Paul Hegelmaier
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Paul Hegelmaier (* 1. Juli 1847 in Tübingen; † 27. April 1912 in Stuttgart) war Staatsanwalt und von 1884 bis 1904 Oberbürgermeister der Stadt Heilbronn und Stadtplaner.
Hegelmaier realisierte während seiner Amtszeit in der wirtschaftlich prosperierenden Gründerzeit zahlreiche große Bauvorhaben, die das Gesicht der Stadt prägten: ein neues Konzept für das Industriegebiet, den Wilhelmskanal mit Schleuse, den Karlshafen, die Bahnlinie vom Salzwerk und zum Neckarsulmer Bahnhof und die Bottwarbahn mit Südbahnhof und Lerchenbergtunnel. Unter Hegelmaier wurde Heilbronn neu kanalisiert, an die Fernversorgung mit Elektrizität aus Lauffen angeschlossen, die elektrische Straßenbahn ging in Betrieb und die ersten Straßen wurden elektrisch beleuchtet. Weiter wurde während Hegelmaiers Amtszeit die Kilianskirche re-gotisiert[1], das Rathaus in Neorenaissancestil umgebaut, die Volksbibliothek im Kirchhöfle errichtet, der Durchbruch der Kaiserstraße zur Allee vollzogen und die neue Synagoge erbaut.
Hegelmaier wird als schillernde, selbstherrliche Gestalt der Stadtgeschichte beschrieben, die keine Konflikte mit dem Gemeinderat und der Bürgerschaft mied. Bis 1890 stellte er 47 Strafanzeigen gegen andere, selbst wurde er bis 1892 32-mal zu Geldstrafen verurteilt. Um 1890 forderte ein Bürgerausschuss die Amtsenthebung Hegelmaiers, 1893 fand ein Gutachten über den geistigen Zustand Hegelmaiers statt, 1894 folgte ein Prozess gegen ihn, der 93 Anklagepunkte umfasste und der sein nach damaligen Verhältnissen "unmoralisches" Leben, u.a. Willkür im Dienst, Missbrauch der Amtsgewalt, Streit und Beschwerdesucht, uneinsichtigen und unleidlichen Verhalten (ein angeblicher Bordellbesuch in Berlin), zum Gegenstand hatte. Hegelmaier wurde bei diesem Prozess vom Stuttgarter Diziplinarhof zu der geringen Geldstrafe von 100 Mark verurteilt. In der Urteilsbegründung wurde festgestellt „dass ihm von keiner Seite und und in keinem Fall ein das Wohl der Stadt schädigendes Verhalten zum Vorwurf gemacht werden konnte“.
Am 1. November 1897 wurde Hegelmaier Vorsitzender des neuen Gewerbegerichts. 1898 siegte der nationalliberale Hegelmaier bei der Reichstagswahl für den Bauernbund in einer Stichwahl gegen den "roten Kittler" Gustav Kittler, der 1886 der erste sozialdemokratischen Abgeordnete eines württembergischen Stadtparlaments war. Im Anschluss an die Wahl kam es in der Nacht vom 24. auf den 25. Juni 1898 zu Tumulten. Nach der Siegesfeier in der Harmonie zogen Hegelmaier-Anhänger zum Marktplatz, wo sich die Sozialdemokraten versammelt hatten und es zu ersten Rangeleien kam. Hegelmaier versuchte, den Marktplatz mit Wasserspritzen räumen zu lassen, es entbrannte jedoch eine Straßenschlacht mit Pflastersteinen. Hegelmaier selbst lieferte sich angetrunken eine Prügelei mit dem Bürgermeister von Abstatt. Das herbeigerufene Militär verhaftete 30-40 Bürger, von denen 22 Arbeiter über vier Monate in Untersuchungshaft saßen und einige wenige anschließend noch weitere Monate Haftzeit verbüßen mussten. Hegelmaier verordnete nach den Tumulten ein Versammlungsverbot auf öffentlichen Plätzen.[2].
1904 musste Hegelmaier wegen Krankheit seine Ämter aufgeben. Bei seinem Abschied hinterließ er folgendes Gedicht auf seinem Schreibtisch: "Leck mich am Arsch, du Stadt der Krämerseelen, ich blas aus dir heut meinen Abschiedsmarsch. An Narrenstreichen wird es euch nie fehlen, doch mehr am Licht – leckt mich am Arsch! Der Willkomm einst war fast zu überschwenglich, der Abschied scheint vielleicht zu barsch. Das kommt daher: Wir kannten uns zu wenig, jetzt aber viel zu gut – leckt mich am Arsch!"[3]
Hegelmaier galt in späten Jahren als geistig verwirrt und verbrachte auch einige Zeit in einer Irrenanstalt. Er war mit Marie Emilie Friederike Ganzhorn (1858-1928) verheiratet.
Der Heilbronner Generalanzeiger schrieb in einem Nachruf 1912: „gerecht denkende Beurteiler versagen dem Verstorbenen schon jetzt die Anerkennung nicht mehr, als der eines hochbegabten, weitblickenden, gerechten Mannes, der sich während seiner Amtstätigkeit ... hochverdient gemacht hat ... Heilbronn wird seinen Oberbürgermeister nicht vergessen und sein Andenken in Treu bewahren“.
Nach Paul Hegelmaier ist noch heute in Heilbronn die Hegelmaierstraße benannt.
[Bearbeiten] Anmerkungen und Quellen
- ↑ Hegelmaier war neben Dekan Weitbrecht Vorsitzender eines Stiftungsrates für die Beschaffung der zum Umbau benötigten Geldmittel.
- ↑ Trau schau wem. Dokumente zur Geschichte der Arbeiterbewegung im Raum Heilbronn, Distel Verlag 1994.
- ↑ Jacobi: Heilbronn so wie es war, Droste 1987
Personendaten | |
---|---|
NAME | Hegelmaier, Paul |
KURZBESCHREIBUNG | Oberbürgermeister Heilbronns 1884 bis 1904, Staatsanwalt, Stadtplaner |
GEBURTSDATUM | 1. Juli 1847 |
GEBURTSORT | Tübingen |
STERBEDATUM | 27. April 1912 |
STERBEORT | Stuttgart |