Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Sergei Sergejewitsch Prokofjew - Wikipedia

Sergei Sergejewitsch Prokofjew

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Sergei Sergejewitsch Prokofjew (russisch Сергей Сергеевич Прокофьев, wiss. Transliteration Sergej Sergeevič Prokofjev; * 11. April/23. April 1891 auf dem Gut Sonzowka bei Jekaterinoslaw (heute Dnipropetrowsk) in der Ukraine; † 5. März 1953 in Moskau) war ein russischer Komponist.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Prokofjew, der Sohn eines Gutsverwalters, zeigte schon früh großes musikalisches Talent. Bereits im Alter von 4 Jahren erhielt er den ersten Klavierunterricht von seiner Mutter, 1896 schrieb er seine ersten Kompositionen. Nachdem in den Sommern der Jahre 1902 und 1903 der Komponist Reinhold Glière dem jungen Prokofjew Privatstunden erteilt hatte, wurde dieser Anfang 1904 Alexander Glasunow vorgestellt, der ihm empfahl, sofort ein Studium am Konservatorium zu beginnen. So wurde Prokofjew schon im April 1903 Student am Sankt Petersburger Konservatorium, wo er bis 1914 Komposition, Kontrapunkt, Orchestration, Klavier und Dirigieren unter anderem bei Nikolai Rimski-Korsakow und Anatoli Ljadow studierte. Unterdessen war er mit einigen Kompositionen an die Öffentlichkeit getreten und hatte sich als brillanter Pianist einen Namen gemacht. Bis 1918 blieb er in Russland, reiste viel und gab Konzerte.

Aufgrund der schwierigen Situation nach der Oktoberrevolution entschloss Prokofjew sich, Russland 1918 zu verlassen, und zog in die USA. Dort gelang es ihm jedoch nicht, Fuß zu fassen, sodass er sich im April 1920 nach einem finanziellen Fiasko in Frankreich niederließ. In den folgenden Jahren war er mit Ausnahme der Jahre 1922/23, in denen er in Ettal wohnte, überwiegend in Paris wohnhaft. 1923 heiratete er Carolina Codina, eine spanische Sängerin mit dem Künstlernamen Lina Ljubera. Seine vielfältigen Konzertreisen als Dirigent und besonders als Pianist führten ihn 1927 erstmals wieder in die Sowjetunion. Daraufhin beschäftigten ihn immer stärker Gedanken an eine Rückkehr, was nach einigen Jahren des „Pendelns“ zwischen Moskau und Paris schließlich dazu führte, dass er sich 1936 endgültig in Moskau niederließ. Zwei Jahre später unternahm er seine letzte Reise ins westliche Ausland. In der Sowjetunion erlebte Prokofjew eine Produktivitätssteigerung; viele seiner bedeutendsten Werke entstanden dort. 1941 trennte er sich von seiner Familie und zog zu Mira Mendelson, die er 1948 heiratete. 1945 stürzte er schwer, was zu einer nachhaltigen Schädigung seiner Gesundheit führte. Im Jahre 1948 wurde er mit „Beschluss“ des ZK der KPdSU formalistischer Tendenzen bezichtigt und zu größerer Volkstümlichkeit aufgefordert. Obwohl seine Gesundheit bedingt durch die Folgen des o.g. Unfalls in seinen letzten Lebensjahren stark nachließ, blieb Prokofjew bis zu seinem Tode unermüdlich tätig. Ab 1952 erhielt er eine staatliche Pension. Er starb am 5. März 1953, am selben Tag wie sein größter ideologischer Peiniger, Stalin. Dabei mutet dieser Umstand wie eine Ironie der Geschichte an, da Prokofjews Tod, im Schatten der landesweiten Trauer um den gleichzeitig verstorbenen Diktator, von der Öffentlichkeit fast völlig unbeachtet blieb. Es fanden sich noch nicht einmal mehr Blumen für sein Grab.

