Filter (Elektronik)
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Passive Filter in der Elektrotechnik und aktive Filter der Elektronik dienen zur Veränderung der Amplituden von elektrischen Signalen abhängig von ihrer Frequenz.
Beispielsweise können Signalanteile, die die weitere Verarbeitung stören, abgeschwächt werden. Filter im klassischen Sinne, wie Tief- oder Hochpass, verändern den Frequenzgang. Sie werden auch Siebschaltungen genannt. Schaltungen und Verfahren, die komplexere Eigenschaften wie Phasenlage, Impedanz und Rauschanteile verändern, werden auch unter dem Begriff Filter zusammengefasst. Im Audiobereich werden digitale und analoge Frequenzfilter (Filter) auch als Equalizer (kurz EQ) bezeichnet. Dazu gehören auch Präsenzfilter, Absenzfilter, Bandpassfilter, Hochpass und Tiefpass.
Dieser Artikel konzentriert sich auf die Darstellung der Siebschaltungen/Frequenzfilter.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Definition Frequenzfilter
Frequenzfilter sind Schaltungen („Netzwerke“ genannt) mit vorgegebenem frequenzabhängigem Übertragungsverhalten (Frequenzgang), die bestimmte Frequenzbereiche des Eingangssignals unterdrücken (Sperrbereich) und/oder andere Bereiche bevorzugt übertragen; siehe Durchlassbereich.
[Bearbeiten] Klassifizierung
Filter lassen sich nach einer ganzen Reihe von Kriterien klassifizieren. So zum Beispiel nach ihrer Komplexität, ihrem spezifischen Frequenzgang, den verwendeten Bauelementen, der Schaltungsstruktur, der verwendeten Berechnungsmethode oder den Selektionsverhalten. Einige dieser Kriterien werden im folgenden als Kenngrößen beschrieben.
[Bearbeiten] Kenngrößen
[Bearbeiten] Übertragungsfunktion
Unabhängig von der konkreten Realisierung des Filters (ob analog oder zeitdiskret bzw. digital) lässt sich die Funktionsweise eines Filters durch seine Übertragungsfunktion beschreiben. Diese bestimmt, wie das Eingangssignal in der Amplitude und in der Phase verändert wird.
Die Filter sollten beim Entwurf an Hand der gewünschten Übertragungsfunktion konzipiert werden. Bei der Wahl der Übertragungsfunktion mehrpoliger Filter haben sich je nach gewünschter Filtercharakteristik verschiedene optimierte Frequenzgänge bewährt, nach denen das Filter typisiert wird:
- Potenz- bzw. Butterworthfilter für einen glatten Amplitudengang;
- Tschebyschefffilter für eine scharfe Grenzfrequenz, aber welligen Amplitudengang;
- Bessel- bzw. Thomsonfilter für einen linearen Phasengang (konstante Gruppenlaufzeit) im Durchlassbereich;
- Cauer-Filter bzw. elliptische Filter für aufwandsarme Schaltungen.
Eine Optimierung auf eine der genannten Eigenschaften erfolgt bei gegebenem Aufwand („Poligkeit“) eines Filters auf Kosten der anderen Eigenschaften.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Ordnung
Die Ordnung eines Filters beschreibt die Verstärkungsabnahme (Dämpfung und Flankensteilheit) von Frequenzen (weit) oberhalb oder unterhalb der jeweiligen Grenzfrequenz des Filters. Sie ist über der Frequenz n · 20 dB pro Dekade oder was das gleiche bedeutet: n · 6 dB pro Oktave, wobei n die Ordnung des Filters darstellt.
Filter höherer Ordnung können entweder wirklich erstellt oder durch Hintereinanderschaltung von Filtern niedriger Ordnung (1. und 2. Ordnung) realisiert werden.
