Galtür
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Wappen | Karte |
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Basisdaten | |
Bundesland: | Tirol |
Politischer Bezirk: | Landeck (LA) |
Fläche: | 121,2 km² |
Geografische Lage: | Koordinaten: 46° 58' 7" N, 10° 11' 14" O 46° 58' 7" N, 10° 11' 14" O |
Höhe: | 1584 m ü. A. |
Einwohner: | 774 (Volkszählung 2001) |
Postleitzahl: | 6563 |
Vorwahl: | 05443 |
Gemeindekennziffer: | 70606 |
Gemeindeamt: | 6563 Galtür |
Offizielle Website: | http://www.galtuer.gv.at |
Politik | |
Bürgermeister: | Anton Mattle (-) |
Galtür (Betonung auf der zweiten Silbe) ist eine Gemeinde im Bezirk Landeck, Tirol (Österreich). Haupterwerbszweig ist aufgrund der Lage in den Alpen der Tourismus.
- Einwohner: 830 (2003)
- Fläche: 121,2 km²
- Seehöhe: 1584 m
Galtür liegt im hinteren Paznaun in einer Talweitung zwischen der Silvretta im Süden und der Verwallgruppe im Norden, an der Grenze zu Vorarlberg. Um 1300 erfolgte die Besiedlung durch eingewanderte Walser, die bei den rätoromanischen Grundherren gern gesehen waren. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Gemeinde von einer landwirtschaftlich geprägten zu einer Tourismusgemeinde mit Schwerpunkt im Wintertourismus.
Die (mautpflichtige) Silvretta Hochalpenstraße wurde 1953 eröffnet und verbindet das Paznauntal mit dem Montafon in Vorarlberg.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte von Galtür
Galtür liegt am Schnittpunkt der romanischen, alemannischen und bajuwarischen Kulturkreise. Es wurde von drei Seiten besiedelt und geprägt: Von den Engadinern aus dem Süden, den Walsern und Vorarlbergern aus dem Westen und von Tirolern aus dem Osten.
Die ersten romanischen Siedler besetzten die Almen rings um den damals noch versumpften Talboden am Zusammenfluss von Vermunt- und Jambach. Seit 1095 hatten sie ihre Käse-Zinse an Grundherren im Unterengadin und im fernen Vinschgau abzuliefern. Diese Zinsverpflichtungen bestanden bis zu den Zeiten Napoleons, also über 700 Jahre lang. Der Name Galtür = Cultura erinnert noch an die Kultivierungsarbeit der Engadiner. Um 1313 ließen sich etwa 50 Walser Familien in dem inzwischen trockengelegten Talboden nieder. Sie blieben noch lange Zeit die „Fremden“ im innersten Paznaun. Als der Bischof von Chur im Jahre 1383 die erste Kirche in Galtür weihte, unterscheidet er ausdrücklich die „Einheimischen“ von den „Wallisern“. Auch beim Friedensschluss der Appenzeller mit ihren fürstlichen Gegnern werden 1408 die „Walliser auf Galtür“ neben den „Landleuten im Paznaun“ angeführt.
Während des Engadiner Krieges im Jahre 1499 lag Galtür mitten in der Frontlinie zwischen den Tirolern und Bündnern. Es galt als Tiroler Gebiet; aber beim Friedenschluß reklamieren die Bündner die Zuständigkeit des Gerichtes von Sent für das Dorf. Die romanische Minderheit empfand sich also immer noch zum Engadin gehörig. Erst im Jahre 1567 konnte der Richter in Nauders seiner Regierung - auf eine entsprechende Anfrage - melden: Die Gerichte Ischgl und Galtür liegen nicht in Bünden, sondern in der fürstlichen Grafschaft Tirol ... und sein durchaus fürwahr gutherzig österreichische Leut ...
Die enge Verbindung mit dem Engadin blieb bestehen. Die Saumpfade und Karrenwege, welche über die 2500 bis 2800 Meter hohe Silvrettapässe angelegt wurden, zeugen von einem lebhaften Handelsverkehr. - Aber auch Konflikte konnten nicht ausbleiben. Bei einem Streit um die Alpen in Vermunt kam es im Jahre 1599 zu Handgreiflichkeiten, die nur mit Mühe geschlichtet werden konnten. Die Engadiner setzten sich zunächst durch: Sie blieben die Herren im weitläufigen Almgebiet und weigerten sich, Steuern nach Tirol zu entrichten. Andererseits waren sie oftmals darauf angewiesen, ihre Herden durch Galtürer Gebiet zu treiben; dafür forderten die Galtürer regelmäßige Zahlungen. Jahrhunderte später wurden diese Mautgebühren als steuerähnliche Abgaben gedeutet; so hat die Schweiz um 1860 die staatsrechtliche Zugehörigkeit des Vermunt zu Österreich anerkannt.
