Heinrich von Sybel
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Heinrich von Sybel (* 2. Dezember 1817 in Düsseldorf; † 1. August 1895 in Marburg) war ein deutscher Historiker.
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[Bearbeiten] Leben
Sybel stammte aus einer alteingesessenen protestantischen Familie aus Soest, Westfalen und war der Sohn des Juristen Heinrich Ferdinand von Sybel. Nach Erreichen der Reifeprüfung (Abitur) begann er in Berlin Geschichte zu studieren; ab 1834 wurde er in diesem Fach der Schüler von Leopold von Ranke. 1838 beendete Sybel das Studium mit einer Promotion zum Dr. phil. Bereits zwei Jahre später konnte er sich an der Universität Bonn habilitieren. Anschließend bekam er dort eine Anstellung als Dozent und 1844 betraute man ihn mit einer Professur.
1846 nahm Sybel einen Ruf an die Universität Marburg an. Dort engagierte er sich auch politisch und unterstützte die liberale Bewegung. Er wurde Mitglied der Vorparlaments in Frankfurt am Main, das zwischen 31. März und 3. April 1848 in der Frankfurter Paulskirche tagte. Zwischen 1848 und 1849 war Sybel auch Mitglied der Kasseler Ständeversammlung, wo er durchaus zu den Gemäßigten zu zählen war. Als solcher lehnte er eine Volkssouveränität ebenso ab, wie ein allgemeines Wahlrecht.
Zwischen 20. März und 29. April 1850 arbeitete Sybel im Ständehaus des Erfurter Unionsparlaments mit, welches in der Erfurter Augustinerkirche tagte. Zwischen 1862 und 1864 und nochmals zwischen 1874 und 1880 war Sybel Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses. Als Gegner des Ultramontanismus engagierte sich Sybel im Kulturkampf, was sich durchaus nicht zum Besten für einen bayerischen Staatsdiener auswirkte.
Seit 1856 war Sybel als Professor für Geschichte an der Universität München tätig. Dort gründete er das noch heute existierende Historische Seminar. Drei Jahre später gründete er die Historische Zeitschrift und leitete sie bis an sein Lebensende. Ebenfalls 1859 gründete Sybel zusammen mit Leopold von Ranke die Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und stand dieser bis 1886 als Sekretär vor. Anschließend wählte man ihn zum Präsidenten. In seine Münchner Zeit fiel auch die Veröffentlichung der Reichstagsakten (RTA). Die konzeptionellen Vorarbeiten dazu stammten vom Historiker Georg Voigt, der dabei von Sybels Schülern Wilhelm Maurenbrecher und Hans Delbrück unterstützt wurde.
1861 nahm Sybel einen Ruf an die Universität Bonn an. 1875 betraute man ihn mit der Leitung der preußischen Staatsarchive. Er war auch maßgeblich an der Gründung des Deutschen historischen Instituts in Rom beteiligt. Außerdem betreute er jahrelang die Berichte der päpstlichen Nuntiatur. 1875 wählte ihn die Preußische Akademie der Wissenschaften zu ihrem ordentlichen Mitglied.
Im Alter von 77 Jahren starb Heinrich von Sybel am 1. August 1895 in Marburg.
[Bearbeiten] Arbeit und Wirkung
Als Schüler Rankes begründete Sybel die moderne Geschichtswissenschaft. Die Schwerpunkte seiner Forschungen lagen in der Kaisergeschichte des Mittelalters und den damit verbundenen Quellenkunden, nicht zuletzt da dies zu Sybels Zeit im neu gegründeten deutschen Kaiserreich als Basis seiner Legitimation sah. Sybel ist ein Paradebeispiel dafür, dass Objektivität in der Geschichtsschreibung keineswegs im Sinne politischer Neutralität verstanden werden darf, was übrigens auch für Ranke zutrifft. Bei Johann Gustav Droysen wird das geradezu abgelehnt.
