Franz Richter
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Franz Richter, geboren am 16. Jänner 1920 in Wien, österreichischer Dichter (v.a. Lyrik, Essays und Romane).
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[Bearbeiten] Biographie
Nach seiner Gymnasialzeit begann Franz Richter neben einer musikalischen Ausbildung als Violinist bei Willi Boskovsky sein Studium an der Universität Wien. 1940 wurde er zur Deutschen Wehrmacht einberufen und geriet in den Wirren der letzten Kriegswochen auf der pommerschen Seenplatte im März 1945 in russische Kriegsgefangenschaft. Erst 1948 konnte er aus der Gefangenschaft nach Österreich zurückkehren, und setzte – als „Werkstudent“ neben einer Tätigkeit als Lehrer an einer Wiener Berufsschule – sein durch die Kriegsereignisse unterbrochenes Studium fort und promovierte 1950 zum Dr.phil. Danach war er an verschiedenen Schulen Wiens (Wiener Handelsakademie, zuletzt am „Theresianum“) als Professor für Chemie tätig. Für den Chemieunterricht an den Höheren Schulen verfasste er auch mehrere vielbenutzte Lehrbücher, deren Erfolg ihm die notwendigen Mittel für sein literarisches Schaffen als Lyriker und Essayist verschaffte.
Neben seiner Tätigkeit als Lehrer und Schriftsteller engagierte sich Franz Richter zeit seines Lebens auch in dem oft unbedankten Gebiet der Kunst- und Kulturförderung, als Mitglied von Fördervereinigungen und Kunstsenaten, als ebenso feinsinniger wie unbestechlicher Rezensent für Literaturzeitschriften und konnte dadurch viele — junge wie ältere, bereits dem Vergessen anheimgefallene — Talente fördern. Gemeinsam mit seiner Ehegattin, welche als Violoncello-Solistin seine vielseitigen musikalischen Neigungen teilte und förderte, hielt Franz Richter bis ins hohe Alter die fast schon ausgestorbene Kunstgattung „Hausmusik“ auf hohem Niveau aufrecht — in ständiger Fühlung mit seinem großen Freundeskreis aus dem Bereich der Musik (z.B. Horst Ebenhöh, Reinhold Gabriel u.a.).
[Bearbeiten] Künstlerische Bedeutung
Richters literarisch-musikalische Doppelbegabung gibt seiner Lyrik jene Intensität und klare Formgebung, die sich jedem Schwulst und aller Konvention verschließt. Doch auch sein erlernter Beruf als Chemiker, für den naturwissenschaftliche Genauigkeit stetes Erfordernis ist, ist vor allem seinem reichen essayistischen Schaffen zugute gekommen. Alle Werke durchzieht jedoch eine radikale Unbestechlichkeit, ein innewohnender diagnostischer Blick, der ans Licht fördert, was die Klarheit des Gedankens fordert.
Die geradezu enzyklopädische Bildung Richters, die seine Essays auszeichnet und zu immer neuen Leseerlebnissen einläd, wirkt nie prätentiös, sondern ermöglicht dem Autor jene leicht wirkende Selbstverständlichkeit, über sein Thema umfassend zu handeln und auch die unterschiedlichsten Blickwinkel eines Problems zu entdecken. Manchmal droht Richter seine Texte mit Reflexionen zu überfrachten, doch selbst dann kann der Leser dem Autor wegen der sachlichen Klarheit des Stils ohne Schwierigkeiten folgen und sich auf eine — wenngleich verwirrende, so doch immer gewinnträchtige — Reise ins Unbekannte einlassen.
Das zentrale Erleben des Zweiten Weltkriegs und der schwierigen Nachkriegszeit, welche in der Biographie des Autors eine klarerweise dominierende Rolle spielte, spiegelt sich in den Romanen Richters, insbesondere seinem Hauptwerk „Spaltklang“. In schonungsloser und doch nie verletzender Weise fördert Richter hier die unheilvolle Geschichte der 40er- und 50er-Jahre des 20. Jahrhunderts zutage.
In seinem späten Gedicht Ernte hat Richter in wenigen Zeilen sein Schaffen treffend zusammengefasst:
- Gib und nimm
- gib und vergib
- vergib das Vergebliche
- nimm das Vernehmliche
- und sei's auch nur als Ahnung
- dessen, was im Vergeblichen
- die Gabe war.
[Bearbeiten] Mitgliedschaften und Funktionen
Ehrenmitgliedschaft des Österreichischen P.E.N. Clubs, des Österreichischen Schriftstellerverbandes und der W. H. Auden-Gesellschaft.
1975-79 Präsident des Österreichischen Schriftstellerverbandes
1976-90 Generalsekretär des Österreichischen P.E.N. Clubs
1979-96 Delegierter in die Hörer- und Sehervertretung des Österreichischen Rundfunks
Mitglied des Literaturkreises PODIUM, der IG Autorinnen Autoren, der Humboldtgesellschaft, Mannheim, und der Société europeenne de Culture, Venise.
