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Augusto Pinochet

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Pinochet 1975 in Argentinien
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Pinochet 1975 in Argentinien

Augusto José Ramón Pinochet Ugarte [pinoˈʧεt] (* 25. November 1915 in Valparaíso) ist ein chilenischer General und Diktator. Vom 11. September 1973 bis zum 11. März 1990 regierte er Chile erst als Vorsitzender einer Militärjunta und später formal als Präsident (ohne jemals gewählt worden zu sein), nachdem er maßgeblich am Putsch gegen den damaligen sozialistischen Präsidenten Salvador Allende beteiligt war. Während Pinochet von der breiten Weltöffentlichkeit und den meisten Historikern und Politikwissenschaftlern wegen der unzähligen Menschenrechtsverletzungen verurteilt wird, verteidigen ihn andere. Dies gilt sowohl für Chile, wo Pinochet immer noch breite Unterstützung in Rechtsparteien wie der UDI, in Unternehmerkreisen und in Mittel- und Oberschicht generell hat. Aber es gilt auch für den Rest der Welt, wo vor allem konservative Ökonomen die neoliberalen Strukturreformen ab 1975 verteidigen. Nach einem Herzinfarkt am Morgen des 3. Dezember 2006 ringt der Ex-Diktator mit dem Tod.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Jugend und Militärkarriere

Pinochet wurde am 25. November 1915 in Valparaíso als Sohn von Augusto Pinochet Vera und Avelina Ugarte Martínez geboren. Anders als viele chilenische Militärs stammt er aus keiner Offiziersfamilie. Er ging in Quillota und Valparaíso zur Schule und besuchte schließlich ab 1933 die Escuela Militar del Libertador Bernardo O'Higgins in der Comuna Las Condes in Santiago de Chile, nachdem er dort zweimal abgelehnt worden war. 1949 verbot die Regierung Videla mit dem Ley Maldita die Kommunistische Partei und eröffnete Konzentrationslager in Pisagua (I. Region). Pinochet wurde Kommandant des Lagers und traf dort schon auf Salvador Allende, der als Vertreter des Kongresses das Lager besuchte. Später lehrte er kurzzeitig selber an der Militärakademie und 1953 erwarb an der Universidad de Chile einen Abschluss im Fach Jura. Ab 1956 diente er als Militärattaché an der chilenischen Botschaft in Washington, D.C.. Ab 1965 besuchte Pinochet mehrfach Schulungen der US Army, vermutlich stammen viele seine engen Verbindungen zu hochrangigen US-Militärs und dem Geheimdienst CIA aus dieser Zeit. 1970 wurde er von Eduardo Frei kurz vor dessen Amtsübergabe an Allende zum Brigadegeneral ernannt. Salvador Allende übertrug ihm im Januar 1971 das Kommando über die Heeresgarnison in Santiago de Chile und beförderte ihn zum Divisionsgeneral.

Pinochet ist seit 1943 mit Lucía Hiriart Rodríguez verheiratet. Das Paar hat fünf Kinder: drei Töchter (Inés Lucía, María Verónica, Jacqueline Marie) und zwei Söhne (Augusto Osvaldo and Marco Antonio).

[Bearbeiten] Putsch von 1973

Hauptartikel: Putsch in Chile

[Bearbeiten] Pinochet wird Oberkommandierender

Seit Ende 1970 wurde Chile von einer sozialistischen Koalitionsregierung der Unidad Popular unter Salvador Allende regiert. Über den Winter 1973 wurden die politischen und wirtschaftlichen Spannungen derart gravierend, dass der Kongress am 22. August dem Präsidenten in einer symbolischen Abstimmung mit großer Mehrheit Verfassungsbruch vorwarf. Drei der vier als „neutrale Vermittler“ gerade einmal zweieinhalb Wochen zuvor zu Ministern ernannten Oberbefehlshaber der vier chilenischen Teilstreitkräfte traten daraufin als Minister und Oberbefehlshaber zurück, unter ihnen auch der Heereschef Carlos Prats. Allende folgte dem Ratschlag des demokratischen und loyalen Prats und ernannt Augusto Pinochet daraufhin zum Oberbefehlshaber des Heeres. Kaum drei Wochen später führte dieser einen Putsch an, bei dem Allende ums Leben kam.