Die Aufgabe mittelalterlicher deutscher Geschichtsforschung lag zu dieser Zeit nicht unwesentlich in der Legitimation des deutschen Kaisertums. Sybel schrieb auch eine Geschichte der Gründung des Deutschen Reiches. Diese ist gleichsam als Bestätigung der Frage nach der Legitimation des deutschen Kaisertums aufzufassen. Für ihn lag eine Aufgabe des Geschichtsstudiums in der erzieherischen Bedeutung des Berufes sowohl als Fachhistoriker als auch als Geschichtslehrer für den Staat und die Nation.
Diese Auffassung zeigte sich auch und insbesondere in einer weithin beachteten Kontroverse Sybels mit dem Innsbrucker Historiker Julius Ficker, sog. Sybel-Ficker-Kontroverse. Sybel behauptete, dass die Italien- und Kaiserpolitik der deutschen Herrscher des Mittelalters als verhängnisvoll bewertet werden müsse, da sie die Entstehung eines deutschen Nationalstaats verhindert habe. Ficker wies diese Auffassung mit der Argumentation zurück, dass man das Mittelalter nicht aus der Sicht der Gegenwart richten dürfe und der Nationalstaat keineswegs das einzig wünschenswerte Ziel der Geschichte sei. Auch wenn Sybels Meinung noch 1927 durch Georg von Below unterstützt wurde, setzte sich auf lange Sicht Fickers Einschätzung durch.
So ist es nicht verwunderlich, dass kaum eines von Sybels Werken überdauert hat. Seine Bedeutung in der Geschichtswissenschaft lag eher in der Rolle eines Wissenschaftsorganisators als in der eines Fachhistorikers. Einer seinen wichtigen Beiträge als Organisator war die parallele Strukturierung der Ausbildung von Fachhistorikern und Geschichtslehrern Zuge der Professionalisierung und Institutionalisierung der Geschichtsausbildung an den Universitäten, die mit dem Aufbau einer Seminarstruktur einherging.
Ein historisches Seminar unterscheidet sich von einer historischen Übungsgesellschaft, wie sie bis weit in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts an den Universitäten gebräuchlich war, dadurch, dass es nicht nur Übungen abhält, sondern auch über eine institutionell an das Seminar gebundene Bibliothek verfügt, die wiederum über einen Etat verfügt.)
[Bearbeiten] Werke (Auswahl)
- Acta Borussica
- Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. vornehmlich nach den preußischen Staatsacten. Zahlreiche Auflagen.
- Der heilige Rock zu Trier und die zwanzig andern heiligen ungenähten Röcke; Eine hist. Untersuchung von J. Gildemeister u. Heinrich von Sybel|H(einrich) von Sybel. Düsseldorf: Buddens, 1844-45.
[Bearbeiten] Literatur
- Volker Dotterweich: Heinrich von Sybel : Geschichtswissenschaft in politischer Absicht. - Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1978. - ISBN 3-525-35912-8
- Faulenbach, Bernd Die Reichsgründung - Erfüllung der Wünsche der Nation oder Sieg des Fürsten über die Nation? Heinrich von Sybel und Wilhelm Liebknecht 1870/71 In: Dirk Bockermann u.a. (Hg.): Freiheit gestalten. Zum Demokratieverständnis des deutschen Protestantismus Göttingen 1996, S. 97-106.
- Folkert Haferkorn Soziale Vorstellungen Heinrich von Sybels. Stuttgart : Klett, 1976.
[Bearbeiten] Weblinks
- Paul Bailleu: Sybel, Heinrich von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Bd. 54, S. 645–667.
- Eintrag (mit Literaturangaben) im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon (BBKL)
- Eintrag über Sybel in der Encyclopædia Britannica von 1911 (englisch)
Personendaten | |
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NAME | Sybel, Heinrich von |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Historiker |
GEBURTSDATUM | 2. Dezember 1817 |
GEBURTSORT | Düsseldorf |
STERBEDATUM | 1. August 1895 |
STERBEORT | Marburg |