Traditionsrezess

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Der Traditionsrezess bezeichnet die Übergabe (lat. traditio) der Markgraftümer Ober- und Niederlausitz durch den katholischen Habsburger Kaiser Ferdinand II. an den protestantischen Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen, ausgehandelt im Prager Frieden und formal vollzogen am 14./24. April 1636 in Görlitz.[1]

Die beiden Lausitzen waren bis dahin Bestandteile der von den Habsburgern beherrschten Krone Böhmen. Schon 1623 hatte der Kaiser die Lausitzen als Pfand an den Kurfürsten geben müssen, weil er die Kosten für in den Jahren 1619/20 geleisteten militärischen Beistand nicht vertragsgemäß hatte begleichen können. 1635 entledigte sich der Kaiser seiner Schuld, in dem er dem Sachsen die Lausitzen als erbliches Lehen übergab - gegen das Versprechen, dass die Verfassungsordnung der Markgraftümer unverändert fortbestehen solle. Außerdem gab es eine Klausel, dass auch die konfessionellen Verhältnisse auf dem Stand von 1618 bleiben sollten. Das heißt, der protestantische Kurfürst durfte die verbliebenen geistlichen Stifter nicht säkularisieren und auch in den zugehörigen Pfarreien durfte die lutherische Lehre nicht eingeführt werden. Über die Klöster Neuzelle, Marienstern, Marienthal und jenes in Lauban sowie das Domstift in Bautzen behielt sich das Haus Habsburg die Schirmherrschaft vor. Der Landvogt durfte nun vom Kurfürsten allein bestellt werden, der Landvogt musste aber den Ständen versprechen, ihnen ihre alten Rechte zu lassen.

Der Traditionsrezess stärkte einerseits die kaiserliche Position im Reich und orientierte andererseits die sächsischen Kurfürsten stärker in Richtung Osten, was schließlich in der Erlangung der polnischen Krone gipfeln sollte.[2]

Der Traditionsrezess war die Grundlage, dass insbesondere die Oberlausitz ein bikonfessionelles Gebiet blieb, während im eigentlichen Sachsen das Luthertum die einzig zugelassene Konfession war. Zudem verhinderte der Vertrag, dass die Lausitzen in den sächsischen Kurstaat eingegliedert werden konnten. Sie waren mit diesem nur durch Personalunion verbunden.

Der Traditionsrezess behielt Gültigkeit bis zum Friedensvertrag zwischen Preußen und Sachsen vom 18. Mai 1815, mit dem die Niederlausitz und der Norden und Osten der Oberlausitz an Preußen fielen[3] und für die bei Sachsen verbliebene Oberlausitz bis zur sächsischen Verfassung vom 4. September 1831, die die Sonderstellung aufhob, indem sie Sachsen zum unteilbaren Staat des Deutschen Bundes erklärte.[4]

[Bearbeiten] Quellen

  1. Samuel Großer Lausitzische Merkwürdikeiten..., Leipzig-Bautzen 1714, Teil I, 260-263
  2. Joachim Bahlcke Hrsg. Geschichte der Oberlausitz, S.143, Universitätsverlag Leipzig, 2.Auflage, 2004
  3. Karlheinz Blaschke, Bewahrte Einheit - die Oberlausitz in 130 Jahren erzwungener Teilung... in Martin Schmidt, Sammeln - Erforschen - Bewahren... Hoyerswerda Görlitz 1999, S. 273 ff
  4. Heinrich Deumer, Der rechtliche Anspruch Böhmen-Österreichs..., Leipzig 1884, S.21