Wilhelm Teudt
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Wilhelm Teudt (*1860; † 5. Januar 1942 in Detmold) war ein völkischer Laienforscher, der versuchte, archäologische Belege für eine germanische Hochkultur zu finden. Seine wissenschaftlich nicht haltbaren Thesen, die er vor allem in seinem Hauptwerk "Germanische Heiligtümer" (Jena 1929) vorstellte, kursieren auch heute noch in esoterischen und neuheidnischen Kreisen. Sein Hauptinteresse galt dabei den Externsteinen, in denen er eine alte germanische Kultstätte bzw. ein prähistorisches Observatorium sah. Neben Grabungen und Landschaftsvermessungen vertraute Teudt vor allem auf ein "artgemäßes Empfinden" als Untersuchungsmethode. Das heißt, er versuchte an einem Ort die "Schwingungen" der Ahnen aufzufangen und sich so ein Bild der Szenerie vor mehreren hundert oder tausend Jahren zu machen.
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[Bearbeiten] Leben
Teudt studierte in Berlin, Leipzig, Tübingen und Bonn evangelische Theologie. 1895 wurde er Pfarrer im damaligen Fürstentum Schaumburg-Lippe. 1895 übernahm er die Leitung der Inneren Mission in Frankfurt a. M.. Der Bruch mit der Kirche erfolgte 1908. Teudt legte sein Pfarramt nieder und wandte sich den Reformbewegungen zu. So wurde er im selben Jahr Leiter des "Keplerbundes zur Förderung der Naturerkenntnis" - einer Vereinigung von Bildungsbürgern, die das Weltgeschehen durch Biologie und Vererbungslehre bestimmt sahen. Am Ersten Weltkrieg nahm Teudt trotz seines Alters als Freiwilliger teil. Nachdem er - bedingt durch die Ruhrbesetzung - 1921 nach Detmold umzog, gründete er dort den "Cheruskerbund", die lippische Untergruppe der paramilitärischen Organisation Escherich. Die Vereinigung verfügte ab dem Frühjahr 1922 über eine paramilitärische Abteilung, den "Nothung", und zählte 1923 rund 1100 Mitglieder. Außerdem war Teudt Gauherr der Detmolder Ortsgruppe des antisemitischen Deutschbundes.
Ab Mitte der 1920er Jahre wandte sich Teudt der "völkischen Germanenkunde" zu. Darunter verstand er die Aufdeckung vermeintlich germanischer Kultstätten. Er gründete 1928 die "Vereinigung der Freunde germanischer Vorgeschichte". Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde dieser Vereinigung von verschiedenen NS-Dienststellen wohlwollendes Interesse entgegengebracht. Darunter der von Rudolf Hess geleitete "Reichsbund für Volkstum und Heimat" - eine Art Dachverband, der Volkskunde, Heimatpflege, Naturschutz, Trachtentum etc. unter seiner Ägide zusammenfasste. Auch Teudt und seine "Vereinigung der Freunde germanischer Vorgeschichte" traten dem Reichsbund bei.
Alfred Rosenberg mit seinem "Reichsbund für Vorgeschichte" bemühte sich ebenso wie Himmler um Kontakte zu Teudt. Letztlich war es Himmler, dem Teudt sich zuwandte. Nicht zuletzt deshalb, da viele seiner Kritiker sich in Rosenbergs "Kampfbund für deutsche Kultur" versammelt hatten. Im Zuge dieser Kontakte regte Teudt an, die Externsteine, hinter denen er seit langem eine germanische Kultstätte vermutete, in einen "Heiligen Hain" umzugestalten. Himmler griff diesen Vorschlag begeistert auf und erklärte den gesamten Raum Detmold zur "weltanschaulichen Interessensphäre der SS". Darüber hinaus gliederte er Teudts Verein 1936 als "Pflegstätte für Germanenkunde" der Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe e. V. ein.
Obwohl Teudt in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre zahlreiche Ehrungen zuteil wurden (Professorentitel, die immer noch bestehende Ehrenbürgerschaft der Stadt Detmold, Verleihung der "Goethe-Medaille"), begann sein tatsächlicher Einfluss rapide zu schwinden. Seine selbst für das Ahnenerbe teilweise zu fantastischen, dafür wissenschaftlich umso weniger abgesicherten Ansichten sowie kritische Äußerungen über das Ahnenerbe führten im Februar 1938 schließlich zu Teudts Ausschluss.
[Bearbeiten] Kritik
Dass er seine Schuldigkeit für die Ziele der Nationalsozialisten längst getan hatte, verrät auf trügerische Weise ein Ausschnitt aus der parteiamtlichen Grabrede nach Teudts Tod im Jahr 1942:
"Wesentlich ist, daß Teudt in den Herzen unzähliger Deutscher ... durch seinen begeisterten Aufruf germanische Heiligtümer schuf. Darin liegt das unvergängliche Verdienst Teudts für die deutsche Erneuerung ... Es fehlt bei uns gewiß nicht an klugen Köpfen, aber die tapferen Herzen dürften in der Wissenschaft häufiger sein."
Teudts Versuch, seine romantisch bestimmte Sehnsucht nach einer frühen germanischen Hochkultur mit archäologischen Mitteln zu bestätigen und die daraus resultierende Halbwissenschaft, trug - neben vielen anderen völkisch-orientierten Esoterikern - mit dazu bei, der nationalsozialistischen Rasseideologie eine vermeintlich solide Grundlage zu verschaffen. Als Wissenschaftler ist Wilhelm Teudt heute vergessen. Seine Gedankenwelt aber ist auch heute noch in neuheidnischen und esoterischen Kreisen weit verbreitet.
[Bearbeiten] Werke
- Germanische Heiligtümer, Beiträge zur Aufdeckung der Vorgeschichte, Jena 1929-1936 (4 Auflagen), Nachdruck: Bremen 1982
[Bearbeiten] Literatur
- Siekmann, Roland: Eigenartige Senne. Zur Kulturgeschichte der Wahrnehmung einer peripheren Landschaft [= Lippische Studien 20]. Institut für Lippische Landeskunde, Lemgo 2004
- Uta Halle, Die Externsteine sind bis auf weiteres germanisch!" : prähistorische Archäologie im Dritten Reich (Bielefeld : Verl. für Regionalgeschichte 2002).
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Wilhelm Teudt im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- PDF zu Teudts Biographie
Personendaten | |
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NAME | Teudt, Wilhelm |
KURZBESCHREIBUNG | völkischer Laienforscher |
GEBURTSDATUM | 1860 |
STERBEDATUM | 5. Januar 1942 |
STERBEORT | Detmold |