[Bearbeiten] Stil

Prokofjew selbst hat seinen Stil als Zusammenspiel von vier Grundlinien erklärt. Die klassische Linie kommt einerseits in seinem Interesse für historisierende Elemente wie alte Tänze, andererseits im Festhalten an traditionellen Formen zum Ausdruck. Wirklich neoklassizistisch komponierte er allerdings nur in seiner „Klassischen Sinfonie“, da er Neoklassizismus als Verzicht auf eine eigenständige Tonsprache ansah. Die moderne Linie hingegen beinhaltet seine Vorliebe für gewagte Harmonik, Dissonanzen und ungewohnte Akkordkombinationen. Teilweise führt sie bis an die äußersten Grenzen der Tonalität. Als drittes nennt Prokofjew die motorische Linie. Viele seiner Werke sind durch bohrende Rhythmik und wilde Motorik gekennzeichnet. Im Gegensatz dazu steht die lyrische Linie. Immer wieder gelang es Prokofjew, Momente von herber Lyrik und leiser Resignation zu schaffen und ausdrucksstarke Melodien zu komponieren. Zu dieser Aufzählung kann man noch ergänzen, dass auch Humor und Ironie in seinem Schaffen eine bedeutende Rolle spielen. Außerdem haben Prokofjews Orchesterwerke einen recht spezifischen Klang, weil sie durch eine ungewöhnliche Orchestrierung, die zum Beispiel teilweise Violinen und Tuba unisono spielen lässt, gekennzeichnet sind.

Trotz dieser Kontinuität lassen sich drei Schaffensperioden erkennen. Die erste Periode wird häufig als russische Periode bezeichnet, da sie die Werke umfasst, die vor seiner vorübergehenden Emigration entstanden. Prokofjews Werke dieser Zeit sind durch eigenwillige Rhythmen, scharfe Dissonanzen, „sarkastischen“ Humor und große vitale Kraft gekennzeichnet. Obgleich er eindeutig mit der spätromantischen Tradition bricht, ist sein Stil nicht völlig von der musikalischen Vergangenheit losgelöst, zumal er die Tonalität nicht sprengt. Trotzdem sorgten einige seiner Werke dieser Periode für einen Skandal (wie zum Beispiel die „Skythische Suite“). Nach einigen entspannteren Werken des Übergangs (1. Violinkonzert, 3. Klavierkonzert) wurde seine Tonsprache in der zweiten Periode, der Auslandsperiode (ab 1918), noch moderner - die Dominanz der zweiten “Grundlinie" (s. o.) ist eindeutig zu erkennen. Teilweise setzt sich Prokofjew über die Tonalität hinweg. Klangballungen und wüste Ausbrüche kennzeichnen viele seiner damaligen Werke. Gleichwohl erreichte er nie die Modernität einiger seiner Zeitgenossen. Ab Anfang der 1930er Jahre zeichnete sich ein deutlicher Stilwandel ab. Seine volle Ausprägung fand dieser neue Stil dann nach dem Umzug in die Sowjetunion, weshalb diese Periode als sowjetische Periode bezeichnet wird. Prokofjew war davon überzeugt, eine Musik schreiben zu müssen, die einen gesellschaftlichen Auftrag erfüllte. Dies zeichnet sich in der Vereinfachung der Harmonik und den klareren Konturen der Melodien ab. Indem er in stärkerem Maße auf die Traditionen der russischen Volksmusik eingeht, wurde seine Musik verständlicher und leichter zugänglich. Zudem festigt er die Tonalität und legte Wert auf eine ausgefeilte Polyphonie. Während des Zweiten Weltkrieges wurde seine Tonsprache noch einmal schärfer, was prompt zur o.g. Kritik im „Beschluss“ führte. Daraufhin vereinfachte Prokofjew seinen Stil noch weiter. Seine letzten Werke sind von weiten Melodien, lyrischer Stimmung, leiser Resignation und einem fast romantischen Tonfall gekennzeichnet.

Prokofjew ist einer der bedeutendsten Komponisten und zählt zu den Klassikern der Moderne. Bedeutsam war auch sein Wirken als Filmmusik-Komponist. Alexander Newski gilt als vielfach analysiertes Schlüsselwerk der Filmmusik-Geschichte. Er beeinflusste und prägte die moderne Filmmusik klassisch-romantischen Stils, die vor allem in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts eindeutige Stilkopien schuf oder Zitate aus Werken Prokofjews verwendete (John Williams, James Horner).

