Junghegelianer
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Die Junghegelianer oder Linkshegelianer waren eine Gruppe deutscher Intellektueller in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die wichtigsten Vertreter waren unmittelbare oder mittelbare Schüler des Philosophen Hegel.
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[Bearbeiten] Personen
Die Junghegelianer waren eine locker organisierte Gruppierung. Zu ihr werden u.a. Strauß, Feuerbach, Bruno Bauer, Edgar Bauer, Ruge, Hess gezählt. Stirner, Marx und Engels standen ihnen zeitweilig nahe. Stirner publizierte im Oktober 1844 sein Werk Der Einzige und sein Eigentum, in dem er die theoretischen Köpfe der Gruppe, Feuerbach und Bruno Bauer, als inkonsequent kritisierte und verspottete („Unsere Atheisten sind fromme Leute.“). Daraufhin schrieb Marx, assistiert von Engels, zunächst eine "Abrechnung" mit Bruno Bauer und seinen Anhängern (Die heilige Familie, März 1845), anschließend auch mit Feuerbach und Stirner (Die deutsche Ideologie, 1845/46, unveröffentlicht) und konzipierte den Historischen Materialismus als Basis seiner späteren ökonomischen Studien.
Um diese Kerngruppe, die z.T. aus relegierten Universitätsgelehrten bestand (Bruno Bauer, Feuerbach), existierte ein größerer Personenkreis, der die junghegelianischen Ideen durch persönliche Kontakte oder publizistisch verbreitete. Dazu gehörten etwa Herwegh und Bakunin. Der Junghegelianismus hatte Einfluß auf eine Reihe damals junger, kritischer Intellektueller wie etwa Lasalle.
[Bearbeiten] Geschichte
Die Gruppe bildete sich in der zweiten Hälfte der 1830er als eine der vielen Diskussionszirkeln, wie sie als Reaktion auf die damals in Preußen herrschenden repressiven geistigen und politischen Verhältnisse entstanden. Die Bezeichnung Junghegelianer wurde erstmals von D. F. Strauß verwendet für diejenigen aus der Hegelschen Schule, die in der Kontroverse um sein 1835 veröffentlichtes religionskritisches Buch Leben Jesu seine Partei ergriffen, während er die Gegenseite Althegelianer nannte. Das Zentrum lag in Berlin mit dem so genannten Doktorklub als gemeinsamem Debattierzirkel (bis 1839). Ableger gab es in Halle, Köln und Königsberg. Das wichtigste Publikationsorgan waren die 1838 von Ruge gegründeten Halleschen Jahrbücher für deutsche Wissenschaft und Kunst (ab 1841 Deutsche Jahrbücher, die 1843 verboten wurden). Unter dem liberalen preußischen Kultusminister von Altenstein zunächst geduldet, wurden die Junghegelianer nach dessen Tod 1840 und unter der im gleichen Jahr beginnenden Regentschaft des konservativen Königs Friedrich Wilhelm IV. von einer akademische Karriere ausgeschlossen. Den Höhepunkt ihrer Aktivität erreichte die Gruppe zwischen 1840 und 1843. In dieser Zeit radikalisierten und politisierten sich die Positionen. Danach zerfiel sie schnell aufgrund zunehmender interner theoretischer Differenzen (s.o.: Stirners Kritik, Marx' Reaktion) und war 1845 praktisch nicht mehr existent.
[Bearbeiten] Philosophie, Theorie
Aus der Hegelschen Philosophie übernahmen die Junghegelianer vor allem die Dialektik, verstanden als Prinzip der geschichtlichen Entwicklung. Dagegen wandten sie sich gegen das konservative hegelsche Systemdenken, in dem alles Bestehende zur Notwendigkeit erklärt wird und als vernünftig erscheint. Demgegenüber argumentierten die Junghegelianer: Was früher notwendig und vernünftig war, ist es in der Gegenwart nicht mehr.
Mit dem dialektischen Denken verbunden war das Ziel einer Überwindung der politischen und sozialen Zustände in Preußen bzw. Deutschland, in ihren Schriften formulierten sie eine radikale Religionskritik, die auf Atheismus hinauslief. Darauf baute eine radikale Gesellschaftskritik auf, die auf Abschaffung bzw. Absterben des Staates abzielte.
[Bearbeiten] Literatur
- Wolfgang Essbach: Die Junghegelianer. Soziologie einer Intellektuellengruppe. Wilhelm Fink Verlag, München 1988, ISBN 3770524349