Staatsgebiet
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Das Staatsgebiet oder Hoheitsgebiet ist neben dem Staatsvolk und der Staatsgewalt eines der drei Elemente eines Staates im völkerrechtlichen Sinne. Es ist der territoriale Bereich, in dem sich die Staatsgewalt über die dort lebenden Menschen entfaltet, als der Schauplatz der staatlichen Herrschaft (E. Zitelmann).
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[Bearbeiten] Rechtliche Bedeutung
Unter juristischem Aspekt ist das Staatsgebiet ein räumlicher Geltungsbereich bestimmter Rechtsnormen (Kompetenzenbereich). Dadurch ist aber nicht gesagt, dass der Geltungsbereich aller staatlichen Normen auf das Territorium beschränkt sein müssen (z.B. Verfolgung von im Ausland begangener Straftaten von eigenen Staatsangehörigen nach dem eigenen Strafgesetz). Hingegen sind die Kompetenzen des Territorialstaates zur Vornahme von Hoheitsakten - z.B. zum Erlass und zur Vollstreckung von Gerichtsurteilen aus den genannten Strafgesetzen - auf das eigene Staatsgebiet beschränkt.
Damit ist nicht die Gebietshoheit gemeint. In der Regel fallen aber beide Begriffe zusammen. Ein Beispiel für ein von der Gebietshoheit abweichendes Staatsgebiet ist Guantanamo Bay auf Kuba. Es untersteht der Gebietshoheit der USA, die territoriale Souveränität obliegt aber Kuba.
Die souveräne staatliche Herrschaft im Staatsgebiet hat eine positive und eine negative Seite:
- Positiv beinhaltet sie, dass prinzipiell jeder, der sich im Staatsgebiet befindet, der Staatsgewalt unterworfen wird. Das schließt nicht aus, dass der Staat selber kraft seiner eigenen Staatsgewalt in Erfüllung einer völkerrechtlichen Verbindlichkeit z.B. fremde Diplomaten von seinen hoheitlichen Zugriffen ausnimmt und ihnen Exterritorialität gewährt oder verkehrstechnisch schlecht erreichbare Teile seines eigenen Staatsgebietes dem Währungs- und Wirtschaftsgebiet eines Nachbarstaates unterstellt.
- Negativ bedeutet sie, dass innerhalb des Staatsgebietes keine Hoheitsgewalt ausgeübt werden darf, die nicht von der staatlichen Regelungsgewalt abgeleitet ist. Gleichwohl kann er jedoch bestimmten Institutionen Hoheitsbefugnisse auf seinem Territorium verleihen (z.B. Kirchen zur Erhebung von Kirchensteuern) oder anderen Staaten Hoheitsbefugnisse auf seinem Territorium einräumen oder supranationalen Organisationen (z.B. der Europäischen Gemeinschaft) die Befugnis verleihen, Rechtsakte mit unmittelbarer innerstaatlicher Wirkung vorzunehmen.
[Bearbeiten] Sozialwissenschaftlicher Aspekt
Unter sozialwissenschaftlichem Aspekt ist das Staatsgebiet ein wichtiges Moment der Integration einer Gemeinschaft. Diese Funktion erfüllt es etwa als gemeinsame Heimat, als gemeinsam erlebte Natur- und Kulturlandschaft, als Betätigungsfeld gemeinsamer kultureller und zivilisatorisch-technischer Wirksamkeit und Tüchtigkeit und als Boden gemeinsamen politischen Schicksals.
[Bearbeiten] Umfang und Grenzen des Staatsgebiets
Das Staatsgebiet erstreckt sich nicht nur über die (zweidimensionale) Fläche, sondern auch auf den (dreidimensionalen) Raum. Notwendige Bedingung für die Zurechnung eines Raumes zum Staatsgebiet ist die faktische Möglichkeit seiner Beherrschbarkeit.
