Kloster Harsefeld
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Das Kloster des Benediktinerordens in Harsefeld im Landkreis Stade (Niedersachsen) bestand von 1104 bis 1648, also bis zum Ende des Dreißigjährigen Kriegs. Es existierte als eine der letzten Bastionen des Katholizismus an der Niederelbe, als die Reformation die Region längst erobert hatte.
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[Bearbeiten] Stift für Weltgeistliche zur Sühne eines Mords
Das Kloster ging aus einem Stift für Weltgeistliche hervor, das die Grafen von Stade, die Udonen, zwischen 1007 und 1010 zur Sühne eines politischen Mordes gegründet hatten. Die Söhne des Grafen Luder-Udo (†994 in der Normannenschlacht), Udo und Heinrich von Katlenburg, waren an der Ermordung des Markgrafen Ekkehard von Meißen in der Pfalz Pöhlde am 30. April 1002 beteiligt gewesen. Der Markgraf hatte nach dem Tod des jung gestorbenen deutschen Königs und römischen Kaisers Otto III. bei der Königswahl von 1002 Anspruch auf den Thron erhoben. Der dann gewählte Kaiser Heinrich II. verschonte Udo und Heinrich, doch mussten sie ihre Erbgüter aus Harsefeld und Umgebung als Zeichen ihrer Buße der Kirche übergeben. Mit Unterstützung von Graf Heinrich II., genannt der Gute (um 976 bis 1016), wurde das Stift für Weltgeistliche in Harsefeld gegründet. Seine Schutzheiligen waren Maria und der Apostel Bartholomäus. Erzbischof Libentius von Bremen (988 bis 1013) weihte das Stift ein, das 99 Jahre bestand.
[Bearbeiten] Frühzeit des Klosters
Oda von Werl (*1050 bis 1110), Stieftochter von Herzog Otto von Northeim, heiratete den Stader Grafen Udo II. Sie gilt als Gründerin des Klosters, auch wenn die Gründung meist ihrem Mann und den gemeinsamen Söhnen zugesprochen wird. Oda wollte das Stift in ein Kloster umwandeln, um dessen Aneignung durch die Bremer Erzbischöfe zu verhindern. 1100 kamen die ersten Mönche aus Ilsenburg am Harz nach Harsefeld. Das Kloster erhielt die Regel des „heiligen Benedikt (...), der Jungfrau Maria und des Apostels Bartholomäus“. Es wurde der Zuständigkeit der Bremer Erzbischöfe entzogen und direkt dem Benediktiner-Papst Paschalis II. unterstellt. Paschalis II. gab dem Kloster eine Verfassung, die diesem weitgehende Freiheit zusicherte und den späteren Wohlstand ermöglichte. Zur Weihe der Klosterkirche 1108 reiste der Erzbischof von Magdeburg nach Harsefeld. Die meisten der Ilsenburger Benediktiner kehrten nach fünf Jahren in den Harz zurück. Dem Orden schlossen sich später meist Landadelige aus der Niederelbe-Region an. Das Kloster profitierte von großzügigen Schenkungen. Bereits im 12. Jahrhundert wurde das Kloster zur Erzabtei erhoben.
[Bearbeiten] Zwischen Papst und Erzbischof
Immer wieder versuchten die Bremer Erzbischöfe, die Rechte des Klosters zu beschneiden. Während des Schismas sprach Papst Viktor IV., der Gegenpapst von Papst Alexander III., dem Bremer Erzbischof Hartwig die Verfügungsgewalt über das Kloster zu. Diese Entscheidung wurde von Heinrich dem Löwen 1158 aufgehoben. Neue Konflikte führten 1221 zu einem Vergleich. Erzbischof Gebhard II. bestätigte die Privilegien des Klosters, forderte aber im Gegenzug die Zuständigkeit für die Wahl des Vogts. Bremens Erzbischof Hildbold (1258 bis 1273) vertrieb Abt Reinhold, der nach Braunschweig flüchtete; die Klostergüter ließ der Erzbischof verwüsten. Drei Jahre dauerte das Exil des Abts, bis Papst Urban IV. eingriff.