[Bearbeiten] Der Putsch am 11. September

Im Morgengrauen des 11. September 1973 bombardierten Kampfjets den Präsidentenpalast Moneda. Das Militär stürzte die demokratische Regierung Chiles und Allende beging in der Moneda Selbstmord, nachdem er sich stundenlang mit seinen engsten Vertrauten militärisch verteidigt hatte. Eine Militärjunta übernahm die Macht und ernannte Pinochet zu ihrem Vorsitzenden.

[Bearbeiten] Menschenrechtsverletzungen während des Putsches

Ehemaliger Bahnhof - rechts Reste des ehemaligen Konzentrationslagers des Pinochet-Regimes
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Ehemaliger Bahnhof - rechts Reste des ehemaligen Konzentrationslagers des Pinochet-Regimes
Das Estadio Nacional heute
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Das Estadio Nacional heute

Unmittelbar nach dem Putsch gab es die meisten Opfer, sowohl von Folterungen wie von politischen Morden. Allein am 11. September wurden 2.131 Menschen aus politischen Gründen verhaftet, bis Ende des Jahres waren es 13.364. 43 % der Opfer wurden von Carabineros (Polizisten) verhaftet und weitere 30 % von Soldaten des Heeres (der Rest meist von Angehörigen von Luftwaffe und Marine oder Geheimdiensten). Opfer waren vor allem Mitglieder und Sympathisanten von Regierung, Linksparteien und Gewerkschaften. Die Festnahmen erfolgten meist in Fabriken, Universitäten und Gebäuden von Regierung, Linksparteien und Gewerkschaften. Oft wurden fast alle Anwesenden massenweise verhaftet. Öffentliche Gebäude wie Stadien, Konferenzhallen und Schulen wurden zu Konzentrationslagern umgerüstet. Der berüchtigste Fall ist das Estadio Nacional, in dem alleine mehr als 40.000 Gefangene zusammengetrieben worden sein sollen. [1] Darüber hinaus gab es in Pisagua ein KZ und die berüchtigte Colonia Dignidad wurde ebenfalls zu Folterungen benutzt.[2] Angesichts des Ausmaßes der Folterungen ist es kaum erwähnenswert, dass den Gefangenen Kontakt mit einem Anwalt oder ihrer Familie genauso verweigert wurde wie ein Prozess und die Familien über den Verbleib der Verschwundenen im Dunkeln gelassen wurden. Das Ende dieser ersten Phase wurde durch die Schließung des KZ im Estadio Nacional im November eingeleitet. Parallel wurde das größte Geheimgefängnis Londres 38 eröffnet und informell die Dirección de Inteligencia Nacional gegründet, der wichtigste Geheimdienst im Zeitraum von 1974 bis 1977.

[Bearbeiten] Internationale Reaktion

Gegen diese Menschenrechtsverletzungen erhoben sich auf der einen Seite Proteste von vielen Menschen in den Industrieländern, auf der anderen Seite kommentierte der ehemalige CDU-Generalsekretär Bruno Heck die Situation in dem Gefangenlagern mit den Worten: „Bei sonnigem Wetter ist das Leben im Stadion recht angenehm.“ [3]

[Bearbeiten] 17 Jahre Menschenrechtsverletzungen

[Bearbeiten] Zweck

Wie in den meisten autoritären Diktaturen hatte Folter in Chile zwei fundamentale Ziele. Zum einen sollte der Betroffene selbst zum Reden gebracht und von weiterer oppositioneller Arbeit abgehalten werden (soweit er dies vorher überhaupt getan hatte). Wichtiger aber war den Militärs die allgemeine Verbreitung von Schrecken. Zusammen mit politischen Morden und dem Verschwindenlassen von Personen sollten alle Gegner des Regimes systematisch eingeschüchtert und die Zivilgesellschaft und demokratische Basisorganisationen ausgelöscht werden. Die gestürzten Regierungsmitglieder wurden wie Staatsfeinde verfolgt. Pinochet setzte Festnahme, Folterung, Mord oder Verbannung politischer Gegner als Mittel seiner Politik ein. So bildete sich ein vom Terrorismus geprägtes Staatskonzept.