Im Dreißigjährigen Krieg zogen mehrmals Truppen durch den Ort. Dabei wurde Galtür arg geplündert; die Kirche und viele Häuser gingen in Flammen auf. Das Dorf hat sich lange nicht von den Schäden erholt; erst 1645 wurden die aufgelaufenen Steuerschulden endgültig erlassen.
Die mündliche Überlieferung berichtet von endlosen Ketten von Katastrophen: Lawinen und Hochwasser, Muren und Steinschläge haben die Menschen heimgesucht. Daneben deuten die Quellen aber auf einen ständig ansteigenden Wohlstand. Tatkräftige und weitblickende Pfarrherren haben Galtür im 18. Jahrhundert zu einem weitum bekannten Wallfahrtsort gemacht. Ein im Jahre 1722 gegründeter "Seelenbund", der heute noch besteht, wies Mitglieder aus ganz Tirol aus, aber auch aus Augsburg oder Trient. Als in den Jahren 1776 bis 1778 die Kirche neu gestaltet wurde - damals entstand der heute noch stehende Barockbau - konnte dieses Vorhaben vollständig mit privaten Spenden finanziert werden.
Im 19. Jahrhundert wurden die ersten Straßen durch das Paznaun gebaut. Die Reisenden aus der großen weiten Welt „entdeckten“ Galtür . Sie fanden ein armes Dorf vor, „mit einer Kirche, einem Gasthaus und 7 bis 8 elenden Hütten“, wie es in einem Bericht heißt. Was Lawinen und Hochwasser, hartherzige Grundherren und Steuereintreiber durch Jahrhunderte nicht vermocht hatten, brachte die neue Zeit mit ihrer "Globalisierung" fertig: Billige Lebensmittel wurden mit der Eisenbahn herangekarrt, die Preise verfielen und die Bergbauern verarmten. Die uralten Wege über die hohen Pässe wurden zu Schmugglerpfaden; statt Getreide schleppten die Paznauner jetzt Kaffee und Tabak vom Engadin, um das nackte Überleben zu sichern. - Aber eines Tages ging es wieder aufwärts: Die Bergsteiger entdeckten die Schönheiten der Silvretta, die Jamtalhütte wurde gebaut, bald darauf das Hotel Fluchthorn. Die Touristen brachten erneut Leben und Wohlstand in das Tal.
Noch vorher war eine Entscheidung gefallen, die weit zurück reicht: Im Jahre 1900 kaufte Galtür von der Gemeinde Ardez das Vermunt. Schon 14 Jahre nach der Zahlung der letzten Rate wurden die Vorarlberger Illwerke gegründet, die heute mit dem aus den Bergen stürzenden Wasser Milliarden-Umsätze machen. Die einst so umkämpfte Alm wurde durch die Silvretta-Hochalpenstraße für Millionen von Touristen erschlossen - ein happy-end für die 600 Jahre währende „spannungsreiche Partnerschaft“ mit dem Dorf jenseits der Berge.
[Bearbeiten] Nachbargemeinden
Folgende Gemeinden grenzen an Galtür:
Ardez, Ftan, Guarda, Ramosch in der Schweiz und Gaschurn, Ischgl, Sankt Anton am Arlberg
[Bearbeiten] Lawine 23. Februar 1999
Am 23. Februar 1999 wurde Galtür von einer Lawine heimgesucht, die 31 Menschenleben forderte.
Auf Grund starker Schneefälle war der Ort im Februar 1999 von der Außenwelt abgeschnitten, Hilfsmannschaften der Bergrettung, des Roten Kreuzes und des Bundesheers konnten nur mittels Hubschrauber eingeflogen werden. Da das österreichische Bundesheer nicht über ausreichende Kapazitäten verfügte, wurde seitens der österreichischen Bundesregierung um internationale Unterstützung ersucht. Hubschrauber der USA, Deutschlands, der Schweiz und Frankreichs waren an den folgenden Tagen an den Evakuierungen und Transportflügen beteiligt.
Neben mehreren Hubschraubern vom Typ Agusta Bell (AB) 204 und 212, sowie Alouette III des österreichischen Bundesheers wurden Sikorsky UH-60 Blackhawk der US Army, Sikorsky CH-53 G der deutschen Bundeswehr und weiters Aérospatiale Super Puma der französischen Streitkräfte, des deutschen Bundesgrenzschutzes und der Schweizer Luftwaffe eingesetzt.
