoa.^[8]

[Bearbeiten] Terrorismusvorwürfe

Die Union islamischer Gerichte wird von den USA und den Kriegsherren beschuldigt, mit al-Qaida zu kooperieren und al-Qaida-Aktivisten Unterschlupf in Somalia zu gewähren, was die Union bestreitet. Dennoch werden einigen ihrer Führer, wie zum Beispiel Hassan Dahir Aweis, frühere Kontakte zur al-Qaida nachgesagt. Adan Haschi Ayro, ein Milizen-Kommandeur der Union, soll nach Medienberichten ein Ausbildungslager der Qaida in Afghanistan durchlaufen haben und in die Ermordung mehrerer ausländischer Helfer verwickelt sein. ^[9] Über die Problematik wird in der Somalia-Kontaktgruppe beraten.

Es kam auch zu mehreren Selbstmordattentaten gegen Mitglieder der Übergangsregierung, für die die Union verantwortlich gemacht wird; sie selbst bestreitet dies^[10].