[Bearbeiten] Politische Morde

Hauptartikel: Politische Morde in Chile

Die „Kommission für Wahrheit und Versöhnung“ (auch unter dem Namen „Kommission Rettig“ bekannt) erwähnte in ihren Aufzeichnungen 2.095 Tote und 1.102 verschwundene Häftlinge, andere Berichte zählten Hunderte mehr.

[Bearbeiten] Folter

Hauptartikel: Folter in Chile
In Chile wurde mindestens vom Morgen des 11. Septembers 1973 bis zum 10. März 1990 gefoltert, zehn Tage vor dem Abtritt Pinochets, fast 17 Jahre lang. Die Valech-Kommission hat 27.255 politische Gefangenen anerkannt, darunter 13 % Frauen, wobei die tatsächliche Zahl einige 10.000 Opfer mehr betragen könnte. Davon wurden 94 % gefoltert. Folter fand in allen Regionen Chiles und in allen größeren Städten statt. Sie wurde vor allem in Konzentrationslagern, Gefängnissen, Kasernen und auf Schiffen durchgeführt.

Ein Mann, gefangen genommen im Mai 1988, berichtete vor der Valech-Kommission der Regierung über die Folter im Cuartel General de Investigaciones (General Mackenna), Región Metropolitana:

… sie kamen in unser Haus, schlugen meine Familie, zerstörten das Haus auf der Suche nach Waffen, sie schlugen mich vor meiner Familie, sie setzten mir eine Kapuze auf und schoben mich in ein Auto. Wir kamen in der Kaserne an, wo sie mich in einen engen Raum steckten, wo sie mir Hände und Füße fesselten, dann begann die Folter mit Schlägen auf die Schläfe, Strom im Mund und an den Ohren, Schlägen auf die Beine, später, weil sie nichts erreichten, schlugen sie mich mit Fäusten, danach brachten sie einen compañero herein und folterten ihn vor meinen Augen, um mich zum reden zu bringen. Das war der erste Tag …[4]

[Bearbeiten] Exil

Hunderttausende Chilenen verließen das Land, um dem Regime zu entkommen. Ein großer Teil von ihnen erhielt politisches Asyl im damals von Olof Palme regierten Schweden. Nach Informationen des „Nationalen Büros der Rückkehrer“ aus dem Jahre 1994 sind davon über 700.000 Personen nicht nach Chile zurückgekehrt.[5]

[Bearbeiten] Verbrechen außerhalb Chiles

Bei der Verfolgung von chilenischen Oppositionellen kam es auch zu Übergriffen des chilenischen Militärs im Ausland. So wurde im September 1976 der ehemalige chilenische Botschafter in den USA, Orlando Letelier, durch eine Autobombe getötet. Bereits zwei Jahre zuvor starb General Carlos Prats, Pinochets Vorgänger als Armeebefehlshaber, auf dieselbe Weise in Buenos Aires. Für beide Anschläge war der chilenische Geheimdienst DINA verantwortlich.

[Bearbeiten] Politik

[Bearbeiten] Zerstörung der Demokratie

Pinochet, als Präsident der von ihm selbst gegründeten Militärjunta, übernahm nach dem gelungenen Putsch die Macht. Über das nationale Radio- und Fernsehnetzwerk ächtete er die politischen Parteien, löste den Kongress auf, schränkte die Bürger-, Menschen- und politischen Rechte ein, und veranlasste die Verhaftung politischer Führungskräfte der Unidad Popular.

[Bearbeiten] Personalisierung der Junta

Pinochet wurde am 17. Dezember 1974 von den übrigen Mitgliedern der Junta zum Präsidenten ernannt. Gustavo Leigh, Oberkommandierender der Luftwaffe und wichtigster Rivale Pinochets verließ 1978 die Junta.

