Leonhardskirche (Frankfurt)
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Die Leonhardskirche in Frankfurt am Main ist eine im Jahre 1219 errichtete spätromanische Basilika mit Zwillingstürmen über halbrunden Apsiden und dekorierten Nordportalen. Die katholische Sankt Leonhardskirche liegt am Rande der Altstadt am nördlichen Mainufer, unweit des eisernen Stegs, des Karmeliterklosters und des Römers. Sie ist eine hervorragendes, an der historischen Bedeutung gemessen etwas wenig beachtetes Schmuckstück der Frankfurter Stadt- und Kirchengeschichte sowie des mittelrheinischen Kunsthandwerks des Mittelalters.
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[Bearbeiten] Bedeutung
Sankt Leonhard hat für die Stadt Frankfurt eine besondere Bedeutung. Sie ist nicht nur die drittälteste Kirche (nach dem Frankfurter Dom und der Justinuskirche in Frankfurt-Höchst), sondern in der Urkunde, mit der der Stauferkönig Friedrich II. der Stadt das Grundstück schenkte, wird erstmals die Stadtgemeinde in ihrer Gesamtheit erwähnt und unter kaiserlichen Schutz gestellt. Außerdem erhielten die Bürger das zu dieser Zeit sehr seltene Recht, den Priester zu bestimmen.
Die Kirche hatte bis weit über das Mittelalter hinaus eine weitere wichtige Funktion als Zwischenstation und Pilgerkirche auf zwei bedeutenden Wallfahrtspfaden. Der eine war der besonders zur Zeit der Kreuzzüge und Bauzeit der Kirche wichtige Weg nach Jerusalem, der andere der historische Jakobsweg, ein Pilgerpfad, der über die Grabeskirche des Kirchenpatrones im französischen Saint-Léonard-de-Noblat nach Santiago de Compostela führt. Sichtbares Zeichen dieser Funktion ist der Tympanon des romanischen Pilgertores aus dem Jahr 1220. Daran, dass die Leonhardskirche auch Station des Jakobsweges war, der heute allerdings nicht mehr über Frankfurt führt, erinnert eine Figurengruppe auf dem Leonhardskirchplatz vor dem nördlichen, mainabgewandtem Hauptportal. Die drei Wanderer der lebensgroßen Bronzeplastik von 1990 sind am Emblem der Jakobsmuschel, das sie tragen, deutlich als Jakobspilger erkennbar.
[Bearbeiten] Geschichte
[Bearbeiten] Romanik
Zunächst war die 1219 gegründete Kirche der Jungfrau Maria und dem heiligen Georg geweiht. Aus dieser Zeit sind zwei Portale mit romanischem Tympanon erhalten, die wegen der späterer Erweiterungen nun innerhalb des nördlichen Seitenschiffs liegen: das ursprüngliche Hauptportal mit Darstellung auch der beiden Patrone, wegen der Inschrift auch als Engelbertusportal bezeichnet, sowie östlich in Turmrichtung davon das heute zugemauerte Pilgerportal mit einer stehenden Darstellung des Hl. Jakobus mit der Pilgermuschel und zwei ihn verehrenden Pilgern.
[Bearbeiten] Gotik
Später wurden ab dem Jahre 1425 Teile der Kirche mit einer spätgotischen Hallenkirche überbaut, die vermutlich nach einem Entwurf des Dombaumeisters Madern Gerthener konzipiert war und von einem beachtenswerten Sterngewölbe getragen ist. Zwischen 1508 und 1515 wurde am Ende des nördlichen Seitenschiffes, direkt am Nordturm angebaut, eine Salvatorkapelle vom Architekten Hans Baltz von Mertenstein eingefügt. Wegen des hängenden Gewölbes, das aus frei sich im Raum kreuzenden Bogenrippen aus Sandstein besteht, zählte das sogenannte Salvatorchörlien schon ab dem 17. Jh. zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt Frankfurt. Die farbig gefassten Figuren, ein Christus an der Geißelsäule, ein darüber im Maßwerk thronender Gottvater und das tropfenförmig hängende abschließende Wappen der bekannten Frankfurter Familie Holzhausen sind ebenfalls ein Meisterwerk der Steinmetztechnik in Buntsandstein.
Im Inneren der Leonhardskirche finden sich noch einige architektonische und kunsthandwerkliche Kleinode vorwiegend spätgotischer Ausstattung, insbesondere die Empore und der Polygonalchor, aber auch die Schnitzaltäre und im Hochchor einige Wandgemälde aus derselben Zeit verdienen Beachtung.
[Bearbeiten] Glasfenster
Die Glasmalerei der Fenster ist trotz der bewegten, kaum mehr nachvollziehbaren Geschichte und der unterschiedlichen Provenienz der Scheiben insofern bemerkenswert, als es sich um eine der umfangreichsten Ansammlungen alter Kirchenfenster in Hessen handelt. Die ältesten Glasbilder, allen voran das zentrale in Gänze erhaltene Chorfenster, stammen aus dem Jahr 1434, viele andere Scheiben entstammen demselben Jahrhundert. Wesentliche Ergänzungen und Restaurierungen wurden im späten 19. Jahrhundert vorgenommen, und 1990 - 2003 wurden in einigen Bögen moderne künstlerisch gestaltete Scheiben eingebaut, die die historische Entwicklung der Fenstermalerei und der Glaskunst durchaus einfühlsam bis in die Gegenwart fortführen.
[Bearbeiten] Glocken
Das sechsstimmige Geläute der Pfarr- und ehemaligen Stiftskirche wurde 1956 von Friedrich Wilhelm Schilling (Heidelberg) gegossen und hat ein Gesamtgewicht von etwa 2,6 Tonnen. Die Klanghöhen sind nach dem Konzept des Mainzer Musikprofessors Paul Smets auch auf das Frankfurter Stadtgeläute abgestimmt. Die Glocken haben folgende Maße und Inschriften [ Übersetzung in Klammern ]:
- Christus, fis', 890 kg, Ø 1,09 m - PAX VOBIS [ Friede (sei) mit euch ]
- Maria, a', 603 kg, Ø 95,3 cm - AVE MARIA [ Gegrüßt (seist du) Maria ]
- Johannes, h', 409 kg, Ø 84,7 cm - DEUS CARITAS [ Gott (ist) Liebe ]
- Petrus, cis'', 290 kg, Ø 75,3 cm - TV ES PETRVS [ Du bist Petrus ]
- Georgius, e'', 249 kg, Ø 70,4 cm
GEORGIVS GLORIOSVS CHRISTI ATHLETA [ Georg (ist) siegreicher Kämpfer für Christus ] - Leonardus, fis'', 178 kg, Ø 62,9 cm - LEONARDVS PATRONVS [ Leonhard, Patron ]
[Bearbeiten] Aktuelles
Ende 2005 wurde mit umfangreichen Sanierungsarbeiten begonnen, die vor allem den Außenbereich betreffen und deretwegen die Kirche nicht geschlossen werden soll.
[Bearbeiten] Literatur
- Matthias Theodor Kloft, St. Leonhard Frankfurt am Main, Regensburg, 4. Aufl. 2005, Schnell & Steiner Kunstführer Nr. 2196, ISBN 3-7954-5944-3
[Bearbeiten] Weblink
- Die Leonhardskirche im Webprojekt altfrankfurt.com
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Koordinaten: 50° 06' 31" N, 08° 40' 48" O