Besonderen Einfluss auf sein Schaffen hatten Max Reger, dessen ausgefeilte Modulationskunst Prokofjew beeindruckte, als dieser 1906 St. Petersburg besuchte, und sein Freund seit Studienzeiten Nikolai Mjaskowski, der Prokofjew in einem ausgiebigen Briefwechsel stets seine Meinung zu dessen neuesten Werken mitteilte und auf dessen Urteil Prokofjew großen Wert legte. Insgesamt kann aber kein Komponist genannt werden, an welchem sich Prokofjew besonders stark orientierte; vielmehr schuf er seinen eigenen, neuartigen Stil und beeinflusste viele Komponisten der nachfolgenden Generation.

[Bearbeiten] Werke

  • Sinfonien
    • Sinfonie Nr. 1 D-Dur op. 25 Symphonie classique (1916/17)
    • Sinfonie Nr. 2 d-Moll op. 40 (1924), Revision geplant als op. 136
    • Sinfonie Nr. 3 c-Moll op. 44 (1928)
    • Sinfonie Nr. 4 C-Dur op. 47 (1930), revidiert als op. 112 (1947)
    • Sinfonie Nr. 5 B-Dur op. 100 (1944)
    • Sinfonie Nr. 6 es-Moll op. 111 (1945/47)
    • Sinfonie Nr. 7 cis-Moll op. 131 (1951/52)
    • Sinfonietta A-Dur op. 5 (1909, rev. 1914), revidiert als op. 48 (1929)
  • Konzerte
    • Klavierkonzert Nr. 1 Des-Dur op. 10 (1911/12)
    • Klavierkonzert Nr. 2 g-Moll op. 16 (1913, rev. 1923)
    • Klavierkonzert Nr. 3 C-Dur op. 26 (1917-21)
    • Klavierkonzert Nr. 4 B-Dur op. 53 für die linke Hand (1931)
    • Klavierkonzert Nr. 5 G-Dur op. 55 (1935)
    • Violinkonzert Nr. 1 D-Dur op. 19 (1916/17)
    • Violinkonzert Nr. 2 g-Moll op. 63 (1934)
    • Violoncellokonzert e-Moll op. 58 (1934-38)
    • Sinfonisches Konzert für Violoncello und Orchester e-Moll op. 125 (1950-52, völlige Neubearbeitung von op. 58)
    • Concertino für Violoncello und Orchester g-Moll op. 132 (1952, vollendet von Mstislaw Rostropowitsch und Dmitri Kabalewski)
  • Ballette
    • Romeo und Julia op. 64 (1935/36)
    • Soluschka, auch Cinderella op. 97 (1940-44)
    • Das Märchen von der steinernen Blume op. 118 (1948-50)
  • Andere Orchesterwerke
    • Träume op. 6 (1910)
    • Ala und Lolli. Skythische Suite op. 20 (1914/15)
    • Amerikanische Ouvertüre für fünf Holzbläser, Trompeten, Posaunen, zwei Violoncelli, Kontrabass, Klavier und Schlagzeug B-Dur op. 42 (1926, umgearbeitet für großes Orchester 1928)
    • Leutnant Kische, Suite op. 60 (1934)
    • Peter und der Wolf op. 67 für Sprecher und Orchester (1936)
    • Filmmusiken (zum Beispiel zu Alexander Newski und Iwan der Schreckliche von Sergei Eisenstein)
  • Werke für Blasorchester
    • 4 Märsche op. 69 (1935-37)
    • Marsch B-Dur op. 99 (1943/44)
    • Ode auf das Ende des 2. Weltkriegs op. 105 (1945)
  • Opern
    • Maddalena, Oper in einem Akt op. 13 (1911-13)
    • Der Spieler, Oper in vier Akten op. 24 (1915/16)
    • Die Liebe zu den drei Orangen, Oper in vier Akten und Prolog op. 33 (1919)
    • Der feurige Engel, Oper in fünf Akten op. 37 (1919-27)
    • Semjon Kotko, Oper in fünf Akten op. 81 (1939)
    • Die Verlobung im Kloster, Oper in vier Akten op. 86 (1940/41)
    • Krieg und Frieden, Oper in zwei Teilen op. 91 (1941, rev. 1952)
    • Die Geschichte vom wahren Menschen, Oper in vier Akten op. 117 (1947/48)
  • Andere Vokalwerke
    • Es sind ihrer Sieben (Chaldäische Beschwörung), Kantate für Tenor, gemischten Chor und großes Orchester op. 30 (1917/18)
    • Kantate zum 20. Jahrestag der Oktoberrevolution für 2 Chöre, Blasorchester, Akkordeons, Schlaginstrumente und Orchester op. 74 (1936)
    • Alexander Newski, Kantate op. 78 (1938/39)
    • Blühe auf, mächtiges Land, Kantate zum 30. Jahrestag der Oktoberrevolution nach Jewgeni Dolmatowski op. 114 (1947)
    • Auf Friedenswacht, Oratorium op. 124 (1948)
    • Lieder
    • Massenlieder
  • Kammermusik
    • Streichquartett Nr. 1 h-Moll op. 50 (1930)
    • Streichquartett Nr. 2 F-Dur op. 92 (1941)
    • Humoristisches Scherzo für 4 Fagotte op. 12a (1912)
    • Flötensonate D-Dur op. 94 (1943)
    • Violinsonate Nr. 1 f-Moll op. 80 (1938-46)
    • Violinsonate Nr. 2 D-Dur op. 94a (1944, Bearbeitung der Flötensonate op. 94, 1943)
    • Sonate für Violine-Solo D-Dur op.115 (1947)
    • Violoncellosonate C-Dur op. 119 (1949)
  • Klaviermusik
    • Klaviersonate Nr. 1 f-Moll op. 1 (1908)
    • Klaviersonate Nr. 2 d-Moll op. 14 (1912)
    • Klaviersonate Nr. 3 a-Moll op. 28 (1907/17)
    • Klaviersonate Nr. 4 c-Moll op. 29 (1908/17)
    • Klaviersonate Nr. 5 C-Dur op. 38 (1923, rev. als op. 135)
    • Klaviersonate Nr. 6 A-Dur op. 82 (1939/40)
    • Klaviersonate Nr. 7 B-Dur op. 83 (1939/42)
    • Klaviersonate Nr. 8 B-Dur op. 84 (1939/44)
    • Klaviersonate Nr. 9 C-Dur op. 103 (1945)
    • Klaviersonate Nr. 10 e-Moll op. 137 (1953, Fragment)
    • 4 Etüden op. 2 (1909)
    • Vier Stücke op. 4 (1910–1912)
    • Tokkata C-dur op. 11 (1912)
    • Sarkasmen, 5 Stücke op. 17 (1914)
    • Flüchtige Visionen, 20 Stücke op. 22 (1915-17)
    • Erzählungen der alten Großmutter op. 31 (1918)

