Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Kausalität (Rechtswissenschaft) - Wikipedia

Kausalität (Rechtswissenschaft)

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Der Begriff der Kausalität spielt im Bereich der Rechtswissenschaft eine entscheidende Rolle. Im Strafrecht ist beispielsweise für die Verwirklichung eines Erfolgsdelikts ein Kausalzusammenhang zwischen der Handlung des Täters und dem eingetretenen deliktischen Erfolg vonnöten. Ohne diesen Kausalzusammenhang kann ein Täter ein solches Erfolgsdelikt nicht verwirklichen und ist somit deswegen auch nicht strafbar. Die Strafbarkeit wegen Versuchs eines Erfolgsdeliktes kommt jedoch noch in Betracht.

Im Strafrecht wird eine Handlung dann als kausal angesehen, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Taterfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele. Diese Regel wird im Strafrecht auch als die

  • Conditio-sine-qua-non-Formel (auch Bedingungstheorie oder Äquivalenztheorie) bezeichnet. Dieser Formel bedient sich zwar weiterhin die Rechtsprechung und auch die herrschende Lehre - sie leistet jedoch die Bestimmung der Kausalität nicht abschließend und wurde wegen verschiedener Unzulänglichkeiten mehrfach modifiziert.
  • Die weitergehende Lehre von der „gesetzmäßigen Bedingung“ hat sich deshalb in der Wissenschaft weitgehend durchgesetzt. Sie geht zwar ebenso wie die Bedingungstheorie von der Gleichwertigkeit aller Ursachen aus, versucht aber andere Schwächen der Conditio-sine-qua-non-Formel auszugleichen. So ersetzt sie das Hinwegdenken der Tathandlung durch eine andere Frage: „Haben sich an die betreffende Handlung zeitlich nachfolgende Veränderungen in der Außenwelt angeschlossen, die mit der Handlung nach den uns bekannten Naturgesetzen notwendig verbunden waren und sich als tatbestandlicher Erfolg darstellen?“
  • Die Aussagekraft der verwendeten Kausalitätstheorien ist indes jedoch bezüglich des Kausalitätszusammenhangs selbst sehr gering. Denn beide genannten Theorien setzen bereits logisch voraus, dass die genannte Bedingung auch wirklich kausal für den Erfolg ist. Diese Frage kann aber nicht durch die Feststellung der Kausalität, sondern eben nur durch naturwissenschaftliche Methoden und Gesetze belegt werden.
  • Die strafrechtlichen Kausalitätstheorien stellen innerhalb des objektiven Tatbestandes nur ein Zurechnungsminimum dar. Die notwendige Kausalität wird deshalb in der Rechtslehre durch das ebenfalls im objektiven Tatbestand zu prüfende Kriterium der objektiven Zurechnung ergänzt.

Für die zivilrechtliche Haftung ist neben anderen Voraussetzungen in der Regel erforderlich, dass der Inanspruchgenommene den Schaden verursacht hat (siehe entfernt: Gefährdungshaftung). Allerdings wird eine Haftung auf der Grundlage der Conditio-sine-qua-non-Formel im Zivilrecht als teilweise zu weitgehend angesehen und mit Hilfe von Begriffen wie Adäquanz oder „Schutzzweck der Norm“ eingeschränkt. Eine Erweiterung des allgemeinen Kausalitätsbegriffes ergibt sich aus § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB. Demnach ist jeder für den Schaden verantwortlich, wenn „sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat.“. Voraussetzung ist, dass jeder - abgesehen vom Nachweis der Kausalität - eine unerlaubte Handlung begangen hat, die konkret geeignet war, den Schaden herbeizuführen. Außerdem muss feststehen, dass einer der Alternativtäter den Schaden verursacht hat. Weitere Ausnahmen enthalten die §§ 6, 7 UmweltHG und § 84 Abs. 2 AMG.

Im Einzelnen kann man unterscheiden:

  • alternative Kausalität (geregelt in § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB): Eine von mehreren Handlungen war ursächlich, es ist aber nicht feststellbar welche (Fall des so genannten Urheberzweifels); hiervon zu unterscheiden ist die Konstellation des Anteilszweifels: mehrere Handlungen haben einen Erfolg gemeinsam verursacht, unklar ist aber, zu welchem Grad sich jede einzelne Ursache im Erfolg niedergeschlagen hat (Beispiel: zwei Fabriken leiten Abwasser in einen Fluss, wodurch ein Fischsterben ausgelöst wird).
  • Doppelkausalität: Jede Handlung war an sich, einzeln, ursächlich (Beispiel: zwei tödliche Dosen des gleichen Gifts im Kaffee).
  • hypothetische Kausalität: Die Tathandlung ist kausal, obwohl durch ein anderes, unabhängiges Ereignis der Taterfolg voraussichtlich „sowieso eingetreten wäre“ (Beispiel: A erschießt B am Flughafen, das Flugzeug, das B nehmen wollte, stürzt ab).
  • kumulative Kausalität: Beide Handlungen waren nur zusammen ursächlich (Beispiel: zwei für sich genommen nicht tödliche Dosen Gifts im Kaffee, die zusammen den Taterfolg herbeiführen).
  • abgebrochene/überholende Kausalität: Die erste Handlung wird von einer zweiten überholt, die den (schädigenden) Erfolg herstellt, sodass die erste sich nicht mehr auswirken kann (Beispiel, A wird von B vergiftet, und bevor das Gift wirkt von C erschossen).
  • psychische Kausalität: Die Handlung wird kausal für die Willensbildung eines anderen, der den (schädigenden) Erfolg dann durch sein Handeln herbeiführt.

Im Sozialrecht ist die Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung herrschend. Sie ist vor allem für die Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, sowie im sozialen Entschädigungsrecht bedeutsam. „Wesentliche Bedingung“ in diesem Sinne ist nur eine conditio sine qua non, die nach dem Sinn und Zweck des jeweiligen sozialrechtlichen Systems auch erfasst sein soll. Im Unfallversicherungrecht wird so insbesondere die Abschichtung von allgemeinen Lebensrisiken erreicht, die nicht dem Versicherungsschutz unterstehen. Ob es sich dabei um eine „adäquate“ Ursache im Sinne der zivilrechtlichen Adäquanztheorie handelt, spielt keine Rolle. Diese beiden Theorien können im Einzelfall zu demselben Ergebnis kommen, müssen es aber nicht.

[Bearbeiten] Literatur

  • Hart, H. L. A./Honoré, Tony: Causation in the Law, Oxford, Clarendon Press, 2. Auflage, 1985
  • Engisch, Karl: Die Kausalität als Merkmal der strafrechtlichen Tatbestände, 1931, Tübingen, Mohr Siebeck
  • Coase, Ronald H., The Problem of Social Cost, 3 J. Law & Econ. 1 (1960)
  • Schulin, in: ders., Handbuch des Sozialversicherungsrechts. Bd. 2. Unfallversicherungsrecht. § 29.
  • Helmut Weber: Der Kausalitätsbeweis im Zivilprozeß, Tübinger rechtswissenschaftliche Abhandlungen Bd. 83, 1997, ISBN 3-16-146745-0
  • Luidger Röckrath: Kausalität, Wahrscheinlichkeit und Haftung. Rechtliche und ökonomische Analyse, C.H. Beck, 2004, ISBN 3-406-51769-2

[Bearbeiten] Siehe auch

Kausalität (allgemein)

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