Augustputsch in Moskau
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Während des Putschversuchs von 1991, auch bekannt als Augustputsch, setzte eine Gruppe sowjetischer Funktionäre der Kommunistischen Partei der Sowjetunion ihren Präsidenten Michail Gorbatschow vorübergehend ab und versuchte die Kontrolle über das Land zu erlangen. Die Führer des Putschversuchs waren konservative Kommunisten, in deren Augen die wirtschaftliche Umgestaltung zu weit ging. Weiterhin fürchteten sie, dass der von Gorbatschow neu ausgehandelte Unionsvertrag den Republiken zuviel Macht gebe. Obgleich der Putschversuch in nur drei Tagen scheiterte und Gorbatschow wieder eingesetzt wurde, machte das Ereignis Gorbatschows Hoffnungen hinsichtlich des Fortbestehens einer, wenn auch dezentralisierten, Staatenunion zunichte und beschleunigte den Zerfall der UdSSR.
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[Bearbeiten] Hintergrund
Seit 1985 nahm Gorbatschow ein Reformprogramm in Angriff, das von zwei Schlüsselelementen wesentlich geprägt war: die ökonomische und politische Restrukturierung (Perestroika) und die Öffnung gegenüber der Bevölkerung (Glasnost). Diese Reformen zogen jedoch die Ablehnung und den Widerstand des konservativen Flügels der kommunistischen Partei auf sich. Des Weiteren erwuchs sowohl Aufruhr bei den nicht-russischen Minderheiten, die nun die Chance einer größeren Selbstbestimmung sahen, als auch die Angst des Sowjetregimes, dass einige oder alle Unionsstaaten von der Sowjetunion abfallen würden. Nach einigen Verhandlungen stimmten die Republiken einem neuen Unionsvertrag zu, der sie zu unabhängigen Republiken in einer Föderation mit einem gemeinsamen Präsidenten, gemeinsamer Außenpolitik und gemeinsamem Militär machen sollte. Der Vertrag sollte am 20. August 1991 unterzeichnet werden. Obwohl der Vertrag die Union stärken sollte, fürchteten konservative Kommunisten, dass nun einige kleinere Mitgliedsstaaten, vor allem Estland, Lettland und Litauen, auf völliger Unabhängigkeit bestehen würden.
[Bearbeiten] Der Augustputsch
Am 19. August 1991, einen Tag bevor Gorbatschow und eine Gruppe der Staatenführer der Republiken den Unionsvertrag unterzeichnen sollten, versuchte eine Gruppe, die sich selbst „Staatliches Komitee für den Ausnahmezustand“ (Государственный Комитет по Чрезвычайному Положению, ГКЧП) nannte, die Macht in Moskau zu ergreifen.
Mitglieder dieser Kommission waren der Vorsitzende des KGB Wladimir Krjutschkow, der Innenminister Boris Pugo, der Verteidigungsminister Dmitri Jasow und der Ministerpräsident Walentin Pawlow. Alle diese Personen waren erst unter Gorbatschow auf ihre Positionen gelangt.
Die Gruppe verkündete, dass Gorbatschow erkrankt sei und daher von seinen politischen Ämtern befreit worden war. Gorbatschow selbst war zu Beginn des Putschversuchs im Urlaub auf der Halbinsel Krim und blieb dort bis zu dessen Ende drei Tage später. Gennadi Janajew, Vizepräsident der Sowjetunion wurde zum Interimspräsidenten ernannt.
In Moskau und Leningrad folgten große Demonstrationen gegen die Putschführer. Die fehlende Loyalität der Streitkräfte mit den Putschisten verhinderte ein Niederschlagen des Widerstandes, der hauptsächlich vom Präsidenten Russlands Boris Jelzin aus dem Weißen Haus, dem russischen Regierungsgebäude, geführt wurde. Während einer dieser Demonstrationen verurteilte Jelzin, mit einem Megafon auf einem Panzer stehend, den Umsturzversuch wirkungsvoll. Dieser Auftritt, der einen so großen Kontrast zu Janajews halbherziger Fernsehansprache darstellte, wurde eines der erinnerungswürdigsten Ereignisse des Coups und stärkte Jelzins Position ungeheuer. Ein geplanter Angriff auf das Regierungsgebäude durch die „Gruppe Alpha“ der SpezNas, der militärischen Spezialeinheit des KGB, scheiterte, als die Truppen einstimmig den Befehl verweigerten. Eine zur Regierungsseite übergelaufene Panzerschwadron umstellte das Regierungsgebäude, die Waffen nach außen gerichtet. In den angrenzenden Straßen kam es zu Konfrontationen, unter anderem wurden drei Demonstranten von einem Panzer überfahren. Alles in allem gesehen gab es jedoch überraschend wenig Gewalt.
Am 21. August bekannte sich die Mehrheit der Truppen offen zu den Demonstranten, die Verbliebenen wurden abgezogen. Der Putsch scheiterte und Gorbatschow, welcher in seiner Datscha auf der Halbinsel Krim festgehalten wurde, kehrte unter dem Schutz von Jelzins Truppen nach Moskau zurück.
In Moskau angekommen tat Gorbatschow so, als wäre in den drei Tagen nichts geschehen. Er versprach lediglich die KPdSU von konservativen Kräften zu säubern. Er trat als Generalsekretär der KPdSU, die nach einem Dekret Jelzins verboten wurde, zurück, blieb jedoch Präsident der Sowjetunion. Der erstarkte Boris Jelzin übernahm im Folgenden die Kontrolle über Medien und Schlüsselministerien, um schließlich die Macht in ganz Russland zu ergreifen.
[Bearbeiten] Literatur
- Michail Gorbatschow: Der Staatsstreich. München 1991, ISBN 3-570-01408-8