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Kapp-Putsch

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Gedenktafel am Bahnhof der Stadt Wetter (Ruhr) für die Kämpfe, die im März 1920 dort stattgefunden haben
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Gedenktafel am Bahnhof der Stadt Wetter (Ruhr) für die Kämpfe, die im März 1920 dort stattgefunden haben

Der Kapp-Lüttwitz-Putsch oder Kapp-Putsch war das wichtigste innenpolitische Ereignis der Weimarer Republik im Jahre 1920. Er brachte das Deutsche Reich an den Rand eines Bürgerkrieges und zwang die Reichsregierung zur Flucht aus Berlin. Die meisten Putschisten waren aktive oder ehemalige Angehörige der Reichswehr. Im Verlauf des Kapp-Putsches wurden mindestens 200 Menschen durch die Putschisten ermordet.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Vorgeschichte

Der Putsch richtete sich gegen die von den Parteien SPD, Zentrum und DDP getragene Regierung des Reichskanzlers Gustav Bauer (SPD), die die Annahme des Versailler Vertrages durchgesetzt hatte.

Diese Regierung versuchte zwar, die Erfüllung der einzelnen Bestimmungen des Versailler Vertrages in der Durchführung abzuschwächen, gleichwohl musste sie ihm im Wesentlichen entsprechen, nachdem er am 10. Januar 1920 in Kraft getreten war. Das hieß: Neuorganisation und Umbau der Reichswehr auf die Stärke von 100.000 Mann; Auflösung der Freiwilligen- und Wehrverbände, sogenannter Freikorps; Entwaffnung der Bevölkerung; Auslieferung der Kriegsverbrecher und Beginn der Reparationsleistungen. Bei Zuwiderhandlungen drohte die Besetzung des Reiches.

Große Teile des Offizierskorps der Reichswehr und die Angehörigen der paramilitärischen und rechtsorientierten Verbände wollten dies nicht hinnehmen. Diese Haltung fand auch in weiten Teilen der Bevölkerung Unterstützung.

In dem Kommandierenden General des Reichswehrgruppenkommandos I in Berlin, Freiherr Walther von Lüttwitz, fand sich ein hoher Offizier bereit, die militärische Führung zu übernehmen. Gleichzeitig zeigte sich der Reichswehrminister Gustav Noske – und mit ihm Reichspräsident und -regierung – von den Putschvorbereitungen unberührt. Politische und allgemeine Polizei spielten Putschgerüchte herunter.

Die Reichsregierung selbst bemühte sich, den Abbau der bewaffneten Kräfte hinauszuzögern, denn sie sah sich auf die Truppen angewiesen, um der heftigen sozialen Unruhen im Reich Herr zu werden. So endeten etwa im Januar 1920 vor dem Reichstag Auseinandersetzungen um das Betriebsrätegesetz gewaltsam. Zudem war die Frage der Grenzen des Reiches im Osten noch nicht geklärt; polnische Nationalisten versuchten hier im Vorfeld anstehender Referenden Tatsachen zu schaffen.