[Bearbeiten] Die Verfassung von 1980

Hauptartikel: Politisches System Chiles
Nach der Ermordung Leteliers in Washington begann der neue US-Präsident Jimmy Carter, Druck auf Chile auszuüben. Als das Regime von der UN wegen der Menschenrechtsverletzungen verurteilt wurde, veranstalte Pinochet 1978 eine Volksabstimmung (consulta nacional), um die Verurteilung zurückzuweisen. Unter den undemokratischen Bedingungen der Militärdiktatur kamen die Gegner Pinochets nicht zu Wort, und die Wahlzettel sollen so dünn gewesen sein, dass eine geheime Wahl unmöglich war. 75 Prozent der abgegebenen Stimmen unterstützten die Regierung.

Schon im Oktober 1978 wurde von einer Kommission (Comisión de Estudios de la Nueva Constitución) ein Verfassungsentwurf vorgelegt. Federführend war dabei der konservative Ex-Präsident Jorge Alessandri. Dieser Entwurf wurde von der Junta aber nochmals stark abgeändert. 1980 stellte die Regierung Pinochet eine neue Verfassung (Carta fundamental) zur Abstimmung, die mit Zwei-Drittel-Mehrheit unter ähnlichen Bedingungen vom Volk verabschiedet wurde. Pinochet konnte nun mit Rückendeckung der Verfassung bis 1989 im Amt bleiben und hatte zugleich erhebliche Kompetenzen zugesprochen bekommen.

Das diktatorische Regime wollte seine Herrschaft nach innen und außen legitimieren. Außerdem sollte eine institutionalisierte Machtverteilung zwischen den anderen Generälen und Pinochet gefunden werden. Weiter sollte der Übergang zu einer Demokratie festgelegt werden, diese Transition weit in die Zukunft geschoben werden und auch nach einem Übergang die Vormachtstellung der Militärs und die Etablierung einer radikal marktorientieren Wirtschaftsform sichergestellt werden. Andererseits sollte ein machtvoller und unabhängig agierender Präsident wie Allende (unter Freis Verfassung von 1970) verhindert werden.

Die Verfassung sieht eine extrem starke Stellung des Präsidenten vor. Besonders die „reaktiven“, also den status quo verteidigenden Rechte sind umfassend, während „proaktive“, also ändernde Rechte schwächer ausgeprägt sind. Der nationale Sicherheitsrat von Chile (Consejo de Seguridad Nacional de Chile, COSENA) ist ein Instrument, mit dem die Militärsführung aktiv in die Politik eingreifen kann. Er entscheidet über wichtige Fragen, etwa die Entlassung von Generälen oder die Ausrufung des Ausnahmezustandes und war ein zentrales Organ Chiles. Die Carabineros (Polizei) wurden als vierte Gattung der Streitkräfte (neben Armee, Luftwaffe und Marine) im Verteidigungsministerium angesiedelt. Chile verfügt seit 1980 über ein Zwei-Kammer Parlament mit Abgeordnetenhaus und Senat. Die Abgeordneten werden alle vier Jahre in 60 Wahlkreisen nach dem binominalen Wahlsystem gewählt, was die oppositionelle Rechte begünstigt. Der Senat setzt sich aus 26 gewählten (2 aus jeder Region, die alle vier Jahre zur Hälfte gewählt werden) und neun ernannten Senatoren zusammen. Die Leyes Orgánicas Constitucionales (LOC), auf Deutsch etwa Verfasssungsorgangesetze, sind sozusagen eine „Verfassung zweiter Klasse“. Sie sind nicht Bestandteil der Verfassung, regeln aber zentrale Politikbereiche, etwa Zentralbank, Verfassungsgericht, Wahlrecht, Polizei und Militär. Außerdem gelten für sie erhöhte Hürden für die Änderung (4/7 der Mitglieder beider Parlamentskammern).