Die Übertragungsfunktion lautet:
mit
- A0 Gleichspannungsverstärkung
- ci Filterkoeffizienten
- n Ordnung des Filters
[Bearbeiten] Filtertypen
[Bearbeiten] Filter und Frequenzgang, Selektionsverhalten
Die fünf theoretischen Standardfälle des Selektionsverhaltens eines Filters sind:
- Ein Tiefpassfilter schwächt die hohen Frequenzen bis zu einer Grenzfrequenz und lässt alle tieferen Frequenzen praktisch ohne Abschwächung (Verstärkung = 1) passieren.
Anwendung findet dieser "Tiefpass" z. B. als Anti-Aliasing-Filter (siehe Aliasing) oder zur Rauschunterdrückung. - Ein Hochpassfilter schwächt die tiefen Frequenzen bis zu einer Grenzfrequenz, während alle höheren Frequenzen (mit der Verstärkung 1) durchgelassen werden. Mit diesem "Hochpass" lassen sich unter anderem Gleichspannungsanteile oder langsames Driften im Signal unterdrücken.
- Ein Bandpassfilter schwächt alle Frequenzen außerhalb eines Frequenzintervalls ab, das durch zwei Grenzfrequenzen festgelegt ist. Amplituden- oder frequenzmodulierte Signale tragen den Hauptanteil ihrer Information in einem begrenzten Frequenzband. Ein Bandpass lässt diesen Anteil aus Frequenzgemischen passieren und sperrt die Anteile unterhalb und oberhalb der Grenzfrequenzen. Bandpassfilter werden auch kurz Bandfilter genannt und zum Beispiel im Hochfrequenzbereich eines Superhet-Rundfunkempfängers zur Frequenzselektion der Zwischenfrequenz verwendet.
- Ein Bandstoppfilter (Saugkreis, Notch-Filter, Kerbfilter, Bandsperre) stellt die Umkehrung des Bandfilters dar. Nur Frequenzen innerhalb eines Frequenzintervalls, das durch zwei Grenzfrequenzen festgelegt ist, werden abgeschwächt. Störungen fester Frequenz, wie die Störungen der Netzfrequenz oder die Einstrahlung von Rundfunksendern, lassen sich aus dem Signal mehr oder weniger wirkungsvoll entfernen.
- Ein Allpassfilter lässt alle Frequenzen bei gleicher Verstärkung zum Ausgang durch. Mit Allpässen kann eine frequenzabhängige Phasenverschiebung durchgeführt oder eine Impedanztransformation durchgeführt werden.
Der Idealfall einer rechteckigen bzw. stufenförmigen Übertragungsfunktion lässt sich in der Praxis allerdings nicht erreichen.
Entsprechende Filterarten werden sowohl im Niederfrequenzbereich (z. B. Audiotechnik) als auch im Hochfrequenzbereich (z. B. Rundfunktechnik) verwendet.
Parametrische Filter sind in einem oder mehreren Parametern (Frequenz, Güte) einstellbar und können meistens wahlweise als Tiefpass-, Hochpass- oder Bandpassfilter betrieben werden. Einsatzgebiete sind Mischpulte und Audiotechnik.
[Bearbeiten] Lineare und nichtlineare Filter
[Bearbeiten] Lineare Filter
Bei einem linearen Filter sind die Eigenschaften der Filterung unabhängig vom Signalpegel. Das Signal wird nicht verzerrt. Wenn man das Eingangssignal für eine bestimmte Frequenz um einen Faktor a vergrößert, so ist auch das Ausgangssignal für diese Frequenz entsprechend vergrößert. Die Form des Signals wird dabei nicht grundlegend verändert. Tiefpass, Hochpass, Bandpass, Bandsperre und Allpass werden als lineare Filter bezeichnet. Es gibt aber auch wesentlich komplexere lineare Filter. Beispielsweise ist ein Echo-Effekt oder ein Kammfilter ebenfalls linear.
Sie können als Vierpolersatzschaltbild dargestellt werden.