[Bearbeiten] Chronologie

  • Am 29. Februar 1920 löst Reichswehrminister Gustav Noske die 6.000 Mann starke Marinebrigade von Hermann Ehrhardt sowie das Freikorps Loewenfeld auf. Dem widersetzen sich dann am 13. März meuternde Brigademitglieder, von denen viele als Ausdruck ihrer völkischen Gesinnung ein weiß gemaltes Hakenkreuz am Helm trugen.
  • Am 10. März spricht General von Lüttwitz bei Reichspräsident Ebert vor und fordert ultimativ die Rücknahme des Auflösungsbefehls. Gleichzeitig trägt er verschiedene politische Forderungen wie die sofortige Auflösung der Nationalversammlung, Neuwahlen zum Reichstag und die Ablösung des Kommandeurs der vorläufigen Reichswehr, General Walter Reinhardt, vor. Ebert weist im Beisein von Noske diese Forderungen ab. Im Gegenzug legt Ebert General von Lüttwitz den Rücktritt nahe.
  • In der Nacht vom 12. auf den 13. März 1920 marschieren meuternde Offiziere unter dem Kommando des kurz zuvor abgesetzten Generals von Lüttwitz mit ihren Truppen auf Berlin, um die Regierung zu stürzen.
  • Am Vormittag des 13. März rufen der SPD-Reichsminister und der SPD-Parteivorstand zum Generalstreik auf; dem schließen sich am Nachmittag der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund (ADGB) und die Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltengewerkschaften (AfA) an. Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) spricht sich zwar gegen den Putsch aus, fordert jedoch die Proletarier zunächst auf, mit der Teilnahme an Aktionen noch zu warten.
  • In einer Besprechung zwischen Noske, Reinhardt und General von Seeckt spricht sich Reinhardt für den Einsatz regierungstreuer Truppen aus. Seeckt, der keine Kommandogewalt über Truppen hat, spricht sich dagegen aus. Hier entstand das bekannte Zitat von Seeckt, Truppe schießt nicht auf Truppe bzw. Reichswehr schießt nicht auf Reichswehr. Reichswehrminister Gustav Noske trifft allerdings keine Entscheidung.
  • Die meuternden Truppen proklamieren den rechtsradikalen ostpreußischen Generallandschaftsdirektor Wolfgang Kapp als Reichskanzler. Mit beteiligt am Putsch sind: Erich Ludendorff, der ehemalige Berliner Polizeipräsident Traugott von Jagow, Waldemar Pabst und der Pfarrer und DNVP-Politiker Gottfried Traub.
  • Teile der Reichswehr insbesondere in den östlichen und nördlichen Teilen des Reiches sprechen sich für Kapp aus. Im südlichen Teil bekennt sich die Reichswehr dagegen zur Regierung Gustav Bauer.
  • Das Kabinett Bauer flieht größtenteils nach Dresden und von dort aufgrund der unklaren Haltung des dortigen Generals von Maercker weiter nach Stuttgart.
  • Die Mitglieder der DNVP solidarisieren sich mit den Putschisten und unterstützen zum Teil aktiv den Umsturzversuch. Auch Teile der DVP sympathisieren mit den Putschisten, die Parteiführung unter Stresemann versichert jedoch der Reichsregierung ihre Unterstützung.
  • Am 14. März korrigiert die KPD ihre Haltung vom Vortag und ruft zur Beteiligung am Generalstreik auf. Dies liegt z.T. auch daran, weil die KAPD mit ihrer Kritik an der KPD-Politik immer mehr Zulauf bei den Arbeitern bekommen.
  • In Thüringen, Sachsen und im Ruhrgebiet (Ruhraufstand) versuchen linksgerichtete Gruppen (u.a. KAPD) den Generalstreik als "proletarische Revolution" voranzutreiben.
  • Es gelingt den Putschisten in den folgenden Tagen nicht, sich an der Macht zu etablieren. Sie finden nicht ausreichend Unterstützung und stoßen in der Berliner Ministerialverwaltung auf Widerstand; auch der Generalstreik zeigt Wirkung. Zudem fehlt es den Aufständischen an Einigkeit über ihre eigentlichen Ziele.
  • Am 17. März schließlich flieht Kapp nach Schweden. Für wenige Stunden ernennt sich von Lüttwitz zum Reichskanzler. Der Putsch ist nach vier Tagen beendet.

[Bearbeiten] Hintergrund

Gründe für den Putsch sind die negative Einstellung gegenüber der jungen Republik sowie die Frustration der nun in Freikorps organisierten ehemaligen Soldaten. Außerdem drohte gemäß den Bestimmungen des Versailler Vertrages die Entwaffnung und Entlassung aus den Verbänden. Die Verringerung der Heeresstärke auf 100.000 Soldaten bedeutete eine Verringerung um etwa 400.000 Soldaten.

