Transzendentale Dialektik

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Die tranzendentale Dialektik ist der zweite Hauptteil der transzendentalen Logik aus der Kritik der reinen Vernunft von Immanuel Kant.

Die transzendentale Dialektik widmet sich den klassischen Streitfragen der metaphysica specialis. Bereits in der Vorrede der Kritik schreibt Kant: „Die menschliche Vernunft hat das besondere Schicksal ..., dass sie durch Fragen belästigt wird, die sie nicht abweisen kann, denn sie sind ihr durch die Natur der Vernunft selbst aufgegeben, die sie aber auch nicht beantworten kann, denn sie übersteigen alles Vermögen der menschlichen Vernunft.“

Wie kommt es zu diesem transzendentalen Schein? Die Vernunft ist das Vermögen der Einheitsstiftung durch Schließen. Als solches schließt sie vom gegebenen Bedingten auf die Existenz einer ersten Bedingung (etwa einer Ursache), die selbst unbedingt ist. Zu scheinbar empirisch-materialen „Erkenntnissen“ über die Seele, Welt und Gott gelangt sie über die drei formal-logischen Arten zu schließen (kategorisch, hypothetisch, disjunktiv). Der Schein ergibt sich, wenn diese reinen Vernunftideen als reale Gegenstände gedeutet werden.

Die reinen Vernunftideen nennt Kant auch regulative Prinzipien. Die Vernunft leitet den Verstand auf ähnliche Weise, wie dieser die Sinnlichkeit. Der entscheidende Unterschied ist, dass die Vernunft dem Verstand nur Regeln gibt, wie er verfahren soll. Diese Sollvorschriften weisen scheinbar auf ein im Unendlichen und außer uns liegendes Ziel. Da sie nach Kant jedoch in unserer Vernunft liegen, also in uns, können sie dem nach Erkenntnis strebenden Denken eine Richtung geben, nicht aber einen Inhalt.

[Bearbeiten] Paralogismen

Entsprechend der kategorischen, unbedingten Art zu schließen entspringt die Idee einer unbedingten, allen unseren Vorstellungen zugrunde liegenden Einheit des denkenden Subjekts, die psychologische Idee der Seele. Dieser wird Substantialität, Immaterialität und schließlich Unsterblichkeit zugeschrieben. Der Missverstand liegt darin, dass die Einheit des Bewusstseins (das „Ich denke!“) für die Anschauung des Subjekts, also als Objekt, genommen wird und darauf die Kategorie der Substanz angewandt wird.

[Bearbeiten] Antinomien

Der hypothetischen, bedingten Art der Verknüpfung von Urteilen entspringt das Bestreben, aus der endlosen Reihe der bedingten Erscheinungen zu einer unbedingten Einheit der Erscheinungen zu gelangen, zur kosmologischen Idee eines Weltganzen. Es handelt es sich um vier mögliche Fehlschlüsse, die Antinomien. Der zentrale Fehler liegt in einem Trugschluss der Redeform: In Obersatz und Untersatz wird ein formal identischer, aber material unterschiedlicher Begriff des Bedingten verwendet. Es handelt sich nicht um logische Oppositionen, sondern um dialektische. Bei der Auflösung der beiden ersten, der mathematischen Antinomien, ergibt sich die Erkenntnis, dass Thesis und Antithesis falsch sind, denn sie argumentieren dogmatisch und behandeln die Erscheinungen als wären sie Dinge an sich. Hinsichtlich der Auflösung der beiden letzten, der dynamischen Antinomien, ist es möglich, dass Thesis und Antithesis zugleich wahr sind. Während die Thesis sich auf die Dinge an sich bezieht, erörtert die Antithesis die Welt der Erscheinungen. So sind die Freiheit des Handelns und die Existenz eines notwendigen Wesens zumindest denkbar.

Weitere Vertiefung unter: Antinomien der reinen Vernunft

[Bearbeiten] Gottesbeweis

Der disjunktiven, ausschließenden Art der Verknüpfung entspringt die Idee einer unbedingten Einheit aller Gegenstände des Denkens überhaupt, die Idee eines höchsten Wesens, die theologische Idee Gottes. In der Erörterung der drei klassischen Gottesbeweise, stellt sich heraus, dass der eigentliche Beweisgrund im ontologischen Argument liegt. Denn der kosmologische Beweis kann von der unterstellten, absolut notwendigen Existenz eines Wesens nur auf das höchste Wesen übergehen, wenn dieses selbst als unbedingt notwendig nachgewiesen werden kann, und der physiko-theologische Beweis gelangt nur zu einem Weltbaumeister, nicht aber zu einem absolut notwendigen Wesen. Der Fehler des ontologischen Beweises liegt im Gedanken der notwendigen Existenz. Ihm können wir nur entrinnen, wenn wir den Gedanken der Notwendigkeit und dem ihm korrespondierenden der Zufälligkeit nicht als Bestimmungen der Dinge, sondern als regulative Prinzipien der Vernunft auffassen. Gott kann gedacht, aber nicht erkannt werden.

[Bearbeiten] Vom regulativen Gebrauch der Ideen

Wenn die Ideen keine Erkenntnis liefern, so bleibt zu fragen, ob ihnen nicht gleichwohl ein Nutzen zukommt. Kant argumentiert, dass den Ideen ein regulativer Nutzen zukomme - nämlich, indem sie den Verstand anleiteten und mithälfen, die Erkenntnis systematisch zu ordnen.

Als theoretische Wissenschaft ist Metaphysik nur im Sinne einer Metaphysik der Erfahrung und das heißt als Metaphysik der Natur möglich. Eine Metaphysik der Freiheit ist nur als praktische Disziplin möglich, in deren Gefolge dann eine praktische Theologie, eine "Moraltheologie" wie Kant sie nennt, ausgearbeitet werden könnte.