[Bearbeiten] Rückkehr zur Demokratie

Entsprechend der Verfassung von 1980 wurde im Oktober 1988 eine Volksabstimmung darüber durchgeführt, ob Pinochet der einzige Kandidat bei den Präsidentenwahlen von 1989 sein dürfte. Dabei überwogen jedoch die „Nein“-Stimmen, worauf es ein Jahr später zu freien Wahlen kam. Pinochet wurde am 11. März 1990 von Patricio Aylwin als Präsident abgelöst. Doch gemäß der von ihm maßgeschneiderten Verfassung blieb er Senator auf Lebenszeit und außerdem Chef der Streitkräfte.

[Bearbeiten] Wirtschaft und Wirtschaftspolitik

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siehe auch: Wirtschaft Chiles
Parallel zu seinen repressiven politischen Maßnahmen leitete Pinochet eine Reihe Wirtschaftsreformen ein. Er begrenzte die öffentlichen Ausgaben und forcierte die Reprivatisierung der Industrie. Er holte die so genannten Chicago Boys – Wirtschaftswissenschaftler, die an der Universität von Chicago (bekannt durch Milton Friedman) studiert hatten – als Berater ins Land. Die Wiedererstarkung der chilenischen Wirtschaft wurde auch mit dem umstrittenen Begriff „Wunder von Chile“ bezeichnet.

So beendete Pinochet die zentralistische und nationalistische Wirtschaftspolitik seines Vorgängers Allende und sorgte dafür, dass Chile am globalen Handel teilnehmen kann. Nahezu alle Staatsunternehmen wurden über Auktionen privatisiert, Sozialausgaben wurden extrem verringert und eine neue Inflationspolitik ermöglichte eine Regeneration der Wirtschaft. Man kann diesen Prozess in 2 Perioden einteilen: Von 1973-82 wurden die meisten Reformen eingeleitet. Alle staatlichen Unternehmen außer den Kupferminen wurden privatisiert. Neuerschlossene Minen konnten von privaten Investoren gekauft werden. Das Renten- und Gesundheitssystem wurde in die Hände privater Investmentfonds gelegt, genau wie höher bildende Schulen, Eliteschulen und Universitäten. Die Öffnung der Märkte durch das Abschaffen von Handelsbarrieren und extreme Sekung von Schutzzöllen sorgte dafür, dass die einheimische Wirtschaft mit qualitativ höherwertigen Produkten aus dem Ausland überflutet wurde. Dadurch war die chilenische Wirtschaft zwar einerseits gezwungen, sich aus Branchen zurückzuziehen, in denen sie mit dem internationalen Wettbewerb nicht mithalten konnte, andererseits konnte sie aber erstmals im Welthandel partizipieren. Dieser wirtschaftliche Umschwung hatte zur Folge, dass Firmen in manchen Branchen massenweise Mitarbeiter entlassen oder Konkurs anmelden mussten, andere Branchen jedoch erlebten einen nie dagewesenen Wirtschaftsboom. In dieser Zeit stieg die Arbeitslosigkeit kurzfristig auf über 20 Prozent und viele chilenischen Banken gingen bankrott, weil ihre Schuldner zahlungsunfähig wurden. Die zweite Phase, von 1982-90 ist von extremen wirtschaftlichen Aufschwung, der das "Wunder von Chile" nach sich zog, gekennzeichnet. So lag das jährliche Wirtschaftswachstum in den 80ern bei durchschnittlich 5 %. Zu dieser Zeit war Hernan Buchi Wirtschaftsminister. Er verordnete freie Wechselkurse für den Peso, vereinfachte und senkte die Unternehmenssteuer, schuf Bankengesetze, die allen Marktteilnehmern mehr Sicherheit garantierten und privatisierte öffentliche Transport- und Versorgungsunternehmen.

Ein wichtiger Punkt von Pinochets Wirtschaftspolitik war die Bekämpfung der Inflation, die der Wirtschaft viel Kraft nahm. Unter Allende stieg der Verbraucherpreisindex von 1973-75 um über 3000 %. Pinochet schaffte es, die Inflation schnell in den niedrigen ein- bis zweistelligen Bereich zu bringen.

Viele Politiker der wirtschaftlichen Rechten lobten Pinochet für seine Leistungen in der Wirtschaftspolitik, allen voran die britische Premierministerin Margaret Thatcher, die auch nach Pinochets Sturz eine freundschaftliche Beziehung zu ihm pflegte.