Weiterhin kämpften insbesondere die sogenannten Baltikum-Freikorps (aus denen sich die Marinebrigade Ehrhardt zu einem wesentlichen Anteil zusammensetzte) auch nach dem Krieg unter Duldung der Alliierten gegen die vorrückenden bolschewistischen Truppen. Nach der Eroberung und Befreiung Rigas im Mai 1919 galt der Auftrag als erfolgreich erfüllt. Der folgende Abzugsbefehl wurde seitens der Freikorps ignoriert. Erst als die deutschen Behörden den Nachschub unterbrachen, gaben die Freikorps auf, jedoch mit dem Gefühl, von der eigenen Regierung verraten worden zu sein. Diese Enttäuschung trifft sich mit der 1919 gegründeten Nationalen Vereinigung, einer Nachfolgeorganisation der Deutschen Vaterlandspartei aus dem Ersten Weltkrieg.

[Bearbeiten] Folgen

Im Verlauf des Putsches kamen etwa 2.000 Zivilisten, vor allem Arbeiter, ums Leben. Etwa genauso viele, wie im Kampf starben, wurden standrechtlich hingerichtet.

Weil die Regierung die Wehrverbände wie die Brigade Ehrhardt nach der Flucht Kapps gegen die weiter streikenden Arbeiter zu Hilfe rief, konnten sie noch eine Zeit lang weiter bestehen. Die ebenfalls eingesetzte, schwer bewaffnete Sicherheitspolizei (Sipo) setzte Bomben aus Flugzeugen und schwere Maschinengewehre zur "Aufstandsbekämpfung" ein.

Von Seeckt wurde unter der durch den Sozialdemokraten Hermann Müller geführten neuen Reichsregierung zum neuen Chef der Heeresleitung ernannt, der er bis 1926 blieb.

Aus den Reichstagswahlen kurz darauf gingen die extremen Parteien deutlich gestärkt hervor.

[Bearbeiten] Trivia

Der in der Weimarer Republik bekannte Hochstapler Harry Domela schildert in seiner Biographie die eigene Teilnahme in einem baltischen Freikorps am Kapp-Putsch.

[Bearbeiten] Literatur

Sachbücher

  • Jörg Berlin: Lynchjustiz an Hauptmann Berthold oder Abwehr des Kapp-Putsches? Die Ereignisse in Hamburg, in: Ders. (Hrsg.): Das andere Hamburg, Pahl-Rugenstein, Köln 1982, ISBN 3-7609-0654-0
  • Louis Biester: Erinnerungen an den Kapp-Putsch 1920 im Kreis Stormarn, in: Jahrbuch für den Kreis Stormarn Jg. 2 (1984), S. 66-79
  • Karl Brammer: Fünf Tage Militärdiktatur. Dokumente zur Gegenrevolution, Verlag für Politik und Wirtschaft, Berlin 1920
  • Johannes Erger: Der Kapp-Lüttwitz-Putsch. Ein Beitrag zur deutschen Innenpolitik, Droste, Düsseldorf 1967
  • Erwin Könnemann, Hans-Joachim Krusch: Aktionseinheit contra Kapp-Putsch, Deutscher Verlag der Wissenschaft, Berlin (DDR) 1972 (marxistisch-leninistische Einschätzungen, zuverlässig in Details, eine Fundgrube für Dokumente und Bilder)
  • Gabriele Krüger: Die Brigade Ehrhardt, Hamburg 1971
  • Helmut Lensing, Der Kapp-Lüttwitz-Putsch im Emsland und in der Grafschaft Bentheim und seine Auswirkungen, in: Studiengesellschaft für Emsländische Regionalgeschichte (Hrsg.), Emsländische Geschichte Bd. 5, Bremen 1996, S. 45-104.
  • Erhard Lucas; Märzrevolution 1920, Verlag Roter Stern. Frankfurt/M. 1983 (sehr detailliert zum Ruhrgebiet)
  • Hans J. Reichardt: Kapp-Putsch und Generalstreik März 1920 in Berlin, Nicolaische Verlagsbuchhandlung Beuermann, Berlin 1990, ISBN 3-87584-306-1
  • Klaus Theweleit: Männerphantasien 1 + 2, Piper, München 2000, ISBN 3-492-23041-5 (enthält "Frauen, Fluten, Körper, Geschichte" und "Männerkörper")

Belletristik

[Bearbeiten] Weblinks

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