Thingspiel

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Das Thingspiel war eine nationalsozialistische Theaterform, die vor allem zu Beginn der Hitlerzeit in Deutschland besonders populär war und vom Regime gefördert wurde.

Während die meiste Propagandakunst des Nationalsozialismus eher traditionell war, betrachten viele das Thingspiel als eine originelle Kunstform, die dem Faschismus gut passte. Als Vorbild dienten die Arbeiter-Massenfestspiele der Kommunisten, die bereits seit Anfang der 1920er Jahre zu Gewerkschaftsfeiern o.ä. aufgeführt wurden. Thingspiele waren Bühnenwerke mit oft hunderten Schauspielern und tausenden Zuschauern, manchmal sogar mit tausenden Spielern und Zehntausenden Zuschauern. So wurde im Oktober 1933 in Berlin-Grunewald ein Thingspiel aufgeführt mit nicht weniger als 17.000 Schauspielern, alle SA-Mitglieder, und 60.000 Zuschauern. Das Publikum nahm an diesen Massenszenen auch aktiv teil, womit die traditionelle Grenze zwischen Podium und Publikum manchmal aufgehoben wurde. In traditionellen Theatern konnten solche Stücke nicht aufgeführt werden.

Als Thema hatten die Thingspiele immer die deutsche Geschichte, besonders die Geschichte von 1918 bis zur Machtübernahme 1933. Gezeigt wurde, wie das Volk (die allermeisten Spieler) sich allmählich befreite und etwa wie ein griechischer Chor dargestellt wurde. Nur wenige Spieler hatten Einzelrollen: meistens waren das die Chorführer. Das Thingspiel übertrug so die faschistische Ideologie auf die Bühne.

Das bekannteste und meist gespielte Thingspiel war das Frankenburger Würfelspiel von Eberhard Wolfgang Möller aus dem Jahr 1936, welches bei den Olympischen Sommerspielen 1936 aufgeführt wurde. Andere Thingspielautoren waren Richard Euringer und Kurt Heynicke.

Bereits nach wenigen Jahren ging das Interesse des Publikums an Thingspielen deutlich zurück, stattdessen boomte das Interesse an den damals neuen Medien Film und Rundfunk mit ihrem Unterhaltungsangebot. Die NS-Führung mit dem Reichspropagandaminister Joseph Goebbels erkannte sehr schnell, dass Film und Radio wesentlich bessere Möglichkeiten der Massenbeeinflussung boten als die schwer konsumierbaren und oft recht plakativ ideologisch überladenen Thingspiele. Schon ab 1936 wurden die Thingspiele von Goebbels und der Reichskulturkammer nicht mehr gefördert und führten von da an nur noch ein Schattendasein bei der Hitlerjugend und in eher sektiererischen Splittergruppen innerhalb der NSDAP wie der Artamanen.

Siehe auch: Thing

[Bearbeiten] Quelle

• Wolfgang Beutin u.a.: Deutsche Literaturgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart, Verlag J.B. Metzler, Stuttgart/Weimar, 2001:, S. 439

[Bearbeiten] Literatur

• Emanuel Gebauer: Fritz Schaller. Der Architekt und sein Beitrag zum Sakralbau im 20. Jahrhundert. (= Stadtspuren - Denkmäler in Köln; Bd. 28). Bachem, Köln 2000, ISBN 3-7616-1355-5 (zugl. Dissertation, Universität Mainz 1994 unter dem Titel: Das Thing und der Kirchenbau. Fritz Schaller und die Moderne 1933–1974), enthält Kapitel über den Bau der Thingstätten zu Beginn des Nationalsozialismus
• Meinhold Lurz: Die Heidelberger Thingstätte. Die Thingbewegung im Dritten Reich. Kunst als Mittel politischer Propaganda. (= Veröffentlichungen zur Heidelberger Altstadt; 10) Schutzgemeinschaft e. V. Heiligenberg, Heidelberg 1975