Schweizerische Neutralität
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[Bearbeiten] Begriff
Neutralität in der internationalen Politik bedeutet, dass ein Staat sich nicht an bewaffneten Konflikten zwischen anderen Staaten beteiligt.
[Bearbeiten] Das Neutralitätsprinzip
Das Prinzip der Neutralität ist einer der wichtigsten Aspekte des politischen Systems der Schweiz, das jedoch nicht explizit in der Verfassung festgehalten ist, im Gegensatz etwa zu Österreich.
Die schweizerische Neutralität ist selbstgewählt, dauernd und bewaffnet. Sie ist nicht ein Selbstzweck, sondern war immer ein Instrument der schweizerischen Außen- und Sicherheitspolitik. Der Inhalt und die Tragweite der schweizerischen Neutralität hat sich im Laufe der Geschichte immer wieder stark gewandelt und angepasst.
Seit der Niederlage in der Schlacht bei Marignano 1515 hatte sich die Eidgenossenschaft aus Konflikten herausgehalten. Sie war somit de facto neutral. Bedeutung erlangte diese Tatsache ein Jahrhundert später, als im Dreissigjährigen Krieg grosse Teile von Mitteleuropa in Mitleidenschaft gezogen wurden. Angesichts der Verwüstungen und dem damit verbundenen Leiden der Zivilbevölkerung beschlossen die Eidgenossen 1647 in der "Defensionale von Wil" die "immerwährende bewaffnetete Neutralität". Diese wurde ein Jahr später im Westfälischen Frieden von den europäischen Mächten bestätigt und war einer der Gründe, dass der Basler Bürgermeister Rudolf Wettstein die dejure-Loslösung vom Deutschen Reich durchsetzen konnte. Offiziell international anerkannt ist die Neutralität der Schweiz seit dem Wiener Kongress von 1815.
Die Neutralität der Schweiz ist das Resultat weniger einer prinzipiellen Friedensliebe, wie sie in der Gestalt des Bruder Klaus zum Ausdruck kommt, als der bitteren Notwendigkeit. Die Schlacht bei Marignano hatte gezeigt, dass die Schweiz zerbrechen würde, wenn sie sich weiter in die europäischen Konflikte insbesondere zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich einmischte bzw. hineinziehen ließ. Da die Schweiz einige der wichtigsten Alpenpässe kontrolliert, konnte sie als politisches Gebilde nur überleben, wenn sie diese neutral allen Interessenten zur Verfügung stellte. Verständlich wird die äußere Neutralität nur als zwingende Voraussetzung der inneren, national und sehr bald auch konfessionell zerklüfteten Einheit der Schweiz.
[Bearbeiten] Neutralitätsrecht und Neutralitätspolitik
Wenn man von Neutralität spricht, gilt es, Neutralitätsrecht und Neutralitätspolitik auseinanderzuhalten.
Das Neutralitätsrecht ist völkerrechtlich anerkannt und seit 1907 im Haager Neutralitätsabkommen kodifiziert und kommt im Falle eines internationalen bewaffneten Konflikts zur Anwendung. Im Wesentlichen enthält das Neutralitätsrecht die Pflicht zur Unparteilichkeit und Nichtteilnahme, sowie das Recht des neutralen Staates, durch den Konflikt unbehelligt zu bleiben.
Die Neutralitätspolitik kommt in Friedenszeiten zur Anwendung und soll die Glaubwürdigkeit und die Wirksamkeit der Neutralität sichern. Die Neutralitätspolitik ist flexibel und kann äußeren Umständen angepasst werden. Die Schweiz hat im Laufe ihrer Geschichte die Neutralität immer als Mittel zum Zweck gesehen, und die Neutralität dem jeweiligen außen- und sicherheitspolitischen Umfeld angepasst.
[Bearbeiten] Die Funktionen der schweizerischen Neutralität
Die Neutralität hatte laut Riklin [1] traditionell folgende Funktionen:
- Integration - damit ist die interne Funktion der Neutralität für den Zusammenhalt des Landes gemeint.
- Unabhängigkeit - die Neutralität sollte dazu dienen, die Eigenständigkeit der schweizerischen Außen- und Sicherheitspolitik zu sichern
- Handelsfreiheit
- Gleichgewicht - die Neutralität war der Beitrag der Schweiz zu der Stabilität auf dem europäischen Kontinent
- Gute Dienste
[Bearbeiten] Diskussion
Einige der traditionellen Funktionen sind insbesondere seit dem Ende des Kalten Krieges umstritten. Seit diesem Zeitpunkt wird in der Schweiz auch immer wieder diskutiert, ob die Neutralität noch zeitgemäß sei und wie sie heute umgesetzt werden sollte. Sehr umstritten ist beispielsweise die Teilnahme an wirtschaftlichen Sanktionen oder der Beitritt zu internationalen Organisationen wie der Europäischen Union.
[Bearbeiten] Literatur
- ↑ Riklin, Alois: „Funktionen der schweizerischen Neutralität“, in Passé pluriel. En hommage au professeur Roland Ruffieux, Fribourg, Editions universitaires, 1991, S. 361-394
- Kriesi, Hanspeter: Le système politique suisse. Paris: Economica, 1995