[Bearbeiten] Erzäbte
Gerlach Schulte 1375 bis 1410 war der erste Klostervorsteher, der die Bezeichnung Erzabt (Archi Abbas - Erster Abt) trug. Er kam aus einer wohlhabenden Adelsfamilie. Er sorgte durch Weitsicht für die Mehrung des Klosterreichtums, unter anderem durch Pachtland im Alten Land, das durch seinen Einsatz weiter kultiviert wurde. Papst Bonifatius IX. verfügte 1394, dass „du, mein Sohn Erzabt, und deine Nachfolger Mitra, Ring und andere oberhirtliche Anzeichen frei tragen könnt (...).“ 1397 gewann Gerlach Schulte weiteren Einfluss, als er in den Landständen des Erzstifts vertreten war. Der Gegenpapst Johannes XXIII. übertrug Schulte kurz vor dessen Tod im Jahr 1410 Gerichtshoheiten, deretwegen eigentlich „der päpstliche Stuhl zu befragen sei“. Damit durfte der Erzabt auch Menschen von ihren schwerwiegenden Taten lossprechen, wenn diese die ihnen auferlegte Buße erfüllt hatten. Aus dem Geschlecht der Schulte stammte auch seine Nachfolger Johannes Schulte (1410 bis 1445) und Johannes de Lu (1445 bis 1454). Diese drei Erzäbte erwarben sich besondere Verdienste durch den Klosterkirchenneubau und die Ausstattung mit Kunstwerken wie mit dem bis heute erhaltenen Taufbecken von 1454.
[Bearbeiten] Das Kloster in der Reformationszeit
Während sich die Menschen im Norden der Reformation anschlossen, blieb Harsefeld katholisch. Das Kloster bestand bis 1648, doch hatte es bis dahin schwere Zeiten bis hin zur weitgehenden Zerstörung zu überstehen. Größten Schaden richtete der Mecklenburger Ritter Joachim Pentz aus Gadebusch an. Er hatte dem verschwenderischen und zügellosen Bremer Erzbischof Christoph, Herzog von Braunschweig-Lüneburg (1511 bis 1558), 5.000 Golddukaten geliehen. Dieser machte jedoch keine Anstalten, seine Schulden abzutragen. Pentz versuchte sich an dem Erzbischof unterstehenden Klöstern schadlos zu halten und überfiel die Harsefelder Benediktiner gleich zweimal. Beim ersten Überfall am 5. Januar 1545 kamen die Mönche noch halbwegs glimpflich davon, sie wehrten sich mit einem Steinhagel. Anders am 25. Februar 1546. Mit etwa hundert Mann drang Pentz ins Kloster ein, ließ es plündern und in Brand stecken. Zwar gelang es Pentz nicht, Erzabt Arnold Bicker (1527 bis 1548) als Geisel zu nehmen, weil sich dieser in Buxtehude aufhielt. Doch als Pentz abzog, lag das Kloster in Trümmern. Der Abt machte sich an den Wiederaufbau und erhielt vielfache Unterstützung. Ab 1525 schlossen sich die umliegenden Orte nach und nach den Lehren Martin Luthers an, zunächst Stade, dann Buxtehude, Jork, Horneburg, Apensen und schließlich 1558 Himmelpforten. Erzabt Christoph Bicker war unentschlossen, vollzog den entscheidenden Schritt jedoch nicht. Der Bremer Erzbischof Johann Friedrich wollte das Kloster 1632 aufheben, doch konnte der letzte Harsefelder Erzabt Sebastian Bandex (1632/34 bis 1648) dieses noch verhindern. 1648 war die katholische Zeit vorbei: Mit dem Friedensschluss von Münster und Osnabrück (Westfälischer Friede) wurde das Benediktinerkloster aufgehoben. Nur wirtschaftlich bestand es einige Jahrzehnte weiter. 1690 verließ der letzte katholische Geistliche Harsefeld. 1716 wurde das Kloster als „in einem baufälligen Stande“ beschrieben.
Vom Kloster blieb die Kirche erhalten. Die Fundamente der Klostergebäude wurden zwischen 1981 und 1984 ausgegraben und zu einem Klosterpark gestaltet. Das 1986 eröffnete Harsefelder Museum, einst als Gerichtsgebäude und Registratur genutzt, steht auf Fundamenten des Klosters. Das Museum bietet auch einen Einblick in das einstige Leben des Klosters.
[Bearbeiten] Weblink
Museumsseite auf der Harsefelder Internetseite