Ober- und unterirdisch reicht die rechtliche Territorialhoheit deshalb nur so weit, wie die staatliche Betätigung technisch vorzudringen vermag. Gleichwohl gehört nicht jeder Raum, der faktisch beherrschbar wäre, zum Staatsgebiet. Diskutiert wird etwa, die Territorialgewalt auf den Luftraum zu begrenzen und nicht - trotz faktischer Beherrschbarkeit - auf den Weltraum auszudehnen; der Weltraum wäre also staatsfrei. Jedenfalls erstreckt sich das Staatsgebiet in kegelstumpfartiger Form bis zur sogenannten Kármán-Linie in etwa 100 km Höhe, dann beginnt der Weltraum. In die Erde hinein könnte sich das Staatsgebiet konisch theoretisch bis zum Erdmittelpunkt erstrecken.
Das Landgebiet eines Staates ist die Festlandoberfläche mitsamt der Inseloberflächen. Auch die Binnengewässer, Flussmündungen, Hafenanlagen, Buchten oder Fjorde werden hier hinzugerechnet. Als Landgrenze zwischen zwei Staaten fungieren gedachte Linien, die entweder durch geographische Beschreibung (Bergkamm, Längen- oder Breitengrad usw.) oder durch künstliche Abmarkung festgelegt sind.
[Bearbeiten] Spezialfall Flussgrenze
Soll ein Fluss eine Grenze sein, verläuft die Grenzlinie bei nichtschiffbaren Flüssen auf der Mittellinie zwischen beiden Ufern, bei schiffbaren Flüssen auf dem Talweg, d.h. auf der tiefsten zusammenhängenden Rinne des Flußbettes. Verändert sich der Flusslauf "maßgeblich", das heißt er sucht sich ein völlig neues Bett, verbleibt die Grenze im alten Flussbett. Bei "geringfügigen" Veränderungen (an einem Ufer gehen einige Meter verloren, am anderen erscheint eine Sandbank) wandert die Grenze mit der Veränderung mit. Flussinseln werden wie offenes Wasser behandelt und dem näheren Ufer zugerechnet bzw gegebenenfalls geteilt. Da viele Flüsse sich laufend verändern und vielerlei Inseln, Seitenarme, etc. bilden, entstehen mitunter völlig chaotische Grenzführungen. Beispielsweise zwischen Kroatien und Serbien. Grenzkonflikte zwischen diesen Staaten, sowie am Amur zwischen Russland und China oder zwischen den beiden Kongos können vertraglich nicht gelöst werden. Deshalb geht man zu Punktgenauen Grenzziehungen mittels Satelitentechnik über und nach jeder Veränderung werden Gebiete getauscht. Bei Binnengewässern mit verschiedenen Anliegerstaaten ist ebenfalls die Mitte zwischen beiden Ufern maßgeblich. Sowohl bei Flussgrenzen wie auch bei Grenzen in Binnengewässern können jedoch anderweitige völkerrechtliche Vereinbaungen getroffen werden. Trocknet der Fluss aus bleibt die Grenze natürlich erhalten.
[Bearbeiten] Sonderformen
Das Landgebiet eines Staates kann Gebiete umfassen, die räumlich abgetrennt von seinem Kerngebiet liegen (Exklave); ebenso kann es Landgebiete fremder Staaten umfassen (Enklave), die daher nicht mehr zu seinem Staatsgebiet gehören. Mitunter werden diese Gebiete mit einem Korridor mit dem Mutterland verbunden. Der Verbindungsweg gehört zum Hoheitsgebiet eines Staates, wird aber vom anderen Staat verwaltet. Binnenstaaten wie etwa Bolivien haben oftmals Vereinbarungen getroffen, in einem angrenzenden Küstenstaat einen Freihafen zu betreiben. Ihr Seehandel unterliegt somit nicht mehr der Zollpolitik des Küstenstaates. Diplomatische Gebäude werden oft fälschlich als "exterritorial" bezeichnet, sie unterstehen völkerrechtlich dem Aufenthaltsstaat und sind lediglich immun. Tatsächlich sind nur die Gebäude der Vereinten Nationen juristisch exterritorial.
