Johann Martin Schleyer
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Johann Martin Schleyer (* 18. Juli 1831 in Oberlauda; † 16. August 1912 in Konstanz) war ein katholischer Priester, Lyriker und Philanthrop. Er erfand um 1880 die Plansprache Volapük.
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[Bearbeiten] Leben
Johann Martin Schleyer wurde 1831 als Sohn eines Lehrers in Oberlauda geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Tauberbischofsheim studierte er am Lyzeum in Karlsruhe, später Katholische Theologie in Freiburg im Breisgau.
1856 erhielt er die Priesterweihe durch Erzbischof Hermann von Vicari (1773-1863) und wurde Kaplan in Sinzheim (1856), Baden-Baden (1857), Kronau (1858) und Wertheim (1860). Seine erste Pfarrstelle besetzte er 1862 in Meßkirch, ab 1867 in Krumbach (heute Ortsteil der Gemeinde Sauldorf. Während des Kulturkampfes wurde er wegen seiner Predigtäußerung über den Sozialismus 1875 in Festungshaft genommen und für vier Monate nach Rastatt verbracht. Nach seiner Freilassung wurde er 1875 Pfarrer in Litzelstetten bei Konstanz. 1885 wurde er aus gesundheitlichen Gründen pensioniert. 1894 wurde er von Papst Leo XIII. zum päpstlichen Hausprälaten ernannt.
Schleyer führte von 1863 an bis zu seinem Tode Tagebuchaufzeichnungen. Von 1876 bis 1884 war er Herausgeber der "Sionsharfe - Zeitschrift für katholische Poesie". 1879 veröffentlichte er die international einheitliche Plansprache Volapük und gründete 1887 eine Volapük-Akademie zur Überwachung der sprachlichen Entwicklung. Er arbeitete bis zu seinem Tode an Volapük-Wörterbuch, insbesondere an der Neufassung von 1894.
Obwohl er bereits 1888 aus gesundheitlichen Befürchtungen heraus die letzte Ölung erhielt, verstarb er erst 1912 in Konstanz.
Der 1977 von der RAF ermordete Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer war der Urenkel seines Bruders.
[Bearbeiten] Schleyer als Priester
Johann Martin Schleyer blieb während seines ganzen Berufslebens ein einfacher Dorfpfarrer . Erst während seiner Zeit als Pensionär wurde er von Papst Leo XIII. zum Prälaten ernannt.
2001 konstituierte sich ein internationales Komitee für die Seligsprechung. Der Pfarrer von Villingen schlug dem Erzbischof von Freiburg die beiden Freiburger Diözesanpriester Johann Martin Schleyer und Max Josef Metzger zur Seligsprechung vor. Metzger, ein engagierter Esperantist, wurde 1944 hingerichtet, da er Vorschläge für einen Neuanfang nach der deutschen Niederlage machte.
[Bearbeiten] Schleyer als Linguist
Johann Martin Schleyer beschäftiget sich - eigenen Angaben zufolge - intensiv mit 80 Sprachen und Dialekten und wurde vom Freiburger Erzbischof dem Papst als deutscher Mezzofanti vorgestellt. Schleyer sprach nach eigenen Bekunden 50 Fremdsprachen. Sicher ist, dass er Denksprüche in 22 Sprachen verfasste und Grammatiken und Wörterbücher in 25 Sprachen herausgab. Seine Sprachstudien erstreckten sich auf 88 Sprachen und Dialekte.
Seine Plansprache Volapük schuf er nach einer schlaflosen Nacht am 31. März des Jahres 1879, die er - wie folgt - beschreibt:
- "In einer mir selbst rätselhaften, ja geheimnisvollen Weise, in dunkler Nacht, im Pfarrhaus in Litzelstetten, im Eckzimmer des 2. Stockes, das in den Pfarrgarten hinausschaut, als ich über so viele Missstände, Gebrechen und Jämmerlichkeiten unserer Zeit nachdachte, stand plötzlich das Gebäude meiner Weltsprache vor meinem geistigen Auge. Meinem guten Genius verdanke ich das ganze System der Weltsprache Volapük."
Vorausgegangen waren seine Arbeiten an einem Weltalphabet, das für alle Sprachen einheitlich sein sollte. Anlass für dieses Projekt wiederum war die Klage eines Bauern, der ihm erzählte, dass die Briefe an seinen, in die USA ausgewanderten Sohn, nicht ausgeliefert wurden, da niemand seine Schrift lesen konnte. Dies war für ihn besonders schlimm, weil er auf finanzielle Unterstützung durch seinen Sohn angewiesen war. In jener Nacht sprach Gott im Traum zu ihm und schlug ihm vor, er solle doch statt eines Weltalphabets doch gleich eine Welthilfssprache schaffen.