[Bearbeiten] Nichtlineare Filter
Bei einem nichtlinearen Filter sind die Eigenschaften der Filterung abhängig vom Signalpegel und vom zeitlichen Verlauf des Signals. Das Signal wird in seiner Form verzerrt. Zu den nichtlinearen Filtern gehören zum Beispiel Begrenzer, Verzerrer, Gleichrichter (Betrag) und Medianfilter.
Siehe auch: nichtlineares System.
[Bearbeiten] Aktiv vs. Passiv
[Bearbeiten] Passive Filter oder elektrische Filter
Die einfachsten Filter basieren auf Kombinationen von Widerständen (R), Spulen (L), Kondensatoren (C) oder zum Beispiel Quarzen (Q) oder Keramikelemente. Damit sind zum Beispiel Filter aus RC-, RL-, LC-, LCQ oder RCL-Kombinationen realisierbar.
Da diese Filter ohne externe Spannungsversorgung arbeiten können, werden diese Kombinationen 'passive Filter' genannt.
Je nach Aufbau des Netzwerkes wirken die Filter als Tiefpass-, Bandpass-, Hochpass-, Bandstopp- oder als Allpassfilter.
Die „Schärfe“ des Übergangs vom Durchlass- in den Sperrbereich wird mit Güte bezeichnet. Je steiler der Abfall der Verstärkung bei der Grenzfrequenz ist, desto größer ist die Güte des Filters.
[Bearbeiten] Aktive Filter oder elektronische Filter
Aktive Filter bestehen neben den passiven Komponenten noch aus aktiven Komponenten (z. B. Transistoren oder Operationsverstärkern). Damit benötigen aktive Filter stets eine eigene Spannungsversorgung. Bei der Realisierung aktiver Filter werden häufig neben den aktiven Komponenten nur noch Widerstände (R) und Kondensatoren (C) eingesetzt. In diesem Fall wird ein solches Filter auch aktives RC-Filter genannt.
Mit aktiven Komponenten können Induktivitäten simuliert werden (Gyrator), wodurch gerade bei kleinen Frequenzen (< 1 kHz) auf große Spulen verzichtet werden kann. Aktive Filter besitzen dadurch den Vorteil, dass durch den Verzicht auf Spulen hohe Güten erreicht werden können.
Zusätzlich erlauben die aktiven Komponenten eine einfach zu integrierende Verstärkung des Signales, so dass aktive Filter zugleich auch Verstärker darstellen. Dieses ist aber keine zwingende Kombination.
[Bearbeiten] Nach Implementierung
[Bearbeiten] Analoge Filter
Siehe Analogfilter
[Bearbeiten] Digitale Filter und DSP's
Die digitalen Filter lassen sich nach der Art des Eingang- bzw. Ausgangssignales einteilen; berücksichtigt wird, ob diese analog oder digital vorliegen und weiterbearbeitet werden. Im ersten Fall muss das Eingangssignal über einen A/D-Wandler digitalisiert werden, bevor es bearbeitet werden kann. Nach der Bearbeitung muss das Signal mit Hilfe eines D/A-Wandler umgesetzt werden.
Durch die Bearbeitung von digitalisierten Signalen entweder mit Signalprozessoren oder mit Computern wird eine Flexibilität erreicht, die von keinem anderen Filtertyp erreicht werden kann. Die Flexibilität liegt darin, dass das Filter durch einen Datensatz modelliert wird, der relativ einfach geändert werden kann. So kann mit einem Filter alle oben genannten Filtertypen realisiert werden, ohne dass Änderungen an der Hardware vorgenommen werden müssen.
Die Nachteile liegen dagegen unter anderem in der vergleichsweise hohen Latenzzeit.
Digitale Filter können das Signal entweder im Zeitbereich bearbeiten (analog zu den anderen Filterarten) oder im Frequenzbereich.
