Tory Island
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Tory Island (irisch: Toraigh) ist eine etwa 12 km vor der Küste Donegals im Nordwesten Irlands gelegene Insel mit knapp 200 Einwohnern.
Sie ist durch Fährverbindungen von Magheroarty und Bunbeg mit der irischen Hauptinsel verbunden.
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[Bearbeiten] Name der Insel
Über die Bedeutung des Namens gibt es geteilte Ansichten. Einerseits liegt es nahe, von Toraigh auf das irische Wort túr zu schließen, das Turm bedeutet. Deidre Flanagan und Laurence Flanagan, die Autoren eines Standardwerks über die Bedeutung irischer Ortsnamen, übersetzen daher den Namen mit Insel der Türme. Die Türme könnten sich dabei auf die turmartigen Klippen im Nordosten der Insel beziehen. Cóilin MacLochlainn hat in seinem Werk über Tory Island eine andere Hypothese, die davon ausgeht, dass sich der Name entweder von túr rí (Turm des König) oder tor rí (Felsen des Königs) ableitet, wobei diese Bezeichnungen Bezug nehmen könnten auf Könige aus der keltischen Mythologie wie etwa Conan oder Balor.
[Bearbeiten] Geographie
Die Insel liegt etwa 12 km entfernt von der irischen Hauptinsel. Sie ist etwa vier Kilometer lang in Ost-West-Richtung und rund ein Kilometer breit. Im Nordosten ist die Insel sehr stark zerklüftet mit vielen tiefen Buchten rund um die höchste Erhebung der Insel, dem Dún Bhaloir mit 88 m Höhe. Entsprechend der Verteilung der nutzbaren Agrarflächen gibt es zwei Ansiedlungen auf der Insel. West Town (irisch: Baile Thiar) liegt an der südlichen Hafenbucht, etwa in der Mitte der Insel. Nahe am Ostende der Insel liegt East Town (irisch: Baile Thoir). An der Westspitze der Insel ist ein Leuchtturm. Es gibt einige kleinere Frischwasserseen auf der Insel. Zwei der Seen, Loch Ó Thuaidh, der nahe beim Leuchtturm liegt, und Loch Ó Thoir, der südlich von East Town liegt, dienen als Trinkwasser-Speicher. Im Süden des westlichen Teils der Insel liegt die Lagune Loch Ó Dheas, die auch bei Hochwasser keine Verbindung zum Meer hat.
[Bearbeiten] Geschichte
Es bleibt unbekannt, wann genau Tory zum ersten Mal besiedelt worden ist. Aufgrund eines megalithischen Grabs etwas östlich von West Town lässt sich davon ausgehen, dass die Insel seit mindestens 4.500 Jahren besiedelt worden ist, wobei längere Unterbrechungen sich nicht ausschließen lassen. Leider ist das megalithische Grab nicht mehr erhalten, da es Ende des 19. Jahrhunderts zerlegt wurde, um die Steine für die Mauer um den Leuchtturm zu verwenden. Erhalten geblieben ist uns nur eine Beschreibung von Edmund Getty, einem Antiquar aus Belfast, der Tory in den 1840er Jahren besuchte.
In der Eisenzeit, insbesondere im 2. und 3. Jahrhundert vor Christus, entstanden in Irland sehr viele Befestigungen auf gut zu verteidigenden Landvorsprüngen, die nur über eine schmale Landzunge oder steile Klippen zu erreichen waren. Auf Tory bot sich hierfür Dún Bhaloir an, das auf drei Seiten von gut 80 m hohen Klippen umgeben ist. Dies wird in der Tradition mit dem sagenumwobenen König Balor in Verbindung gebracht, der gemäß den Legenden von Tory aus die Küste der Hauptinsel Irlands regelmäßig überfiel, bis er schließlich den Tuatha Dé Danann unterlag.
Entsprechend der Überlieferung aus der Handschrift Leabhar Breac bereiste Columban von Iona ausgehend von Assaroe (irisch: Ess Rúaid) den Donegal und gründete dabei zahlreiche Kirchen. Gegen Ende seiner Reise kam Columban auch nach Tory, um dort ein Kloster zu gründen, das er unter die Aufsicht von Ernaine stellte, einem seiner älteren Schüler. Das genaue Gründungsjahr ist nicht bekannt, aber die Angaben aus Leabhar Breac legen nahe, dass die Gründung noch vor Columbans Überfahrt nach Iona 562 erfolgte.
615 kam es zu einem Überfall durch eine Flotte, bei der viele umkamen und die gesamte Klosteranlage zerstört wurde, die erst nach sechs Jahren wieder fertiggestellt werden konnte. Eine weitere Entweihung der Kirche hatte die Gemeinschaft 734 zu ertragen, als Dungal, König von Dalriada, Tory überfiel.