Volapük war die erste Plansprache, die international eine große Anhängerschaft hatte, auch wenn sie nicht leicht zu sprechen war. Sein Haus in der Konstanzer Schottenstraße bezeichntete er als "Weltsprache-Zentralbüro" und von dort aus verschickte er sein "Weltspracheblatt" (bis 1908), Lehr- und Wörterbücher, religiöse Lyrik und gesammelte Lebensweisheiten in alle Welt.
[Bearbeiten] Schleyer als Musiker
Neben seiner Begabung für Fremdsprachen war Schleyer auch noch ein talentierter Musiker. Er spielte 16 verschiedene Musikinstrumente und verdiente sich während seiner Studienzeit etwas Geld durch Organistendienste und Musikunterricht hinzu. Zu seinem 50. Geburtstag erhielt er von Mitarbeitern seiner Zeitschrift Sionsharfe eine goldene Harfe.
[Bearbeiten] Schleyer als Literat
Johann Martin Schleyer trat mit eigenen Dichtungen hervor, die ihm eine gewisse Bekanntheit einbrachten und einen Platz in zeitgenössischen Literaturgeschichten und Anthologien sicherten:
- "Philatetes" (1864),
- "Die Liebe in hundert Gestalten" (1873).
Außerdem veröffentlichte Schleyer biblische Dramen, Psalmen, Epen, Sinngedichte und Gesundheitsratgeber wie zum Beispiel :„Universal-Heilmittel, wodurch Arzt, Apotheker, Zeit und viel Schmerzen erspart werden können“ oder
- „Drei Dutzend Mittel wider den Husten“ und
- „30 Reiseregeln eines Vielgereisten“.
In seiner Litzelstetter Zeit gab er die Monatsschrift "Sionsharfe - Zeitschrift für katholische Poesie" (1876-1884) heraus. Der Großteil des Inhalts stammte von ihm selbst, denn Schleyer betätigte sich auch als Dichter.
[Bearbeiten] Gedenken
Schleyers Grab befindet sich auf dem Konstanzer Hauptfriedhof im Ortsteil Petershausen. Am Pfarrhaus in Litzelstetten erinnert eine Gedenktafel an den Erfinder von Volapük: „Menade bal - püki bal“ – „Eine (eigentlich: einer) Menschheit - eine Sprache“.
Auch an Schleyers ehemaligem Konstanzer Wohnhaus in der Schottenstraße 37, wo von 1889 bis 1912 das „Weltsprache-Zentralbüro“ seinen Sitz hatte, findet sich eine Gedenktafel.
Nach Johann Martin Schleyer wurde in Lauda das Gymnasium benannt (Martin-Schleyer-Gymnasium Lauda).
[Bearbeiten] Literatur
- Aloisia Billinger: Johann Martin Schleyer (1831-1912). Ein Menschenfreund und Akte seiner heroischen Liebe. Mit einem Nachwort von Reinhard Haupenthal. Edition Iltis 2002. 50 S. ISBN 3932807251
- Johann Martin Schleyer: Vereinfachung und Erleichterung der musikalischen Notenschreibung. Ein Vorschlag. (Nachdr. d. Ausg. Konstanz 1902.) Mit einem Nachwort von Nikolaus Breyer. Edition Iltis 2002. 24 S. ISBN 3932807294
- Johann Martin Schleyer: Philaletes. Gedichte. Mit einem Nachwort von Reinhard Haupenthal. Edition Iltis 2002. 334 S. ISBN 3932807308
- Johann Martin Schleyer: Zwei Litzelstetter Gebete. Hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Reinhard Haupenthal. Edition Iltis 2002. 12 S. ISBN 3932807332
- Reinhard Haupenthal: Johann Martin Schleyer (1831-1912), Pfarrer von Litzelstetten (1875-1885). Vortrag gehalten am 29. Juni 2002 anlässlich des Patroziniums der Pfarrei St. Peter und Paul, Konstanz-Litzelstetten. Edition Iltis 2002. 27 S. ISBN 3932807324
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Johann Martin Schleyer – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Literatur von und über Johann Martin Schleyer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- bodanrueckgemeinden.de
Personendaten | |
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NAME | Schleyer, Johann Martin |
KURZBESCHREIBUNG | Katholischer Priester, Lyriker, Erfinder der Kunstsprache Volapük |
GEBURTSDATUM | 18. Juli 1831 |
GEBURTSORT | Oberlauda |
STERBEDATUM | 16. August 1912 |
STERBEORT | Konstanz |