Im Zeitbereich liegt der Vorteil der digitalen Filter in der nicht vorhandenen Bauteiltoleranz und Alterung der Bauteile.
Im Frequenzbereich können die Filter sehr flexibel gestaltet werden, insbesonders können diese Filter deutlich leichter den vorhandenen Gegebenheiten angepasst werden, da das Filter als Datensatz vorliegt.
Die Transformation zwischen dem Zeitbereich und dem Frequenzbereich (und umgekehrt) kann unter anderem mit der Fouriertransformation oder Laplacetransformation durchgeführt werden.
Anwendung finden digitale Filter zum Beispiel in
- Audiotechnik (zum Beispiel mit echtzeitfähigem DSP) als Effektgerät
- Videotechnik
- Funktechnik
Weiterhin kann jede Prozedur, die einem digitalen oder analogen Eingangssignal reproduzierbar ein definiertes Ausgangssignal zuordnet, als digitaler Filter verstanden werden, z. B. Chiffren oder die Filterfunktionen in Audioprogrammen oder Bildbearbeitungsprogrammen
Mit digitalen Filtern können Signale außer in Echtzeit auch zeitlich unabhängig von ihrer Verwendung berechnet werden. Zum Beispiel ist es möglich, sehr komplexe Bearbeitungen anzuwenden, um alte Schallplattenaufnahmen zu restaurieren.
Durch Faltung können einem Tonsignal Klangcharakteristiken komplexer Umgebungen aufgeprägt werden.
[Bearbeiten] Andere Filter
[Bearbeiten] Quarzfilter
In den 1930er Jahre stellten Ingenieure fest, dass verschiedene Quarze bei akustischen Frequenzen mitschwingen können. Heutzutage werden Quarze vor allem bei wesentlich höheren Frequenzen eingesetzt.
Der Vorteil von Quarz gegenüber anderen harten Materialien ist der piezoelektrische Effekt, der es ermöglichte, direkt die mechanische Schwingung in elektrische umzuwandeln und umgekehrt. Weiterhin besitzen Quarze eine geringe thermische Ausdehnung, so dass die Frequenz über einen großen Temperaturbereich konstant bleibt.
Quarzfilter besitzen eine wesentlich höhere Güte als LCR-Glieder. Wenn eine noch höhere Güte benötigt wird, können die Quarze zusätzlich temperaturstabilisiert oder auch hintereinander geschaltet werden.
[Bearbeiten] Keramikfilter
Das Funktionsprinzip der Keramikfilter, auch dieelektrische Filter genannt, gleicht dem der Quarzfilter; sie haben allerdings schlechtere technische Eigenschaften, sind aber weitaus kostengünstiger. Sie werden vorwiegend in ZF-Verstärkern eingesetzt.
[Bearbeiten] Atom-Filter
Um Filter bei sehr hohen Frequenzen zu realisieren, können die Eigenschwingungen von Atomen und Molekülen ausgenutzt werden. Dieses wird z. B. bei der Atomuhr verwendet. Diese Filter besitzen extrem hohe Gütefaktoren.
[Bearbeiten] Switched-C-Filter
Mehrere Kondensatoren sind durch elektronische Schalter verbunden und bilden zusammen mit Widerständen ein Schaltnetz. Die Taktfrequenz mit der die Schalter geschaltet werden, hat direkten Einfluss auf den Frequenzgang. Sie muss deutlich höher als die höchste zu filternde Frequenz liegen.
[Bearbeiten] SAW-Filter
SAW-Filter basieren auf dem Piezoeffekt und sind Bandpassfilter mit einer geringen Bandbreite von wenigen MHz und finden deshalb vor allem in der mobilen Datenübertragung Anwendung.
[Bearbeiten] Raised Cosine Filter
Raised Cosine Filter sind realisierbare Impulsformfilter mit flacher Flanke, die die erste Nyquistbedingung erfüllen und keine Intersymbolinterferenz (ISI) erzeugen.