Der Idiot
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Der Idiot zählt zu den fünf großen Romanen Fjodor Dostojewskis und erschien von Januar 1868 bis Februar 1869 in der Zeitschrift Russkij Vestnik.
Er schildert die tragik-komische Geschichte des Fürsten Myschkin, der - nach einem Aufenthalt in einem Schweizer Sanatorium - fast geheilt von seiner Epilepsie nach Russland zurückkehrt, in der Sankt Petersburger Gesellschaft aber scheitert, weil er in seiner Naivität, Ehrlichkeit und Tugendhaftigkeit sich nicht gegen die Intrigen seiner Umgebung zur Wehr zu setzen vermag. Dass sein Herz zwei Frauen zur gleichen Zeit gehört, führt zu einer in den Augen seiner Umgebung moralisch falschen Entscheidung und seiner gesellschaftlichen Ächtung.
[Bearbeiten] Inhaltsangabe
Der junge Fürst Myschkin kehrt nach einem jahrelangen Aufenthalt in einer Schweizer Heilanstalt nach Petersburg zurück. Er leidet an Epilepsie und gleicht in emotionaler Hinsicht einem Kinde. Er zeigt sich großmütig und ist immer bereit zu verzeihen und das Beste in den Menschen zu sehen.
Im Zug trifft er einen Mann namens Rogoschin, der ihm von seiner leidenschaftlichen Liebe zu Nastassja Filippowna erzählt. Diese Nastassja Filippowna Baraschkowa ist eine sehr schöne, aber auch schwierige Frau. Von einem wohlhabenden Mann ausgehalten und missbraucht, schwankt sie zwischen unnahbarem Stolz und Selbstzerstörung. Als der Fürst sie zum ersten Mal sieht, verliebt er sich ebenfalls sofort in sie.
Zuerst sucht er aber seine entfernte Verwandte Jelisaweta Prokofjewna Jepantschina (geborene Myschkina) auf, die mit einem wohlhabenden General verheiratet ist und drei Töchter hat. Dort wird er wohlmeinend aufgenommen und findet bei einem Bekannten der Familie Quartier.
Dieser Bekannte, Ganja, soll Nastassja Filippowna heiraten, in die Rogoschin, der Mann, den der Fürst im Zug kennenlernte, so leidenschaftlich verliebt ist. Verständlicherweise herrscht zwischen Ganja und Rogoschin ein gespanntes Verhältnis und als die Verlobung zwischen Ganja und Nastassja Filippowna bekannt gegeben werden soll, weist sie ihn höhnisch ab und wendet sich Rogoschin zu.
Doch auch ihn lässt sie zappeln. Sie stimmt Hochzeitsterminen zu, verschiebt sie wieder oder verschwindet vorher mit Fürst Myschkin. Nach einigen Turbulenzen zieht sich der inzwischen wieder gesundheitlich angeschlagene Fürst auf Einladung eines Freundes auf dessen Sommerfrische außerhalb von Petersburg zurück. Auch seine Verwandte und ihre Familie halten sich dort auf und der Fürst verkehrt häufig in ihrem Haus. Langsam deutet sich eine aufkeimende Liebe zwischen dem Fürsten und der jüngsten Tochter Aglaja Jepantschina an. Aglaja liebt den Fürsten, weil er wie ein "armer Ritter" sich zu Nastassja Filippowna bekannt hat, andererseits weiß sie auch, dass gerade die Zuneigung des Fürsten zu einer gefallenen Frau die Ehe mit ihm unmöglich macht. Am Ende siegt die Konvention über die Liebe und das Verlöbnis kommt nicht zustande.
In diesem Teil des Romans geraten Nastasja Filippowna und Rogoschin etwas aus dem Blick des Autors, Dostojewskii beschreibt hier eine Gesellschaft, deren Protagonisten zu keinen Taten fähig sind und deren Dasein sich deshalb in leerem Gerede erschöpft. Der Gegensatz zu der unbedingten Leidenschaft Nastasja Filippownas und Rogoschins könnte nicht größer sein.