Mit der ökonomischen Liberalisierung erlangte Chile bemerkenswerte Wachstumszahlen, welche auch für wachsenden Wohlstand im Land verantwortlich waren. Im Mai 1983 organisierte die linke Opposition aufgrund von Reformen entgegen ihrer Vorstellung Demonstrationen und Streiks, was wiederum zu erheblichen Auseinandersetzungen mit den Sicherheitstruppen führte. Im September 1986 wurde durch die Frente Patriótico Manuel Rodríguez (FPMR) mit einer Panzerrakete ein Attentat auf Pinochet unternommen, bei dem dieser jedoch nur leichte Verletzungen davontrug, mehrere Leibwächter aber getötet wurden.

Noch heute sind die Auswirkungen von Pinochets wirtschaftspolitik deutlich zu spüren: Chile ist gemessen am BIP pro kopf das reichste Land Südamerikas und gilt als eines der wirtschaftsliberalsten Länder der Welt. Pinochets Nachfolger Patricio Alwyn vertiefte die Freihandelsbeziehungen zu den USA, Europa und China.

[Bearbeiten] Aufarbeitung der Verbrechen

Bis heute ist Pinochet für keinen einzigen Mord und keine einzige Folterung während seiner Diktatur verurteilt worden.

[Bearbeiten] Haft in Großbritannien 1998 bis 2000

Ende September 1998 reiste Pinochet als Senator und Mitglied des Verteidigungsausschusses nach Großbritannien. Eine Woche zuvor war das britische Außenministerium davon informiert worden. Pinochet ließ sich in Großbritannien seinen kranken Rücken behandeln und traf sich mit der britischen Ex-Premierministerin Margaret Thatcher, die ihm u.a. wegen seiner Unterstützung im Falkland-Krieg freundschaftlich verbunden war.

Der spanische Untersuchungsrichter Báltasar Garzón hatte schon seit längerem gegen Pinochet wegen Völkermord, Staatsterrorismus und Folter ermittelt, da auch spanische Staatsbürger unter den Opfern der Militärdiktatur waren. Während Pinochets Aufenthalt in London stellte Spanien daher ein Auslieferungsbegehren, aufgrund dessen Pinochet am 16. Oktober von der britischen Polizei in London verhaftet wurde.

Die Verhaftung löste in Chile Unruhen aus. Das Land war tief gespalten in Pinochet-Gegner und -Anhänger. Präsident Eduardo Frei Ruiz-Tagle forderte die Freilassung Pinochets, um ihn vor ein chilenisches Gericht zu bringen.

Auch die Schweiz hatte ein Auslieferungsgesuch gestellt. Das spanische Gesuch hatte Priorität, doch wenn Spanien es zurückgezogen hätte, wäre Pinochet wegen des Verschwindens des Schweizers Alexi Jaccard eventuell an die Schweiz ausgeliefert worden. Alexi Jaccard wurde – mutmaßlich im Auftrag Pinochets – in Argentinien verhaftet und ist dort „verschwunden“.

Seine Haft in England verbrachte Pinochet unter Hausarrest. Er durfte unbegrenzt Besuch empfangen; unter anderem ließ er zu Weihnachten einen Priester aus Chile einfliegen.

Die Urteilsfindung wurde durch ein langes politisches Tauziehen zwischen England, Spanien, Chile und weiteren Ländern verzögert. Neben der Schweiz hatten auch Frankreich und Belgien Auslieferungsanträge gestellt.

Im November 1998 kam es zu einem ersten Urteil, wonach Pinochet die Immunität verloren hätte. Dieses Urteil wurde wegen möglicher Befangenheit eines Richters aufgehoben. Dieser hatte Verbindungen zu der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, die als Nebenklägerin gegen Pinochet auftrat. In einer zweiten Verhandlung im März 1999 entschied das Gericht, dass Pinochet keine diplomatische Immunität besitze. Jedoch dürfte er nicht für Taten vor 1988 belangt werden, da Großbritannien erst 1988 der Anti-Folterkonvention beigetreten war. Außerdem wurden viele Anklagepunkte der spanischen Justiz verworfen.

