Unierte Kirchen (evangelisch)
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Der Begriff Unierte Kirche bezeichnet die aus der Vereinigung (Union) verschiedener protestantischer Konfessionen hervorgegangenen Kirchen.
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[Bearbeiten] Geschichte
Die Spaltung der Evangelischen Kirche in einen lutherischen und einen reformierten Zweig geschah schon während der Reformation in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die Differenzen bezogen sich vornehmlich auf unterschiedliche theologische Theorien über das Abendmahl.
Im Laufe des 18. Jahrhunderts, bedingt durch alternative philosophische Ansätze im Zeitalter der Aufklärung, verflachten diese theologischen Unterschiede.
Durch die napoleonischen Kriege verursachte wirtschaftliche Schwierigkeiten ließen die theologischen Differenzen endgültig in den Hintergrund und die möglichen Synergieeffekte einer Vereinigung in den Vordergrund treten. So kam es am Anfang des 19. Jahrhunderts in einigen Gebieten Deutschlands, in denen die beiden protestantischen Konfessionen bis dahin parallel existiert hatten, zu Kirchenunionen.
[Bearbeiten] Unionsbewegung im 19. Jahrhundert
[Bearbeiten] Vereinigung von oben
In den meisten Fällen ging die Initiative von der staatlichen Obrigkeit aus – der Landesherr war nach deutschen Staatskirchenrecht ja zugleich Bischof seiner evangelischen Landeskirche(n).
So wurde aus lutherischen und reformierten Gemeinden 1817 die "Evangelischen Kirche in Preußen" (später Evangelische Kirche der altpreußischen Union bzw. "Evangelische Kirche der Union") zusammengeschlossen. Gegen diese von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen verordnete Union wandten sich die – später abwertend als Altlutheraner bezeichneten – lutherischen Bekenntnisgemeinden mit ihren Pfarrern.
In weiteren Ländern wurden lutherische und reformierte Kirche zu unierten Kirchen zusammengeschlossen, so etwa in Baden (Unionsurkunde von 1821), Hessen, Nassau und in der Pfalz.
[Bearbeiten] Vereinigung von unten
In einigen wenigen Fällen kam es auch zu einer Vereinigung der Kirchen von unten. Dazu zählt die Hanauer Union. Hier vereinigen 1818 auf einer Synode für den Bereich der ehemaligen Grafschaft Hanau, damals Bestandteil des Kurfürstentums Hessen, 59 reformierte und 22 lutherische Pfarrer sowie zahlreiche Kirchenälteste ihre Gemeinden zu einer Unierten Kirche. Diese Union wird auch „Buchbinderunion“ genannt, weil man – aus ökonomischen Gründen – einfach den reformierten Heidelberger Katechismus und Luthers Katechismus in einem Buch zusammenband und es den Gläubigen überließ, was sie verwendeten.
[Bearbeiten] Arten des Zusammenschlusses
Es handelt sich um eine Verwaltungsunion, wenn nur die Kirchenverwaltungen vereinigt werden, die einzelnen Gemeinden aber ihre unterschiedlichen Bekenntnisse behalten – so das genannte Hanauer Beispiel. Dagegen schafft die Bekenntnisunion eine neue Bekenntnisgrundlage für alle Gemeinden, indem bisher umstrittene theologische Fragen entschieden werden. Für die Evangelische Landeskirche in Baden etwa hat die Unionsurkunde von 1821 die Differenzen im Sakramentsverständnis der badischen Reformierten und Lutheraner beigelegt.
[Bearbeiten] Heutiger Stand
Ohne die Traditionsgrenzen zu verwischen, ist eine Überwindung der gegenseitigen konfessionellen Verwerfungen zwischen Reformierten und Lutheranern immer ein besonderes Anliegen der unierten Kirchen gewesen. Das schließt auch ein besonderes Interesse am ökumenischen Dialog ein.
Die unierten Kirchen gründeten nach dem Zweiten Weltkrieg die "Arnoldshainer Konferenz", welche zum 1. Juli 2003 in der Union Evangelischer Kirchen aufging.
Auch außerhalb Deutschlands gibt es unierte Kirchen. Neben rein organisatorischen Verwaltungsunionen wie der "Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Österreich" gibt es auch wirkliche Bekenntnisunionen, so etwa die "United Church of Christ" in den USA oder die "United Church of Canada".
Auf dem indischen Subkontinent gibt es vier unierte Kirchen, die sowohl der Anglikanischen Kirchengemeinschaft als auch dem Weltrat methodistischer Kirchen angehören: die Church of South India, Church of Pakistan, Church of Bangladesh und die Church of North India. Diese vier Kirchen bestehen aus Presbyterianern, Methodisten und Anglikanern und vereinigten sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrunderts.
Im ökumenischen Sprachgebrauch ist zwischen "united" und "uniting" zu unterscheiden. Die "united" churches sind bereits vereinigt, die "uniting" churches befinden sich in der Regel noch im Vereinigungsprozess (ausgenommen z.B. die Uniting Church in Australia).
[Bearbeiten] Weltweite Beispiele für unierte Kirchen
- United Church of Christ (USA) (aus lutherischer, reformierter und kongregationalistischer Tradition)
- United Church of Canada (aus methodistischer, presbyterianischer und kongregationalistischer Tradition)
- Uniting Church in Australia
- Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder in der Tschechischen Republik
[Bearbeiten] Unierte Landeskirchen innerhalb der EKD
- Evangelische Landeskirche Anhalts in Dessau
- Evangelische Landeskirche in Baden in Karlsruhe
- Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz in Berlin, am 1. Januar 2004 entstanden aus:
- Bremische Evangelische Kirche in Bremen
- Evangelische Kirche in Hessen und Nassau in Darmstadt
- Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck in Kassel
- Evangelische Kirche der Pfalz in Speyer
- Pommersche Evangelische Kirche in Greifswald
- Evangelische Kirche im Rheinland in Düsseldorf
- Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen in Magdeburg
- Evangelische Kirche von Westfalen in Bielefeld