Sensitivierung
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Sensitivierung [engl.: sensitization) bezeichnet die Zunahme der Stärke einer Reaktion bei wiederholter Darbietung desselben Reizes. Den gegenteiligen Prozess einer Abnahme der Reaktionsstärke ist die Habituation.
Sensitivierung wurde in einer Reihe von Laboruntersuchungen belegt. Beispielsweise zeigen Katzen bei wiederholter, schneller Darbietung eines kurzen elektrischen Schock an einem ihrer Gliedmaßen eine zunehmend stärkere motorische Reaktion.
Sensitivierung weist einige Merkmale auf:
I) Kurze zeitliche Dauer: Die Sensitivierung einer Reaktion ist in der Regel von kurzer Dauer. In den meisten Fällen genügt bereits ein Zeitintervall von mehreren Sekunden zwischen den Reizdarbietungen, um den Sensitivierungseffekt (also eine zunehmende Stärke) der Reaktion aufzuheben.
II) Reiz- und Reaktionsunspezifizität: Im Gegensatz zur Habituation ist Sensitivierung wenig reizspezifisch. Ist die Reaktion auf einen Reiz sensitiviert, so treten in der Regel auch andere Reaktionen auf andere Reize in verstärkter Form auf. Daraus schloss man, dass Sensitivierung eine Erhöhung eines generellen Erregungsniveaus (engl.: arousal) des Organismus bewirkt. Dieses generelle Erregungslevel bezeichnet man auch als state-system (Zustandssystem). Sensitivierung auf einen Reiz bewirkt eine Veränderung dieses state-system und führt zu einer generell gehobenen Bereitschaft des Organismus, auf Reize verstärkte Reaktionen zu zeigen. Belege für diese State-System-Theorie fand man in einem Experiment mit Ratten: Diese teilte man in zwei Gruppen. Die erste Gruppe befand sich in einem Käfig mit sehr leisen Hintergrundgeräuschen. Ihr wurden wiederholte sehr laute Töne dargeboten. Diese Töne führten anfangs zu einer starken Reaktion (startle-Reflex: eine kurzer Luftsprung), welche mit wiederholter Reizdarbietung abnahm. Die Reaktion dieser Gruppe habituierte also. Der zweiten Gruppe bot man dieselben lauten Töne dar, jedoch herrschte in ihrem Versuchskäfig gleichzeitig ein ebenfalls lautes, störendes Hintergrundrauschen. In dieser Gruppe beobachtete man eine Zunahme der Reaktion auf den lauten Ton mit wiederholter Reizdarbietung - also Sensitivierung. Dies führt man darauf zurück, dass die Ratten mit dem lauten Hintergrundgeräusch ein generell erhöhtes Erregungsniveau aufwiesen und ihre Reaktion auf den Ton deshalb sensitivierte. Somit lässt sich dieses Ergebnis mit der State-System-Theorie verbinden.