Im April 1999 entschied der britische Innenminister Jack Straw, dass Pinochet an Spanien ausgeliefert werden dürfe. Die chilenische Regierung bat London daraufhin, Pinochet aus humanitären Gründen freizulassen. Die Regierung in Santiago führte das hohe Alter und den schlechten Gesundheitszustand Pinochets als Argumente an. Auch die Regierung der USA forderte die Freilassung Pinochets, angeblich aus Angst vor weiteren Enthüllungen über die Verwicklung der Vereinigten Staaten in die Menschenrechtsverletzungen unter Pinochets Herrschaft. Ebenso setzte sich der Vatikan für eine Freilassung des Katholiken Pinochet ein.

Nach Prüfung seines Gesundheitszustands wurde Pinochet eine schwere Erkrankung attestiert. Er wurde auf Weisung von Jack Straw am 2. März 2000 freigelassen und kehrte sofort nach Chile zurück. Dort wurde er von begeisterten Anhängern empfangen. Zur Zeit steht er in Chiles Hauptstadt Santiago wieder unter Hausarrest.

[Bearbeiten] Die Causa Pinochet

Menschenrechtsgruppen und die Angehörigen der Opfer des Regimes veranstalteten nach der Rückkehr Pinochets aus London Proteste und Mahnwachen, allerdings gab es auch Solidaritätskundgebungen mit mehreren Hundert Teilnehmern. Zwei Tage später entzog das Berufungsgericht in Santiago, auf Antrag des Ermittlungsrichters Juan Guzmán Tapia mit 13:9 Stimmen, Pinochet seine Immunität. Die Untersuchung betraf die so genannte „Todeskarawane“, den Mord an 75 Regimegegnern im Oktober 1973. Eine Spezialeinheit der Armee unter dem Kommando des Generals Arellano Stark, dem Delegierten Pinochets, hatte die Menschen ermordet. Da in diesem Fall 18 Leichname noch nicht gefunden wurden fällt er nicht unter das Amnestiegesetz von 1978.

Am 1. Dezember 2000 leitete Guzmán das Verfahren ein. Am 5. Januar 2001 veröffentlichte das Militär einen Bericht, in dem das Schicksal der „Verschwundenen“ (allerdings nur von 200 von mehr als 1100) untersucht wird: Angeblich wurden von den 18 Leichnamen 17 über dem Meer abgeworfen, was sich allerdings nicht belegen lässt. Die Militärs verlangen trotzdem die Einstellung nach dem Amnestiegesetz.

Die Anwälte erklärten, Pinochet sei prozessunfähig. Am 18. Januar attestierte ein Ärzteteam „subkortikale, gefäßbedingte Demenz“ – in Chile (anders als in Großbritannien) zu wenig für eine Verfahrensunfähigkeit. Am 29. Januar erhob Guzmán Anklage. Dies löste eine Solidaritätswelle unter Generälen und RN- und UDI-Politikern aus. Am 12. März kam Pinochet gegen eine Kaution von 2.000.000 Pesos (etwa 3.500 Euro) frei. Im Juli 2001 erklärte ein Gericht Pinochet für nicht verhandlungsfähig. Dies bedeutete das endgültige Ende der juristischen Verfolgung Pinochets, sowie das Ende der politischen Karriere als Senator auf Lebenszeit. Am 15. September 2005 wurde die Aufhebung der Immunität von Pinochet durch das Oberste Gericht bestätigt.

[Bearbeiten] Wahrheitskommissionen

1991 rief Präsident Aylwin die Comisión Nacional de Verdad y Reconciliación unter Raul Rettig ein. Sie untersuchte nur Politische Morde und sogenannte Gefangenen-Verschwundene (Detenidos-Desaparecidos), aber keine Exilierungen, keine Folterungen und keine anderen Menschenrechtsverletzungen.