Am Ende des Romans tötet Rogoschin Nastasja Filippowna und holt heimlich den Fürsten, um mit ihm die Totenwache zu halten. Myschkin ist der seelischen Belastung aber nicht gewachsen, und fällt in einen psychotischen Schockzustand. Er ist später nicht einmal mehr in der Lage, seine Freunde zu erkennen und wird wieder in dasselbe schweizer Sanatorium eingewiesen.
[Bearbeiten] Analyse
Fürst Myschkin, der Held des Romans, ist eine Art russischer Parzival. Unschuldig und naiv, lässt ihn Dostojewski ziemlich hilflos in die alltäglichen Intrigenspiele der gehobenen Mittelschicht geraten. Und noch übler ergeht es ihm zwischen zwei exzentrischen Frauen. Auf der einen Seite wird er wegen seiner Aufrichtigkeit und Gutherzigkeit glühend bewundert, anderseits oft verächtlich als naiver Idiot betrachtet, der zu keiner entschiedenen Tat fähig ist.
Myschkin kann als Versuch gesehen werden, einen allein von der Ethik und Gesinnung der Bergpredigt geleiteten Charakter zu entwerfen, der in der realen Welt notwendig scheitern und an seinen Mitmenschen unschuldig schuldig werden muss.
Nastassja Filippowna, eine der beiden weiblichen Hauptfiguren, kann sich nicht zwischen der leidenschaftlichen, körperlichen und besitzergreifenden Liebe von Rogoschin und der Liebe des Fürsten, die mehr zu brüderlicher Zuneigung und Mitleid neigt und platonischer Natur ist, entscheiden. Hier stellt Dostojewski die sexuelle Anziehung der Zuneigung gegenüber und lässt seine Protagonisten schließlich an diesem Widerspruch immer wieder scheitern.
Dostojewski benutzt seinen offen-naiven Helden aber auch als Sprachrohr für seine Überzeugungen. Dabei richtet er sich gegen den westlichen Einfluss in Russland, gegen die katholische Kirche und den Sozialismus. Die Rückbesinnung auf das traditionelle Russland und seine Kirche sollen den moralischen Verfall verhindern.
Charaktere und ihre Interaktion beschreibt Dostojewski mit einer vor ihm nicht bekannten psychologischen Feinfühligkeit. Seine Personen sind in aller ihrer Exzentrik verblüffend realistisch und, trotz ihrer tiefen Verwurzelung in ihrer Zeit und Gesellschaft, zeitlos. Der Leser wird Menschen in seiner Umgebung kennen, die sich ähnlich eigenartig benehmen.
Dostojewski beschreibt den Grund dafür nicht plakativ. Der Leser muss sich schon etwas selbst zusammenreimen, wird aber dann durch die bemerkenswerte Menschenkenntnis Dostojewskis reichlich belohnt. In den zahlreichen - teilweise ausufernd langen - Disputen und Monologen der Charaktere wird außerdem ein breites Spektrum an gesellschaftlichen, politischen und sozialen Themen angeschnitten, was den Leser zum Nachdenken anregt und ihm einen Einblick in die Befindlichkeit der damaligen russischen Gesellschaft verschafft.
[Bearbeiten] Verfilmungen
- 1946 - Der Idiot (L’idiot) – Regie: Georges Lampin – (mit Gérard Philipe)
- 1951 – Hakuchi – Regie: Akira Kurosawa
- 1958 - Der Idiot (Nastasja Filippowna) - Regie: Iwan Pyrjew
- 1985 - Liebe und Gewalt (L’amour braque) – Regie: Anrdrzej Zulawski)
- 1999 - Die Rückkehr des Idioten (Navrat idiota) – Regie: Sasa Gedeon
- 2003 - Der Idiot (Idiot), Fernsehserie, 10 Folgen - Regie: Wladimir Bortko, Russland