[Bearbeiten] Auswirkungen des Lawinenunglücks
Projekte der Wildbach- und Lawinenverbauung in Galtür
Mit einem Aufwand von ca. 120 Millionen Schilling (Euro 8,7 Mio) wurde und wird in die Lawinensicherheit von Galtür investiert. Folgender Finanzierungsschlüssel wurde vereinbart:
- Bund (69%)
- Land (22%)
- Bundesstraßenverwaltung (4%)
- Gemeinde (5%)
Maßnahmen zum Schutz vor Lawinen in Galtür
Die Lawine vom 23. Februar 1999 hat ein unvorstellbares Ausmaß angenommen. Gegen alle Erwartungen ist die Lawine bis in die grüne (als sicher geltende) Zone vorgedrungen. Die gefallene Schneemenge war im Februar 1999 insgesamt sechs mal höher als der Mittelwert und um 40% höher als der bis dahin gemessene Höchstwert. Um sicherzustellen, dass ein solches Unglück nie wieder vorkommt, wurden nachstehende Maßnahmen gesetzt:
[Bearbeiten] Dreifache Absicherung
[Bearbeiten] Projekte zum Schutz vor Lawinen:
- Die gesamte Verbauung im Anbruchsgebiet (11 km Stahlschneebrücken 3-5 Meter hoch) wird voraussichtlich in 10 Jahren fertiggestellt sein. Derzeit sind ca. 4,4 km Stahlschneebrücken auf der gefährlichsten und technisch schwierigsten Stelle errichtet worden. Diese Verbauung weist daher jetzt schon hohe Schutzwirkung auf.
- Zwei Dämme (6-12 m hoch) am Talboden wurden als Sofortmaßnahme bereits 1999 fertiggestellt.
- Alle zerstörten Häuser wurden bereits 1999 in lawinensicherer Bauweise (Stahlbeton) wiedererrichtet.
[Bearbeiten] Begleitmaßnahmen
- Zum Schutz der Zufahrtsstraße nach Galtür werden mehrer Anbruchsverbauungen und Lawinenschutzgalerien errichtet. Mittlerweile wurden zwei Großprojekte (Galerien) östlich und westlich von Ischgl und mehrere Anbruchsverbauungen realisiert
- Im Schutz der Verbauungen wird auch dort Wald entstehen, wo früher keiner war
- Bereits im Jahr 1999 wurde ein neues Zivilschutzentrum beim Alpinarium eingerichtet (Feuerwehr, Rettung, Bergrettung). Die Rückwand des Gebäudes ist so gestaltet, dass sie auch als Lawinenschutz dient.
- Rund um Galtür wurden mehrere Wettermessstationen eingerichtet. Galtür hat damit vermutlich das dichteste Messstellennetz der Welt.
- Die Katastrophe Galtür führte schließlich zur Anschaffung von 9 Großhubschraubern durch das Bundesheer.
[Bearbeiten] Alpinarium
Zur Dokumentation des Lawinenunglücks wurde ein Themenmuseum zur Kultur- und Naturgeschichte der Region eingerichtet, das auch lokalen Organisationen als Schulungs- und Informationszentrum dient.
Das Gebäude selbst ist Teil eines 1999 errichteten Lawinenschutzdamms.
In Galtür fand zusammen mit Hall in Tirol die Tiroler Landesausstellung 2005 statt.
[Bearbeiten] Lawine 28. Dezember 1999
Am 28. Dezember 1999 ereignete sich im Jamtal (Gemeindegebiet von Galtür) ein weiteres Lawinenunglück, bei dem neun Deutsche starben. Unweit der Jamtalhütte (2165 m) wurde eine von Bergführern des DAV Summit Club geführte Gruppe auf dem Rückweg vom Rußkopf von der Lawine erfasst. 14 Personen wurden verschüttet, 9 konnten nur noch tot geborgen werden.
[Bearbeiten] Bauwerke
Galtürturm
[Bearbeiten] Literatur
- Fuchs/Khakzadeh/Weber (Hrsg.): Recht im Naturgefahrenmanagement. Innsbruck (2006)] - Die Fortsetzung der rechtlichen Auseinandersetzung aus wissenschaftlicher Sicht
[Bearbeiten] Weblinks
- air.droessler.at – Bericht über den Lawineneinsatz in Galtür
- Alpinarium Galtür
- Lawinenunfall im Jamtal am 28. Dezember 1999
- Berg&Steigen 4/2002 – Zu den rechtlichen Auseinandersetzungen in Folge des Lawinenunglücks im Jamtal vom 28. Dezember 1999
- www.geschichte-tirol.com: Galtür
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