Geschäftsordnung
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Die Geschäftsordnung (GO) eines Gremiums, englisch rules of order oder rules of procedure, ist die Zusammenfassung aller Verfahrensregelungen, nach denen Sitzungen und Versammlungen dieses Gremiums abzulaufen haben. Sie kann Bestandteil einer Satzung sein, meist allerdings wird sie im Zuge der Gründung durch Beschluss der Berechtigten festgestellt.
Nicht immer existiert eine geschriebene Geschäftsordnung: Vielmehr werden meist bestimmte Verfahrensweisen schon seit langer Zeit als Gewohnheitsrecht praktiziert und sind als geltende Richtlinien allgemein anerkannt.
Auch die ausführlichste Geschäftsordnung wird nicht alle Eventualitäten zu regeln imstande sein: Selbst der Deutsche Bundestag, der über eine sehr ausführliche schriftliche Geschäftsordnung verfügt, sieht sich immer wieder veranlasst, Einzelangelegenheiten neu zu regeln.
Die vorgenannte Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages wird vor allem in politischen Gremien regelmäßig herangezogen, wenn für dieses Gremium keine spezielle Geschäftsordnung existiert oder eine Verfahrensfrage nicht regelt.
[Bearbeiten] Antrag zur Geschäftsordnung
Der Antrag zur Geschäftsordnung (englisch point of order) spielt in Versammlungen aller Art eine sehr wichtige Rolle. Er ist vorrangig zu allen Sachfragen zu behandeln und kann auf die Art und das Thema der Beschlussfassung eine sehr große Wichtigkeit haben.
Der Versammlungsleiter muss dem Antragsteller das Wort erteilen, damit dieser seinen Antrag begründen kann. Im Anschluss wird üblicherweise gefragt, ob Versammlungsteilnehmer eine Gegenrede halten wollen. Es ist nur eine Gegenrede erlaubt. Diese kann auch formal erfolgen (d. h. es erfolgt keine Gegenrede, es wird nur ausgedrückt, dass überhaupt jemand den Antrag ablehnt). Erfolgt keine Gegenrede, sehen manche Geschäftsordnungen aus Effizienzgründen vor, dass der Antrag ohne Abstimmung als angenommen gewertet werden kann. Erfolgt eine Gegenrede oder sieht die Geschäftsordnung eine Abstimmung in jedem Fall vor, wird über den Antrag abgestimmt. Ob der Antrag angenommen wird, entscheidet die einfache Mehrheit der beschlussfähigen Versammlung. Bei Stimmengleichheit ist der Antrag abgelehnt.
Vor allem Abstimmungsmodalitäten und Tagesordnungspunkte werden durch einen Antrag zur Geschäftsordnung (GO) behandelt. Besondere Bedeutung kann dies auf Parteitagen oder im Parlament erhalten, wenn durch Änderung des Verfahrensweg gleichzeitig auch die Sachfrage beeinflusst wird.
Anträge zur Geschäftsordnung werden üblicherweise durch das Heben beider Arme dem Versammlungsleiter angezeigt.
Besonderheiten:
Nur, wenn eine Abstimmung beginnt, d.h. die Diskussion zum Sachantrag durch die Versammlungsleitung abgeschlossen wurde, dann darf keine weitere Wortmeldung ("Verbot der Wortmeldung während einer Abstimmung") erfolgen, auch kein Antrag zur GO.
Sollte sich die Abstimmung bzw. der Antrag zur Abstimmung als fehlerhaft erweisen, dann kann eine Wortmeldung zur GO nach der erfolgten Abstimmung erfolgen, um die Fehlerhaftigkeit zu korrigieren.
Die Wortmeldung selbst stellt einen Antrag dar, d.h. die Versammlungsleitung entscheidet über jeden dieser Art der Anträge. Mit anderen Worten: niemand darf in einer Versammlung von selbst das Wort ergreifen, weil sonst ein ordnungsgemäßer Ablauf der Versammlung nicht mehr gegeben ist.
Ein Verfahren gegen den häufigen Missbrauch von Geschäftsordnungsanträgen zur Einflussnahme auf die Antragsreihenfolge ist das Alex-Müller-Verfahren.
[Bearbeiten] Literatur
Schmidt, Thorsten Ingo, Die Geschäftsordnungen der Verfassungsorgane als individuell-abstrakte Regelungen des Innenrechts, in: Archiv des öffentlichen Rechts 128 (2003), S. 608 – 648.