Circle of Sig-Tiu
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Circle of Sig-Tiu war eine deutsche Punkband, die um 1984/85 in Bingen gegründet wurde. Die Band ging aus der Vorgängergruppe „Aus-98“ hervor, die 1983 eine selbstproduzierte Single veröffentlichten.
„Circle of Sig-Tiu“ spielten eine Mischung aus Dark Wave und Hardcore mit eindeutigem textlichen Hang zu morbiden Themen: Die erste LP „Feuer + Asche“ (1985, Sonic Records) thematisiert über weite Strecken den Zerfall und den Untergang menschlicher Zivilisation, die dem Sänger und Kopf der Gruppe Josef Maria Klumb („Jay Kay“) noch über Jahrzehnte hinweg ein Dorn im Auge sein sollte. Sowohl unter formalen als auch musikalischen Aspekten kann „Feuer + Asche“ als beste Veröffentlichung der Band bezeichnet werden.
Mit der europaweiten Explosion der Hardcoreszene Mitte/Ende der 80er Jahre verlagerten sich die Aktivitäten der Band vom eher ländlich geprägten Bingen in andere damals hochfrequentierte Auftrittsorte wie z.B. Geislingen.
Von Zeitzeugen werden die Musiker zumeist als arrogant und bis ins Letzte von sich selbst überzeugt beschrieben. Insbesondere Sänger „Jay Kay“ verstand sich wohl als Mittelpunkt eines von ihm selbst initiierten Personenkultes, der über die Jahre hinweg immer groteskere Formen annahm. 1986 erschien die 2. LP „Signs of Time“ (wieder auf Sonic), die es sogar zur einer Besprechung in der BRAVO brachte.
Ebenfalls 1986 produzierte die Gruppe einen Sampler mit dem Titel „Kulturschockattacke“, auf dem Punk- und Hardcorebands aus der näheren und ferneren Umgebung (z.B. „WKZ“ aus Ludwigshafen und „Rabatz“ aus Bonn) zu hören waren. Der 2. Teil, dem das gleiche Konzept zu Grunde lag, folgte ein Jahr später.
1987 gründete Bassist Hüsseyn Eksi ein eigenes Label, Ex's Records, auf dem die EP „Signals on Tiusday“ und die letzte LP „We Come With Love But Not for Peace“ erschienen. Auf den letzten beiden Veröffentlichungen spielten christlich-mythologisch inspirierte Texte wie „Stay by my Side (Jesus)“ und „Dear Lord“ eine große Rolle, was der Gruppe auch einige Kritik einbrachte. In den Linernotes der „We Come With Love...“-LP bezeichnet Klumb seine Kritiker als reaktionäre Masse und stilisiert sich selbst als missverstandene Lichtgestalt. Überhaupt schien die Gruppe keine wirkliche Einheit, sondern eher Mittel zum Zweck, Klumb, der fast sämtliche Texte selber schrieb, in Szene zu setzen. Deutliche Hinweise darauf sind (neben dem Begleittext der LP) die häufigen Besetzungswechsel und die Tatsache, dass Musiker, die zwar mitspielten, aber nicht zum erlauchten „Circle“ gehörten, selbst auf den Plattencovern nicht als Bandmitglieder aufgeführt, sondern auf kleinen separaten Fotos gezeigt wurden.
Eine Sache, die erstaunlicherweise nie Gegenstand irgendeiner Kritik wurde, war die merkwürdige Symbolik der Gruppe: Auf Schallplattencovern, Labels und den Jacken der Bandmitglieder prangte von Anfang an ein Symbol, das eine mehr als nur entfernte Ähnlichkeit zu einem Hakenkreuz aufweist. „Sig“ und „Tiu“ sind altgermanische Runen, die mittlerweile vor allem in der militanten Neonazi-Szene (z.B. auf Kleidung der Marke „Thor Steinar“) Verwendung finden. Bereits das „Z“ im Liedtitel „Schwarze Raben“ auf der „Aus-98“-Single ähnelte einer Wolfsangel. Dieser Tatsache zum Trotz wurden in den späten 80er Jahren Stücke von „Circle of Sig-Tiu“ auf politisch äußerst engagierten Punk- und Hardcore-Samplern („Wie lange noch?“, Double A 1985 / „Life is a Joke Vol. 3“, 1987, Weird System), die bei eindeutig antifaschistisch eingestellten Firmen erschienen, veröffentlicht.
