Ein Glück

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Ein Glück ist eine Novelle von Thomas Mann aus dem Jahre 1904. Sie wurde erstmals in der Neuen Rundschau, Jg. 15, H. 1, veröffentlicht. Die erste Buchveröffentlichung erfolgte 1914 in Das Wunderkind. Novellen. 1922 und 1958 wurde Ein Glück in die Gesamtausgaben, die damals angelegt wurden, aufgenommen.

[Bearbeiten] Inhalt

In dem Garnisonsstädtchen Hohendamm hauen die Husaren-Offiziere manchmal über die Stränge. Allen voran Rittmeister Baron Harry. Seine Husarenstückchen gehen so weit, dass er mitunter das Opfer - z.B. einen Bäckerburschen - demütigt und glaubt, dies mit Geldspenden ausgleichen zu können. Der forsche Rittmeister macht mit den tiefen Kränkungen sogar vor seiner Gattin, der Baronin Anna, nicht halt.

In Gugelfings Bierhalle treten die "Schwalben" auf, eine fahrende Truppe aus ca. 30 singenden Damen. Die berittenen Edelleute der Garnison besuchen die Auftritte der jungen Varieté-Sängerinnen und kommen auf die Idee, die "Schwalben" für eine private Feier - in Anwesenheit der Ehefrauen! - zu engagieren.

Hier ergeben sich verschiedene Gefühlsverwicklungen. Der zunächst am Klavier sitzende Avantgardeur, der erfolglos Baronin Anna verehrt, wird von seinem Platz verscheucht, weil er laut Baron Harry nur "Trauergeläute" zustandebringt. Harry möchte aber "einen Rhythmus." Anna hingegen stellt plötzlich fest, dass "ihre eigene Sehnsucht nach der kleinen 'Schwalbe' Emmy", der Harry den Hof macht, "heißer und tiefer" ist als die Harrys. Die Schwalbe hingegen, von Harry nur gelangweilt, fühlt sich zu dem Avantgardeur hingezogen. Und: Anna hat den Eindruck, dass diese Emmy hin und wieder auch nach ihr selbst schaut...

Anna muss -zunächst tatenlos - mit ansehen, wie ihr Gatte, dieser Wicht und Fant, der kleinen "Schwalbe" Emmy den ganzen Abend den Hof macht. Emmy ist gründlich ordinär aber wundervoll. Als der Rittmeister dann in aller Öffentlichkeit Emmy körperlich bedrängt und dabei der Widerstrebenden seinen Ehering ansteckt, steht Anna auf und verlässt den Ort ihrer Demütigung. Und da begibt sich etwas ganz Seltsames. Emmy ergreift für Anna Partei, bezeichnet Harry als gemein, gibt Anna den Ring zurück und drückt ihr einen weichen, inbrünstigen Kuss auf die Hand. Anna, entzückt und bezaubert, erlebt für einen Augenblick das Glück, das entsteht, wenn jene zwei Welten, zwischen denen die Sehnsucht hin und wieder irrt, sich in einer kurzen, trügerischen Annäherung zusammenfinden.

[Bearbeiten] Vorlage

Thomas Manns Duz-Freund Kurt Martens hatte ihm im Sommer 1903 eine „Casino- Geschichte“ erzählt, die er während seiner Militärzeit in einem Husarenregiment miterlebt hatte. Thomas Mann notierte sich im Notizbuch 7 einige Stichworte, die er im November 1903 für die Niederschrift von „Ein Glück“ verwendete.

[Bearbeiten] Vergleichbare Texte Manns

Die Sehnsucht des Ernsthaften, Ungeschickten, gesellschaftlich nicht Gewandten nach dem lebenstüchtigen, "ordinären" Liebling der Gesellschaft ist ein Motiv, das bei Thomas Mann nicht selten auftritt. Tonio Kröger etwa empfindet es, und auch Paolo Hofmann erlebt in seiner Tanzstundenzeit Ähnliches. Bemerkenswert ist, dass in Ein Glück ausnahmsweise einmal eine Frau eine Frau begehrt, während die Sehnsuchtsobjekte bei Thomas Mann sonst in aller Regel männlichen Geschlechts sind.

[Bearbeiten] Anmerkungen

Leben und Werk Thomas Manns verknüpft KURZKE in seiner Besprechung mit dem Novellentext .
VAGET (S.537) nennt die Kasino-Novelle Kitsch und SPRENGEL nimmt sie in seine Literaturgeschichte nicht in das Register auf.
VAGET (S.573-574) führt einige Details auf, wie z.B. das Faible des Autors für das Motiv der gleichgeschlechtlichen Neigung.

[Bearbeiten] Literatur

Hans R. VAGET in: Helmut Koopmann (Hrsg.), Thomas-Mann-Handbuch. Stuttgart 2001. ISBN 3520828030
Hermann KURZKE: Thomas Mann. Das Leben als Kunstwerk. Frankfurt a. M. 2001. S.133-134. ISBN 3596148723
Peter SPRENGEL: Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1900 - 1918. S.896-897. München 2004. ISBN 3406521789