Wie viele andere frühchristliche Klöster Irlands diente Tory auch als Schule. So verzeichnen die Annalen der vier Meister den Tod von Soerghus als Lehrer und Verwalter von Tory im Jahr 1041. Ein weiterer überlieferter Verwalter ist Maelcolum O'Bronan, der 1202 verstarb.
Nach der Reformation und der blutigen Durchsetzung englischen Rechts in Irland wurde das abgelegene Tory zu einer wichtigen Zufluchtsstätte. So nahmen die Inselbewohner einige Überlebende der spanischen Armada bei sich auf und gewährten Flüchtlingen aus dem blutigen Krieg in Tyrone 1593-1603 Asyl. Das war wahrscheinlich der willkommene Anlass für George Oge Bingham, Sohn des Governeurs von Connacht in Sligo, Tory 1595 zu überfallen, auszuplündern und rücksichtslos zu verwüsten. Dessen ungeachtet wurden die im Widerstand gegen die Plantation unterlegenen Überlebenden aus der Schlacht von Kilmacrennan als Flüchtlinge aufgenommen. Die Zuflucht wurde jedoch verraten, und 1608 kam es auf dem halben Wege zwischen West Town und East Town zu einem Massaker der 60 Überlebenden auf Tory durch englische Truppen unter der Leitung von Sir Henry Foillot, Sir Ralph Bingley und Captain Gore.
In der Folge wurde 1609 die Insel vom englischen König annektiert. 1653 wurde im Auftrage von Oliver Cromwell eine Garnison auf Tory errichtet, und einer der Offiziere, Captain John Stafford, erhielt die Insel als Besitz. Obwohl die Überlieferung ihm die endgültige Zerstörung des Klosters nachsagt, ist davon auszugehen, dass nach den vorherigen Überfällen nicht mehr viel erhalten geblieben ist. Eine Inspektion aus den Jahren 1654-56 berichtet von fünf Kirchen, die weitgehend zu Ruinen geworden seien, nur eine Kirche sei noch benutzbar.
Tory wurde zu einer landwirtschaftlich geprägten Ansiedlung, die insbesondere durch den Anbau von Kartoffeln beginnend mit dem Anfang des 18. Jahrhunderts eine sehr viel größere Population ernähren konnte. Entsprechend einer Volkszählung aus dem Jahre 1841 lebten zum damaligen Zeitpunkt 399 Einwohner auf Tory.
Die nachhaltige Versorgung vieler Menschen auf engem Raum mit begrenzten Ressourcen war nur möglich mit einem ausgefeilten aus Schottland stammenden System (rundale and clachan) zur gemeinschaftlichen Nutzung. Bei diesem System entstanden kleine Häuseransammlungen (clachan) mit intensiv bewirtschafteten kleinen von Mauern umgrenzten Gärten, die von langen schmalen freien Feldern umgeben waren, die sich vom Zentrum an den Rand des Areals erstreckten. Während jede Familie ihren eigenen durch eine Mauer geschützten Garten hatte, wurden die streifenförmigen Felder regelmäßig neu an die einzelnen Familien vergeben, so dass eine faire Aufteilung aller Ressourcen möglich war. Für die Düngung der Gärten wurde Dung und am Strand gewonner Seetang verwendet. Diese im 19. Jahrhundert entstandene Siedlungs- und Felderstruktur ist bis heute auf Tory erhalten geblieben. East Town und West Town sind zwei Beispiele solcher getrennter Häuseransammlungen, die ein gemeinsames Dorf bilden mit einer Schule und einer Kirche.
Tory war glücklicherweise nicht direkt von der großen Hungersnot in Irland betroffen, da die Sporen des Phytophthora infestans nicht bis zur Insel vordrangen. Dennoch gelangte das Rundal-System an seine Grenzen, da bei der sich vermehrenden Bevölkerung die Anteile immer kleiner wurden. Etwas Abhilfe brachte die Anpassung des Erbrechts, die den Verlust des Erbes bei Auswanderungen oder Reduzierung des Erbanteils bei Heiraten vorsah. Entsprechend der damaligen Politik, alte gemeinschaftliche landwirtschaftliche Systeme durch Landaufteilungen zu ersetzen, versuchte in den 1840er Jahren der Landeigentümer John Oban Woodhouse, das Land in 34 Anteile aufzuteilen, und erzwang dazu den Umzug von über 100 Bewohnern auf die irische Hauptinsel. Dennoch wurde die neue Aufteilung von den verbleibenden Bewohnern schlicht ignoriert und das bewährte Rundale-System fortgeführt.