1988 löste Klumb die Band auf und veröffentlichte eine Solo-LP mit dem Titel „...And All Your Glamour Will Turn Into Dust“ auf dem Punklabel „Suppenkazpers Noize Imperium“. Auf diesem musikalisch sehr vielseitigen Album war von der textlichen Untergangsstimmung der ersten beiden LPs des „Circle“ faktisch nichts mehr übrig, die Texte waren im Großen und Ganzen belanglos und handelten von alltäglichen Themen wie Frauen, Partys, Liebeskummer und ähnlichem. Im Begleittext findet sich ein Verweis auf Klumbs Gedichtband mit dem programmatischen Titel „Jenseits aller Welt und Zeit“, dem später noch der eine oder andere folgen sollte. 1990 meldete Klumb sich mit der Gruppe „Forthcoming Fire“ zurück, die mit eindeutiger Nazisymbolik, beispielsweise der Schwarzen Sonne, einem Kultsymbol der SS, auftrat und bundesweit Schlagzeilen machte.
Zusammen mit Werner Symanek, Inhaber des rechtsextremen VAWS (Verlag und Agentur Werner Symanek) in Bingen, versucht er seitdem, die Schwarze Szene mit nationalistischem, sozialdarwinistischem Gedankengut zu beeinflussen, was mal mehr, mal weniger von Erfolg gekrönt ist. Diese Aktivitäten rückten Klumb außer ins Visier des Verfassungsschutzes auch in das diverser antifaschistischer Gruppen, die rechte Tendenzen in der Dark-Wave-Szene inhaltlich auf Vorträgen thematisierten und Auftritte von Forthcoming Fire und Klumbs weiteren Projekten „Von Thronstahl“ und „Preussak“ verhinderten.
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[Bearbeiten] Diskographie
[Bearbeiten] als „Circle of Sig-Tiu“
- Feuer + Asche, LP, 1985, Sonic Records
- Signs of Time, LP, 1986, Sonic Records
- Signals on Tiusday, EP, 1987, Ex's Records
- We Come With Love But Not for Peace, LP, 1988, Ex's Records
- Over the Cross (Musik-Kassette, 198?)
- What's harder than live? (Musik-Kassette, ca 1987)
[Bearbeiten] als „Aus-98“
- Alles fällt / Schwarze Raben, Single, 1983, Eigenproduktion
[Bearbeiten] Samplerbeiträge
- Wie lange noch?, 1985, Double A Rec.
- Kulturschockattacke Vol. 1, 1986, Sonic / Sig Tiu Rec.
- Kulturschockattacke Vol. 2, 1987, Sonic / Sig Tiu Rec.
- Bunker Musik, 1987, Bunker Rec.
- Life is a Joke Vol. 3, 1987, Weird System
- 1984 the fourth, 1990, New Wave Records
- Noisegate, ca. 1990/91, Eigenproduktion
Die letzten beiden genannten erschienen etliche Jahre nach Auflösung der Gruppe, dennoch beinhalten sie Material, welches auf vorherigen Veröffentlichungen nicht zu finden war. Entweder handelt es sich um unveröffentlichte Aufnahmen oder die Gruppe wurde zum Aufnehmen der Stücke nochmals reanimiert. Offiziell existierte sie jedoch nicht mehr. Ende der 90er Jahre erschienen nochmals remixte Versionen einiger Songs auf dem „Godfathers of German Gothic“-Sampler. Da dieser Sampler über 10 Jahre nach der Auflösung der Band erschien und lediglich von Klumb selbst veränderte Versionen alter Aufnahmen beinhaltet, wird er hier lediglich der Vollständigkeit halber separat erwähnt.