[Bearbeiten] Preise und Auszeichnungen
1967 Theodor-Körner-Preis
1967 Preis der Stadt Wien für Literatur
1981 Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst
1984 Kulturpreis des Landes Niederösterreich
1985 Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien
1988 Otto Stoessl-Preis
1990 Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse
2000 Humboldtplakette der Humboldt-Gesellschaft Mannheim
[Bearbeiten] Werke
[Bearbeiten] Bücher
Wir, die an den Grenzen wohnen. Gedichte. Jugend und Volk, Wien 1955
Anbruch der Vergangenheit'. Gedichte. Bergland, Wien 1964 ISBN B0000BMSXL
Diogenes – ultraviolett. Roman. Stiasny, Graz 1964
Wir leben chemisch. Sachbuch. Jugend und Volk, 1967 ISBN B0000BT8AS
Keine Sintflut für Noah – Die dreifältige Einfalt. Zwei Spiele zwischen Glauben und Zweifel. Bergland, Wien 1968 ISBN B0000BT8AR
Humanimales'. Fabeln. (Illustrationen: Thomas Moog). Jugend und Volk, Wien 1969 ISBN B0000BT8AQ
Kreuzweg. Reliefs von Horst Aschermann. Presse und Vertrieb in Österreich, Wien 1971
Kosmo-Rhythmik. Anklänge und Entsprechungen. (Nachwort: Kurt Adel). Bergland, Wien 1973
Im Wendekreis der Blume. Essays über Pflanzenästhetik. (Illustrationen: Horst Aschermann). Wien 1975 ISBN 3203505045
Trockengebiet. Gedichte. Vlg. Grasl, Baden 1980 ISBN 3850981215
Kein Pardon für Genies. Zwölf Charakterbilder. Niederösterreichisches Pressehaus, Wien 1982
Kurz gefaßt, lang bedacht ... Gedankensplitter. Niederösterreichisches Pressehaus, Wien 1984
Auf der Atembrücke von A nach O. Gedichte. (Nachwort: Alexander Giese). Wien 1986 ISBN 3853267653
Spaltklang. Roman vom Erbteil Europa 1933-1955. Wien 1987 ISBN 3853268269
Gestalten der Liebe. Erdachte Briefwechsel, literarische Porträts. Wien 1989 ISBN 3853269060
Lichtecho. Gedichte. (Nachwort: Marianne Gruber). St. Pölten–Wien 1992 ISBN 3853269710
Ein Pfauensommer. Drei Erzählungen vom magischen Auge. (Nachwort: Kurt Adel). Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten–Wien 1994
Geheimes wird Signal. Gedichte. (Nachwort: Matthias Mander, Illustrationen: Ernst Steiner). St. Pölten 1996 ISBN 3901117253
Lob der Weltvernunft. Gedichte. St. Pölten–Wien 1999 ISBN 3-85326-107-8
Ausgewählte Gedichte. Reihe „Podium Porträt“ 20. St. Pölten–Wien 2005 ISBN 3-902054-33-6
Bruchwerk aus einer Umbruchszeit. (Illustrationen: Horst Aschermann, Nachwort: Reinhart Hosch). Edition Doppelpunkt, Wien 2005 ISBN 385273181X
[Bearbeiten] Auswahl aus den Essays
Gesicht des Menschen, in: Rudolf Felmayer, Festgabe. 1968
Weisheit der Heiterkeit, in: Ernst Schönwiese, Festschrift. 1978
Einzelgänger im Massenmedium, in: Roman Roček. 1995
Neue Sandalen für Sokrates, in: Humboldtgesellschaft (Bd. 15). 1998
Ordnung und Freiheit, in: Beethovenfest. Bonn 2000
Humanität und Literatur, in: Alexander Giese. 2001
Zum Wolfgang Amadé Mozart Gedenkjahr, in: Carinthischer Sommer 2006, Programm zur Eröffnung der Festspiele.
[Bearbeiten] Hörspiele
Keine Sintflut für Noah. 1969
Die Reifeprüfung mit der Sphinx. 1972
Nur den Sängern kann es noch gelingen. 1984
[Bearbeiten] Literatur
- Kurt Adel,Die Literatur Österreichs an der Jahrtausendwende, Peter Lang-Verlag, Frankfurt 2001, ISBN 3-631-37972-2
- Marianne Gruber, Vorwort in Podiumportrait 20, Franz Richter, Gedichte aus 65 Jahren, Verlag Podium, St. Pölten 2005, ISBN 3-902054-33-6.
- Matthias Mander,„Ich bin hier vorgekommen“, Literarisches Österreich 2/2004, Organ des Österreichischen Schriftstellerverbandes.
[Bearbeiten] Weblinks
Eintrag in AEIOU
Kurzbiographie
Franz Richter: Gestaltungskraft. Friedrich Ch. Zauners „Passion“
Rezension „Lob der Weltvernunft“
Zum 85. Geburtstag
„Sprechen über Gott“. Ein kurzer Disput zwischen Franz Richter und Martin G. Petrowsky
Personendaten | |
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NAME | Richter, Franz |
KURZBESCHREIBUNG | Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 16. Jänner 1920 |
GEBURTSORT | Wien |