N-Strahlen
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die N-Strahlen waren eine der großen Entdeckungen der Physik Anfang des 20. Jahrhunderts, die sich als wissenschaftlicher Irrtum und Selbsttäuschung erwiesen.
Der französische Physiker René Blondlot an der Universität Nancy, von der sich der Name N(ancy)-Strahlen ableitete, glaubte 1901 eine neuartige Strahlung, ähnlich der 1895 entdeckten Röntgenstrahlung (X-Strahlen), beobachtet zu haben, die von einem heißen Platindraht emittiert wird.
Der Nachweis der Strahlen sollte durch deren Einfluss auf die Helligkeit einer Gasflamme möglich sein. Viele französische Forscherkollegen stürzten sich gierig auf die neuartige Entdeckung und so wurden in den folgenden Jahren zahlreiche wissenschaftliche Artikel zum Thema publiziert.
Sogar eine spektrale Zerlegung der N-Strahlen mittels eines Prismas aus Aluminium schien möglich zu sein.
Das Ende der vermeintlichen Entdeckung begann, als der deutsche Kaiser Wilhelm II., der stets an der Wissenschaft interessiert war, diese neuartigen Strahlen sehen wollte. Aber Professor Heinrich Rubens, der sie vorführen sollte, konnte die Experimente der N-Strahlen nicht nachvollziehen. Auf einer wissenschaftlichen Tagung befürwortete er eine genaue Überprüfung der fraglichen Strahlung durch einen Laborbesuch bei Blondlot, die allerdings der Amerikaner Robert Wood übernehmen sollte, da ein Deutscher in der nationalistisch geführten Forschung auf Vorbehalte stoßen würde.
Wood besuchte 1904 das Labor, konnte allerdings die Detektion der N-Strahlen mit einer Gasflamme nicht erkennen, auch die anderen Experimente überzeugten ihn nicht. Schließlich führte Blondlot ihm das Spektrum mittels des Aluminium-Prismas vor und beschrieb Spektrallinien. Der zweifelnde Wood bat Blondlot, das Spektrum noch einmal zu vermessen, entfernte aber zuvor heimlich in der Dunkelheit des Labors das Prisma. Trotzdem konnte Blondlot erneut Spektrallinien erkennen.
Damit waren die N-Strahlen als Hirngespinst enttarnt. Frankreich betrachtete dies als nationale Schmach.
Dieses klassische Beispiel wissenschaftlicher Fehlleistungen wird oft Studienanfängern der Physik erzählt, um typische Fehler bei wissenschaftlicher Arbeit zu verdeutlichen.
Ähnlichen Ruhm erlangten das Polywasser (in den 1960ern und 1970ern) und die Kalte Fusion im Jahr 1989.