Opera semiseria
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Opera semiseria (it.) bedeutet soviel wie mittelernste Oper. Die Gattung entwickelte sich Ende des 18. Jahrhunderts aus der Opera buffa, deren rein burlesker Charakter schon damals vielen Komponisten nicht mehr zur komplexen Charakterisierung von Situationen und Handlungssträngen ausreichte. Entscheidend für diese Entwicklung waren Einflüsse der französischen comedie larmoyante.
Bereits ab den 1760er Jahren zeigen viele Opere buffe auch sentimentale und empfindsame Züge ohne jedoch im eigentlichen Sinne Opere semiserie zu sein. Weder Niccolo Piccinnis "La cecchina" (1760) noch Wolfgang Amadeus Mozarts Don Giovanni sind Opere semiserie. Erstes, bahnbrechendes Beispiel für diesen dann im 19. Jahrhundert weit verbreiteten Operntypus ist Giovanni Paisiellos melancholische "Nina" (1789), ein Werk, das auf einem französischen Sujet fußt und Vincenzo Bellini beeinflusst hat. Als eines der ersten Musikdramen thematisiert es den Wahnsinn als psychische Grenzsituation.
[Bearbeiten] Die bedeutendsten Semiserie im 19. Jahrhundert
- "La gazza ladra" (1817, Die diebische Elster) von Gioacchino Rossini, vielleicht die einzige echte Semiseria ihrer Zeit überhaupt, in der eine perfekte Verschmelzung ernster und komischer Aspekte gelingt und die dynamischen Formen der buffa (Ensemble, große Finali etc.) optimal für die Umsetzung auch tragischer oder peinlicher Situationen genutzt werden,
- "Matilda di Shabran" (1821) vom selben Komponisten, die zwar durch grandiose melodische und satztechnische Einfälle besticht, aber schon wieder in Formeln erstarrt,
- die überaus amüsante "Francesca di Foix" (1831) von Gaetano Donizetti, vermutlich der einzige geniale Semiseria-Einakter und
- als Spätausläufer, Donizettis "Linda di Chamounix" (1842), die zwar eher dem alten Typus der Tragödie mit Einlagen angehört, aber dadurch, dass hier eine Hauptperson komisch angelegt ist, starke Verbindungen zwischen beiden Elementen schafft.
Nach 1845 geriet die Semiseria in Italien fast ganz in Vergessenheit. Als letzter halbwegs gelungener Versuch gilt
- Federico und Luigi Riccis "Crispino e la Comare" (1850, Doctor Crispin), eine Oper, die sich trotz vieler schöner Einfälle und des intelligenten Textes von Francesco Maria Piave nicht auf den Bühnen halten konnte. (Piave arbeitete sehe oft mit Giuseppe Verdi zusammen und zeichnete auch für die Libretti von "Rigoletto" und "La Traviata" verantwortlich. Zwei weitere Meister der Opera semiseria waren Fernando Paer, dessen "Leonora" (1804) Ludwig van Beethoven beeinflusste, und Domenico Cimarosa, der zwar kein herausragendes Werk der Gattung hinterließ, aber einige sehr amüsante Opern dieses Typus, die auch heute noch bühnenfähig sind, z.B. "Le donne rivali" (1780).
Im 20. Jahrhundert nahm Rolf Liebermann mit seinem Librettisten Heinrich Strobel diese Opernform in Leonore 40/45 (UA 1952 in der Oper Basel) und Penelope (UA bei den Salzburger Festspielen 1954) wieder auf.