Certosa di Pavia
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Die Certosa di Pavia ist eine 9 km nördlich von Pavia gelegene Klosteranlage. Sie gehört zu den bedeutendsten Baudenkmälern Oberitaliens.
Diese einmalige Kirchenfassade hat die Kunsthistoriker schon zu ganzen Elogen animiert. Jacob Burckhardt schrieb in seinem „Cicerone“ über sie: „Neben derjenigen des Domes von Orvieto ist sie das erste dekorative Prachtstück Italiens und der Welt ... Allein die unermeßliche Pracht und zum Teil der feine dekorative Geschmack, welche das Erdgeschoß beherrschen, haben ein in seiner Art unvergleichliches Ganzes hervorgebracht.“ (zitiert nach Dewiel, Lydia L.: Lombardei und Oberitalienische Seen. Köln 1987, S. 281)
Dieses Schmuckstück verdankt seine Existenz dem Wunsch eines reichen Gönners, des Grafen Gian Galeazzo Visconti, Herzog von Mailand, im Jahr 1390 in dem riesigen Park seines Schlosses ein Kloster zu errichten, das zugleich Grabstätte seiner Dynastie sein sollte. Warum dieser Herrscher an ein Kloster dachte und ausgerechnet an die Kartäuser, hat seinen guten Grund.
Die Kartäuser widmeten sich ausschließlich dem Gebet und beteten unablässig Tag und Nacht für das Heil der Seelen, und ein solches Seelenheil hatten diktatorische Herrscher wie die Visconti besonders nötig. Es gibt übrigens mehrere Beispiele aus der Kunstgeschichte, dass tyrannische und gefürchtete Herrscher aus Angst vor der ewigen Verdammnis und zur Verbesserung ihres öffentlichen Leumunds solche „guten Werke“ taten, um ihr politisches Handeln gleichsam zu entschuldigen. Ob das im Angesicht der ewigen Gerechtigkeit funktioniert hat, entzieht sich unserer Kenntnis. - Die Vollendung des Klosters zog sich lange hin. Die Fassade wurde erst 1549 abgeschlossen, also 150 Jahre nach Beginn der Bauarbeiten.
Auch der Innenraum der Klosterkirche ist ausgesprochen malerisch und farbenfreudig gestaltet. Das Langhaus wurde in der Mitte des 15. Jhs. vollendet. Der Blick in die Gewölbezone zeigt, dass auch hier mit außerordentlich raffiniertem Farbsinn gearbeitet worden ist. Das Kirchenschiff hat nur sehr kleine Fenster und ist vergleichsweise dunkel, was die dekorative Farbigkeit leider nicht ganz zur Geltung kommen lässt. Hier sind wohl die Klosterideale der Kartäuser mit dem Prunkwillen der Visconti aneinander geraten. Die Seitenschiffe sind so hoch gezogen, dass der Eindruck einer Hallenkirche entsteht.
Das Kloster ist eine ausgedehnte Anlage und besitzt dementsprechend zwei Kreuzgänge. Und hier erkennt man auch an den zahlreichen identischen Häuschen, die um diesen riesigen Kreuzgang herum stehen, das Gundprinzip der Gemeinschaftsordnung der Kartäuser: jeder Mönch lebte isoliert für sich und betete für sein Seelenheil und das der anderen.
Was ist überhaupt eine Kartause, eine Certosa? Der Begriff Kartause leitet sich vom Orden der Kartäuser her, benannt nach dem im Jahr 1084 entstandenen Stammkloster mit dem Namen „La Grande Chartreuse“ in den französischen Alpen im heutigen Savoyen. Die meisten werden den Begriff Chartreuse hauptsächlich von dem gleichnamigen Likör her kennen, der von den Mönchen hergestellt wurde und wird. Die Mönche des Kartäuserordens führten ein extrem isoliertes Leben. Jeder bewohnte ein eigenes kleines Haus, die alle um einen ungewöhnlich großen Kreuzgang herum angelegt waren. Die Kartause von Pavia ist jedenfalls die berühmteste ihrer Art in der Welt.
Zwischen der Certosa und der fast 10 km entfernten Burg von Pavia wurde ein Garten angelegt.
Eindrucksvoll ist besonders die Renaissancefassade der Kirche Madonna delle Grazie die mit zahlreichen Marmorfiguren geschmückt ist. Der Innenraum mit spätgotischen und Renaissanceelementen beherbergt mehrere Grabmale. Vor allem die lebensgroßen Marmorfiguren des Fürsten Ludovico il Moro und seiner Gattin sind wegen ihrer realistischen Darstellung sehenswert.
Neben der Kirche schließen sich ein kleiner und ein großer Kreuzgang an. Die Klosterzellen, jede mit Zugang zum Garten und eigenem Kamin, sind teilweise zugänglich.
Das Kartäuserkloster wurde 1782 aufgelöst. Erst seit 1968 wird die Anlage wieder als Zisterzienserkloster genutzt