[Bearbeiten] Literatur

  • Friedbert Streller: Sergej Prokofjew und seine Zeit. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1953, 1960, Laaber-Verlag, Laaber 2003. ISBN 3890075541 (gute Biografie mit ausführlichen Werkbesprechungen und Notenbeispielen. Die Hintergründe des Schaffens dieses Komponisten werden sehr differenziert ausgeleuchtet)
  • Maria Biesold: Sergej Prokofjew, Komponist im Schatten Stalins. Quadriga-Verlag, Weinheim 1996. ISBN 3-88679-271-4 (gut lesbare erste Einführung)
  • Ulrich Wünschel: Sergej Prokofjews Filmmusik zu Sergej Eisensteins ALEXANDER NEWSKI. Wolke-Verlag, Hofheim/Taunus 2005. ISBN 3-936000-63-8 (Diese Monographie stellt Sergej Prokofjews Filmmusik in den historischen Zusammenhang und beschreibt die Rekonstruktion der Originalpartitur im Jahre 2003. Einige Meinungen der Prokofjew-Literatur werden hinterfragt, die Filmmusik wird neu bewertet)

[Bearbeiten] Weblinks

Anmerkung: Doppelte Daten sind erstens gemäß julianischem Kalender angegeben, zweitens gemäß gregorianischem Kalender. Der Wechsel des Kalenders fand, je nach Staat, zwischen 1582 und 1812 statt, in einigen Staaten Osteuropas erst Anfang des 20. Jahrhunderts (beispielsweise in Russland zur Oktoberrevolution 1917).
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