Der nachfolgende Eigentümer war Benjamin Joule, ein Geschäftsmann aus Manchester, der die Insel 1861 kaufte. Allerdings blieben die Einnahmen weit unter seinen Erwartungen, und ab 1872 blieben jegliche Zahlungen aus. Um die Zahlungen einzutreiben bzw. die Zahlungsunwilligen von der Insel zu vertreiben, wurde 1884 das britische Kanonenboot HMS Wasp von Westport geschickt, das jedoch tragisch an den Klippen an der Westspitze der Insel strandete, so dass 52 ihr Leben ließen und nur sechs überlebten. Danach gab es keine weiteren Versuche mehr, Abgaben von den Inselbewohnern einzutreiben.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts ging die Bevölkerung kontinuierlich durch Auswanderungen zurück und wurde mehr und mehr abhängig von der Hauptinsel. Dies bewog in den 70er Jahren die Grafschaft Donegal, eine vollständige Umsiedlung aller Bewohner von Tory anzustreben. Dies geschah durch das Angebot von Häusern auf der Hauptinsel für Umzugswillige und das Zurückfahren öffentlicher Mittel für die Insel selbst. Die Bewohner organisierten sich jedoch selbst in einer Kooperative, der Comharchumann Thoraí, und kümmerten sich selbst um den Straßenbau, die Wasser- und Stromversorgung und widerstanden so dem Druck des Rats von Donegal. Hinzu kam eine Förderung der eigenen Identität durch die Einrichtung einer Schule für lokale Künstler von Patsy Dan Mac Ruaidhrí, der in Anlehnung alter Traditionen auf der Insel zum König gewählt worden ist. Zum wirtschaftlichen Schwerpunkt wurde der Tourismus, der durch ein 1994 eröffnetes Hotel, eine Reihe von Fremdenzimmern und eine seit 1995 regelmäßig verkehrende Fährlinie möglich wurde.
[Bearbeiten] Sehenswürdigkeiten
Den von der See kommenden Besucher erwartet sogleich im Hafen ein Hochkreuz in T-Form (sogenanntes Tau-Kreuz), das etwa 1,9 m hoch, 0,4 m breit und etwa 15 cm dick ist. Südwestlich vom Tau-Kreuz, in einem ummauerten Friedhof, befindet sich der St. Johannes gewidmete Altar, der unter anderem zwei Bruchstücke einer Kreuzstele aus dem 12. Jahrhundert beherbigt. Weiter in südwestlicher Richtung ist der 12,8 m hohe, früher als Glockenturm genutzte Rundturm mit einem Umfang von 15,7 m. Am Westende von West Town befinden sich direkt am Wege die Reste einer der mittelalterlichen Kirchen von Tory.
[Bearbeiten] Primäre Quellen
- Betha Choluim Chille aus der Handschrift Leabhar Breac, übersetzt ins Englische von Whitley Stokes mit dem Titel On the Life of St. Columba. Der Text selbst ist vermutlich im 11. Jahrhundert entstanden und basiert wahrscheinlich auf ausführlicheren Fassungen der Biographie des Columban aus dem 9. oder 10. Jahrhundert. Der Text nennt ausdrücklich Columban als Klostergründer von Tory.
- Annalen der vier Meister mit den Einträgen M612.4, M616.3, M1041.3, M1130.8, M1202.2, M1517.2, M1551.3 und M1595.10.
- Annalen von Ulster mit den Einträgen U617.1, U733.1 und U1203.1.
- Annalen von Tigernach mit den Einträgen T616.1, T621.5, T733.1 und T1130.1.
[Bearbeiten] Sekundärliteratur
- John Ryan: Irish Monasticism, 1931, Talbot, Dublin.
- Aubrey Gwynn und R. Neville Hadcock: Medieval Religious Houses Ireland, 1970, Longman, London. ISBN 0582-11229-X.
- Brian Lacy: Archaeological Survey of County Donegal, Donegal County Council, 1983. ISBN 0-9508407-0-X.
- Deirdre Flanagan und Laurence Flanagan: Irish Place Names 1994, Gill & Macmillan. ISBN 0-7171-2066-X.
- F.H.A. Aalen et al (Hrgb.): Atlas of the Irish Rural Landscape, 1997, ISBN 1-85918-095-7. (Hier findet sich ab Seite 80 eine genaue Beschreibung des Rundale-Landsystems, das auf Tory zum Einsatz kam.)
- Daniel P. Mc Carthy: The Chronology of the Irish Annals, 1998, Proceedings of the Royal Irish Academy, Band 98C, Seiten 203-255. Der Artikel und das zugehörige Tabellenwerk im Web (Alle Jahresangaben, die aus den Annalen stammen, wurden entsprechend dieses Tabellenwerkes korrigiert.)
- Cóilin MacLochlainn: Tory Island, Comharchumann Thoraí Teo (Kooperative von Tory Island), 2003.
[Bearbeiten] Weblinks
Koordinaten: 55° 15' n. Br., 8° 13' w. L.