Am 30. November 2004 veröffentlichte die staatliche chilenische Comisión Nacional sobre Prisión Política y Tortura (etwa: Nationale Kommission für politische Gefangenschaft und Folter) ihren Bericht über die Greueltaten des Pinochet-Regimes. In dem Bericht wird belegt, dass Menschen einfach aufgrund des Verdachts „links“ zu sein, von der Geheimpolizei verschleppt, gefoltert und getötet wurden. Es wird ebenfalls belegt, dass die Folterungen systematisch eingesetzt wurden und keinesfalls Ausnahmen waren: sämtliche Teilstreitkräfte der Armee und alle Sicherheitsorgane – Polizei und Geheimdienste – waren beteiligt. Ebenso legt der Report dar, dass die Foltermethoden im Laufe der Zeit ständig weiterentwickelt wurden.

[Bearbeiten] Operation Condor

Am 14. Dezember 2004 erhob der zuständige Untersuchungsrichter in Santiago de Chile, Juan Guzmán, Anklage wegen Entführung von neun Personen (im Rahmen der Operation Condor) und Mord bei einem der Entführungsopfer und wegen der Ermordung von 119 Regimegegnern im Jahr 1975.

[Bearbeiten] Pinochets Sichtweise

Die Pinochet-Stiftung verbreitete Ende 1998 eine Erklärung General Pinochets, er habe niemals jemandem den Tod gewünscht, und er empfinde Schmerz für jeden Chilenen, der in diesen Jahren sein Leben verloren habe. Er rechtfertigt seinen Militärputsch gegen Salvador Allende damit, dass die Bevölkerung an die Kasernentore klopfte. Es sei keineswegs eine Musterdemokratie zerstört worden. Vielmehr sei Chile davor bewahrt worden, in die Abhängigkeit der Sowjetunion zu geraten. Er habe das Land vor einem Bürgerkrieg gerettet. Diejenigen, die damals für alle Übel verantwortlich gewesen seien und den Marxismus gepredigt hätten, würden sich heute zu seinen Richtern aufschwingen.

[Bearbeiten] Korruption und Steuerhinterziehung

2005 wurde bekannt, dass der britische Luftfahrt- und Rüstungskonzern British Aerospace (BAe) insgesamt 1,1 Millionen Pfund (rund 1,5 Millionen Euro) im Zeitraum zwischen Dezember 2004 und Oktober 2005 an Pinochet gezahlt haben soll. Im Gegenzug habe Pinochet Waffengeschäfte vermittelt. Das Geld wurde mit vierzehn Überweisungen an Pinochet zugeordnete Firmen - Takser Investment, Cornwall Overseas Corporation und Eastview Finance - gezahlt. Nachdem bekannt wurde, dass Pinochet Millionen US-Dollar verdeckt im Ausland angelegt hatte, sank sein Ansehen auch in konservativen Kreisen. Momentan laufen Prozesse wegen Steuerhinterziehung und Untersuchungen zum Korruptionsverdacht.

[Bearbeiten] Gesundheitszustand

Pinochet erlitt am 3. Dezember 2006 gegen 2 Uhr morgens einen schweren Herzinfarkt. Ihm wurde die Letzte Ölung verabreicht. Der Gesundheitszustand wurde auch nach einer Bypass-Operation als extrem kritisch eingestuft. Zusätzlich machen dem Ex-Diktator seine Zuckerkrankheit und seine schwache Lunge zu schaffen.

[Bearbeiten] Siehe auch

Commons: Augusto Pinochet – Bilder, Videos und/oder Audiodateien

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Quellen

  1. Angaben nach der Englischen Wikipedia [1] Diese Zahl - selbst wenn sie sehr hoch gegriffen scheint - unterstreicht, dass der Kommissionsbericht eine äußerst konservative Zählung darstellt.
  2. Abschlussbericht der Valech-Kommission zur Folter in Chile (spanisch), besonders S. 351 [2] (PDF, 1.2 MB).
  3. Michael Kraus: Der andere 11. September - Der faschistische Putsch gegen die Regierung Allende am 11.09.1973. ATTAC, abgerufen am 25.Oktober 2006
  4. Abschlussbericht der „Comisión Nacional de Prisón Política y Tortura“, 2005, S. 228 [3]
  5. QUELLEN FEHLEN


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