[Bearbeiten] Seegrenze
Zur See hin nimmt die Gebietshoheit stufenweise ab. Der innerhalb der Basislinie (die Linie, die sich durch den Wasserstand bei mittlerem Niedrigwasser ergibt; vgl. Art. 5 des UN-Seerechtsübereinkommen - SRÜ - von 1982) liegende Bereich ist uneingeschränkt Staatsgebiet. An stark zerklüfteten Küsten kann die Basislinie auch aus einer geraden Linie bestehen, die dem generellen Verlauf der Küste folgt und durch deutlich erkennbare Punkte markiert ist (Art. 7 SRÜ). Buchten und Meeresarme mit einer Öffnung zum offenen Meer von weniger als zwölf Seemeilen zählen völkerrechtlich zu den Inneren Gewässern. Die Basislinie läuft von einer Landzunge zur anderen und schneidet die Bucht von den Küstengewässern ab. Bilden vorgelagerte Inseln eine "Parallelküste", daher ein Seitenmeer, das an keiner Stelle in einer Breite von 12 Seemeilen mit dem offenen Meer verbunden ist, so gehört das eingeschlossene Gewässer ebenfalls zu den Inneren Gewässern. (In diesen haben ausländische Schiffe nicht einmal das Recht auf friedliche Durchfahrt.)
Die Gewässer zwischen der Basislinie bis maximal 12 Seemeilen (etwa 22 km) ins Meer hinaus stellen die Küstengewässer dar (vgl. Art. 3 SRÜ), welche auch zum Staatsgebiet gehören. Dies ist wiederum weniger, als sich heute faktisch beherrschen ließe. Ursprünglich orientierte sich die Breite der Küstengewässer an der Kontrollierbarkeit des Meeresgebiets mit Geschützfeuer von Land aus (nach der Überlegung potestatem terrae finiri, ubi finitur armorum vis, übersetzt etwa: Die territoriale Souveränität endet dort, wo die Kraft der Waffen endet). So hatte man ursprünglich eine Drei-Seemeilen-Zone angesetzt. Als Folge der Ausweitung der Küstengewässer wurden auch solche Meerengen zu staatlichem Hoheitsgebiet, die für den internationalen Verkehr wichtig sind; daher sehen Art. 37 bis 45 SRÜ eigene Durchfahrts- und Luftpasseregelungen für Meerengen und Archipelgewässer vor. Die Gebietshoheit eines Staates in seinen Küstengewässern ist generell dadurch beschränkt, dass er ausländischen Handelsschiffen und mit gewissen Modifikationen auch Kriegsschiffen die unschädliche Durchfahrt gestatten muss, und dass nur auf Grund weniger, eng begrenzter Tatbestände staatliche Zwangsgewalt gegen friedlich passierende ausländische Schiffe geübt werden darf (vgl. Art. 17 bis 31 SRÜ).
Manche Staaten beanspruchen bis zu 200 Seemeilen als Küstengewässer, was international aber nicht anerkannt wird. Jedenfalls können die Küstenstaaten diese Zone als Wirtschaftszone nutzen, in der sie das alleinige Recht zur wirtschaftlichen Ausbeutung einschließlich des Fischfangs haben (vgl. im einzelnen Art. 55 bis 75 SRÜ). Unabhängig davon besitzen die Staaten heute auch ein Recht auf Ausbeutung der Naturschätze auf und in dem ihrer Küste vorgelagerten Festlandssockel und auf Ausschluss anderer Staaten von solcher Ausbeutung (vgl. Art. 76 bis 83 SRÜ).
Unbestritten nicht mehr zum Staatsgebiet gehören die Gebiete der Hohen See. Allerdings erstreckt sich die Hoheitsgewalt des Staates auf solche Schiffe, die berechtigtermaßen seine Flagge führen; sobald solche Schiffe aber in einen ausländischen Hafen einlaufen, unterstehen sie der Staatsgewalt des Hafenstaates.
Siehe auch: Territorium, Staatsvolk, Staatsgewalt