Maschinenschriftenuntersuchung
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Maschinenschriftenuntersuchung ist eine kriminalistische Vorgehensweise, um Rückschlüsse auf die Schreibmaschine, den Autor und den Erstellungszeitpunkt eines Dokumentes zu ziehen.
Bei der Untersuchung der Schreibmaschinenschriften werden verschiedene Methoden angewandt: Die Technik des Schriftenvergleiches gibt Auskunft über Maschinentyp und das ungefähre Baujahr einer Schreibmaschine. Für diese Methode werden Referenzlisten der Schreibmaschinenhersteller benötigt, wie sie z. B. in den Kriminalämtern vorhanden sind.
Weiterhin kann die Abnutzung der Typen im Schriftbild erkannt und für eine grobe zeitliche Einordnung eines Schriftstückes herangezogen werden.
Die Untersuchung der Farbbandfarbe sowie die chemische Zusammensetzung der Tinte erlauben Aussagen über Farbbandhersteller und ungefähren Einsatzzeitpunkt.
Für die vollständige Entschlüsselung der Maschinenschrift werden komplexe Methoden (nach D. Eberwein) angewandt, die nur von ausgebildeten Spezialisten durchgeführt werden können. Dabei handelt es sich um die Buchstabenanalyse, die Ermittlung der Farbbandvorschubrichtung und Farbbandgeschwindigkeit sowie die individuelle Anschlagskraftmethode (vgl. Eberwein, Nietzsches Schreibkugel, S. 51, ff.).
Mit der Farbbandvorschubrichtung und Farbbandgeschwindigkeitsmethode ist es möglich, alle Texte innerhalb einer Farbbandrichtung (unabhängig vom Schreibmaschinentyp), chronologisch zu ordnen und zudem sehr genau, einer bestimmten Stelle auf dem Farbband zuzuordnen. Diese Methode ist so genau, dass selbst fehlende Typoskripte zeitlich eingeordnet und in ihrer möglichen Länge definiert werden können.
Weiterhin hinterlässt jeder Nutzer durch die Variation seiner Anschlagskraft einen individuellen „Fingerabdruck" im Schriftbild der Typoskripte, wodurch maschinengeschriebene Texte ihrem jeweiligen Autor zugeordnet werden können. Die vermeintliche Anonymität der Maschinenschrift wurde mit diesen speziellen Methoden aufgehoben.
Durch die genannten Untersuchungsmethoden wurde es erstmals möglich, den Autor des untenstehenden Schreibmaschinengedichtes sowie den Schreibzeitpunkt eindeutig zu bestimmen.
- Schreibkugel ist ein Ding gleich mir von Eisen
- Und doch leicht zu verdrehn zumal auf Reisen.
- Geduld und Takt muss reichlich man besitzen
- Und feine Fingerchen, uns zu benuetzen.
(Friedrich Nietzsche, am 16. Februar 1882; vgl. Eberwein, Nietzsches Schreibkugel, S. 51, ff.).
[Bearbeiten] Literatur
- Dieter Eberwein: Nietzsches Schreibkugel. Ein Blick auf Nietzsches Schreibmaschinenzeit durch die Restauration der Schreibkugel. Eberwein-Typoskriptverlag, Schauenburg 2005.